Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
Vom Netzwerk:
geschrieben hat. Aber wie soll man ihn nicht mißhandeln, wenn so ein gebildeter Mensch nicht den Gewehrverschluß auseinandernehmen kann, nicht mal, wenn ichs ihm schon zum zehntenmal zeig, und wenn man sagt: ›Links schaut‹, so dreht er seinen Schädel wie absichtlich nach rechts und schaut dabei drein wie ein Rabe, und bei den Gewehrgriffen weiß er nicht, was er erst packen soll, ob den Riemen oder die Patronentasche, und glotzt Sie an wie ein Kalb ein neues Tor, wenn Sie ihm zeigen, wie die Hand am Riemen herunterfahren soll. Er hat nicht mal gewußt, auf welcher Schulter man das Gewehr trägt, und hat salutiert wie ein Aff, und diese Wendungen, Gott steh mir bei, wenn man marschiert is und er gehn gelernt hat. Wenn er sich hat umdrehn solln, wars ihm wurscht, mit welcher Haxen ers gemacht hat, zap, zap, zap, meinetwegen sechs Schritt is er noch nach vorn gegangen, und dann hat er sich erst umgedreht wie ein Bierhahn, und beim Marsch hat er Schritt gehalten wie ein Podagrist, oder er hat getanzt wie eine alte Hure auf der Kirchweih.«
    Der Korporal spuckte aus. »Er hat absichtlich ein recht rostiges Gewehr ausgefaßt, damit er putzen lernt, er hats gerieben wie ein Hund eine Hündin, aber wenn er sich auch zwei Kilo Werg gekauft hätt, hätt er sowieso nichts ausgeputzt, je |361| mehr er hats geputzt, desto ärger und rostiger wars, und beim Rapport is das Gewehr von Hand zu Hand gegangen, und jeder hat sich gewundert, wies möglich is, daß es lauter Rost is. Unser Hauptmann, der hat ihm immer gesagt, daß aus ihm kein Soldat wern wird, er soll sich lieber aufhängen, daß er das Kommißbrot nicht wert is, und er hat unter seinen Brillengläsern nur so geblinzelt. Das war für ihn ein großer Feiertag, wo er nicht Verschärften oder Kasernarrest gehabt hat. An dem Tag hat er gewöhnlich seine Artikelchen in die Zeitung über Soldatenmißhandlungen geschrieben, bis man ihm mal eine Koffervisitation gemacht hat. Der hat dort Bücher gehabt, Leutl! Lauter Bücher über Abrüstung, über Frieden zwischen den Völkern. Dafür is er in den Garnisonsarrest marschiert, und seit der Zeit hamr von ihm Ruh gehabt, bis er uns auf einmal wieder in der Kanzlei aufgetaucht is und die Fassungen herausgeschrieben hat, damit die Mannschaft nicht mit ihm verkehrt. Das war ein trauriges Ende von einem Intelligenzler. Er hätt ein andrer Herr sein können, wenn er nicht wegen seiner Blödheit das Einjährigfreiwilligenrecht verloren hätt. Er hätt Lajtnant sein können.«
    Der Korporal seufzte: »Nicht mal die Falten am Mantel hat er in Ordnung gehabt. Bis aus Prag hat er sich Tinkturen und verschiedene Salben zum Knöpfeputzen bestellt, und doch hat so ein Knopf von ihm rostig ausgesehn wie Esau. Aber quatschen hat er können, und wie er in der Kanzlei war, so hat er nichts anderes gemacht, als fortwährend philosophiert. Er hat schon früher dran Gefallen gefunden. Er war fort, wie ich schon gesagt hab, lauter ›Mensch‹. Einmal, wie er so über eine Pfütze nachgedacht hat, in die er beim ›Nieder‹ plumpsen mußt, hab ich ihm gesagt: ›Wenn Sie so fort vom Mensch und vom Kot reden, so erinner ich mich dran, daß der Mensch aus Kot erschaffen worn is, und es hat ihm auch recht sein müssen.‹«
    Jetzt, nachdem er sich ausgesprochen hatte, war der Korporal mit sich selbst zufrieden und wartete, was der Einjährigfreiwillige dazu sagen würde. Allein Schwejk ergriff das Wort: »Wegen diesen selben Sachen, wegen solchen Sekkaturen hat |362| vor Jahren beim fünfunddreißigsten Regiment ein gewisser Konitschek sich und den Korporal erstochen. Es is im ›Kurier‹ gestanden. Der Korporal hat vielleicht dreißig Stichwunden im Leib gehabt, von denen über ein Dutzend tödlich waren. Der Soldat hat sich dann noch auf den toten Korporal gesetzt und hat sich auf ihm im Sitzen erstochen. Ein andrer Fall ist vor Jahren in Dalmatien vorgekommen, dort hat man einem Korporal den Hals durchgeschnitten, und noch heut weiß man nicht, wers gemacht hat. Es is in ein Rätsel gehüllt geblieben, man weiß nur so viel, daß der Korporal mit dem durchgeschnittenen Hals Fiala geheißen hat und aus Drabowa bei Turnau war. Dann weiß ich noch von einem Korporal von den Fünfundsiebzigern, einem gewissen Reimann …«
    Die erquickliche Erzählung wurde in diesem Augenblick von einem lauten Stöhnen auf der Bank unterbrochen, wo Oberfeldkurat Lacina schlief.
    Der Pater erwachte in seiner ganzen Schönheit und Würde. Sein Erwachen war von

Weitere Kostenlose Bücher