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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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Ihr macht überhaupt auf mich den Eindruck anständiger Menschen, die Gott liebt. Wenn ihr gesündigt habt, so büßt ihr eure Strafe ab, und ich sehe, daß ihr gern und willfährig erduldet, was Gott über euch verhängt hat.
    Aus welchem Grunde«, wandte er sich an Schwejk, »sind Sie bestraft worden?«
    »Gott hat durch den Regimentsrapport eine Strafe über mich verhängt, Herr Oberfeldkurat«, erwiderte Schwejk fromm, »wegen unverschuldetem Zuspätkommen zum Regiment.«
    »Gott ist im höchsten Maße barmherzig«, sagte der Oberfeldkurat |365| feierlich, »er weiß, wen er strafen soll, denn dadurch zeigt er nur seine Voraussicht und Allmacht. Und warum sitzen Sie, Einjährigfreiwilliger?«
    »Ich sitze«, antwortete der Einjährigfreiwillige, »weil der barmherzige Gott geruht hat, Rheumatismus über mich zu verhängen, und ich übermütig geworden bin. Nach Verbüßung der Strafe werde ich in die Küche geschickt werden.«
    »Was Gott tut, ist wohlgetan«, bemerkte der Pater begeistert, als er von der Küche hörte, »auch dort kann ein anständiger Mensch Karriere machen. Gerade zur Küche sollte man intelligente Menschen geben, wegen der Kombinationen, denn es kommt nicht drauf an, wie man kocht, sondern mit welcher Liebe man die Speisen zusammensetzt, auf die Zubereitung und andere Dinge. Nehmen Sie die Soßen. Wenn ein intelligenter Mensch Zwiebelsoße macht, so nimmt er alle Arten Gemüse und dünstet sie auf Butter, dann gibt er Gewürze, Pfeffer, Neugewürz, etwas Muskat, Ingwer dazu; aber ein gewöhnlicher, ordinärer Koch läßt die Zwiebeln kochen und wirft schwarze Einbrenn aus Rindsfett hinein. Sie möcht ich wirklich am liebsten irgendwo in der Offiziersmenage sehn. Ohne Intelligenz kann der Mensch in einem gewöhnlichen Beruf und im Leben durchkommen, aber bei der Küche merkt mans. Gestern abend in Budweis im Offizierskasino hat man uns unter anderem Nieren à la Madeira serviert. Wer das gemacht hat, dem soll Gott alle Sünden verzeihn, das war wirklich ein Gebildeter, und in der dortigen Küche der Offiziersmenage ist auch wirklich ein Lehrer aus Skutsch. Und dieselben Nieren à la Madeira hab ich in der Offiziersmenage vom 64. Landwehrregiment gegessen. Dort hat man Kümmel hineingetan, so wie mans in einem gewöhnlichen Wirtshaus auf Pfeffer macht. Und wer hat sie gemacht, was war der Koch in Zivil? Viehknecht in einem Bauerngut.«
    Der Oberfeldkurat verstummte, leitete dann das Gespräch auf das Küchenproblem im Alten und Neuen Testament über und erklärte, daß man die Zubereitung schmackhafter Speisen nach Gottesdiensten und anderen Kirchenfeiern sehr berücksichtige. Dann forderte er alle auf, etwas zu singen, worauf |366| Schwejk, unglücklich wie immer, loslegte: »Geht das Jungfräulein in die Stadt hinein, der Pfarrer hinterdrein mit einem Fäßchen Wein.«
    Aber der Oberfeldkurat wurde nicht böse.
    »Wenns wenigstens bißchen Rum gäbe, es müßt nicht mal ein Fäßchen Wein sein«, sagte er lächelnd in durchaus freundschaftlicher Stimmung, »und das Jungfräulein möchten wir uns auch verzeihn, das verführt ohnehin nur zum Sündigen.«
    Der Korporal griff behutsam in den Mantel und zog eine flache Flasche mit Rum heraus.
    »Melde gehorsamst, Herr Oberfeldkurat«, meldete er leise, und man konnte merken, welches Opfer er sich selbst brachte, »wenn es Sie vielleicht nicht beleidigt.«
    »Mich beleidigt nichts, Junge«, antwortete mit heiter gewordener Stimme freudig der Pater, »ich werde auf eine glückliche Reise trinken.«
    »Jesusmaria«, seufzte der Korporal für sich, als er sah, daß durch den gründlichen Schluck die Flasche halb leer geworden war.
    »Ach, Sie Einer, Sie«, sagte der Oberfeldkurat lächelnd und blinzelte dem Einjährigfreiwilligen bedeutungsvoll zu, »fan gen Sie noch an zu fluchen. Dann muß der liebe Gott Sie strafen.«
    Der Pater führte abermals die flache Flasche zum Mund, reichte sie Schwejk und befahl gebieterisch: »Trinks aus.«
    »Krieg is Krieg«, sagte Schwejk gutherzig zum Korporal, während er ihm die leere Flasche reichte. Die Antwort des Korporals bestand in einem sonderbaren Aufblitzen der Augen, wie man es nur bei geisteskranken Menschen zu sehen pflegt.
    »Jetzt werde ich bis Wien noch ein bißchen schnarchen«, sagte der Oberfeldkurat, »und wünsche, daß ihr mich sofort weckt, wie wir in Wien ankommen.
    Und Sie«, wandte er sich an Schwejk, »Sie gehn in die Küche der Offiziersmenage, nehmen ein Besteck und bringen mir das

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