Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk
sagen Sie, in Ordnung.«
Schwejk beim Telefon: »Schwejk, melde gehorsamst, Herr Oberlajtnant.«
»Hören Sie, Schwejk, wie ist das mit diesen Konserven? Stimmt das?«
»Es gibt keine, Herr Oberlajtnant, es gibt gar keine Spur von ihnen.«
»Ich möchte mir wünschen, Schwejk, daß Sie sich immer früh bei mir melden, solange ich im Lager bin. Bis wir fahren werden, werden Sie fortwährend bei mir sein. Was haben Sie in der Nacht gemacht?«
»Ich war die ganze Nacht beim Telefon.«
»Gabs was Neues?«
»Jawohl, Herr Oberlajtnant.«
»Schwejk, fangen Sie nicht wieder an zu blödeln. Hat jemand von irgendwo etwas Wichtiges gemeldet?«
»Jawohl, Herr Oberlajtnant, aber erst auf neun Uhr. Ich hab |458| Sie nicht beunruhigen wolln, Herr Oberlajtnant, ich war weit davon entfernt.«
»Also, sakra, sagen Sie mir schon, was es für neun Uhr so Wichtiges gibt!«
»Ein Telefonogramm, Herr Oberlajtnant.«
»Ich versteh Sie nicht, Schwejk.«
»Ich habs aufgeschrieben, Herr Oberlajtnant: ›Nehmen Sie ein Telefonogramm auf. Wer ist beim Telefon? Hast du das? Lies, oder so was Ähnliches.‹«
»Kruzifix, Schwejk, mit Ihnen ist ein Kreuz. Sagen Sie mir den Inhalt, oder ich spring auf Sie los und hau Ihnen eins herunter. Also was gibts?«
»Wieder irgendeine Besprechung, Herr Oberlajtnant, heut früh um neun Uhr beim Herrn Oberst. Ich hab Sie in der Nacht wecken wolln, aber dann hab ich mirs überlegt.«
»Das hätten Sie sich so unterstehn solln, mich wegen jeder Dummheit herauszutrommeln, wenn dazu bis früh Zeit ist. Wieder eine Besprechung, der Teufel soll das alles buserieren! Hängen Sie den Hörer auf, rufen Sie mir den Wanĕk zum Telefon.«
Rechnungsfeldwebel Wanĕk beim Telefon: »Rechnungsfeld webel Wanĕk, Herr Oberlajtnant.«
»Wanĕk, finden Sie. mir augenblicklich einen andern Putzfleck. Dieser Halunke Baloun hat mir bis früh alle Schokolade aufgefressen. Ihn anbinden? Nein, wir geben ihn zur Sanität. Der Kerl ist wie ein Berg, soll er also die Verwundeten aus dem Gefecht tragen. Ich schick ihn gleich zu Ihnen. Richten Sies in der Regimentskanzlei aus, und kommen Sie gleich zur Kompanie zurück. Glauben Sie, daß wir bald fahren werden?«
»Es is keine Eile nicht, Herr Oberlajtnant. Wie wir mit der 9. Marschkompanie ham fahren solln, hat man uns volle vier Tage an der Nase herumgezogen. Mit der 8. wars genauso. Nur mit der 10. wars besser. Da waren wir Felddienstfleck. Mittag hamr den Befehl gekriegt, und abends sind wir gefahren, aber dafür ham sie uns in ganz Ungarn herumgehetzt und ham nicht gewußt, welches Loch auf welchem Schlachtfeld sie mit uns zustopfen solln.«
|459| Seit Oberleutnant Lukasch Kommandant der 11. Marschkompanie geworden war, befand er sich in dem Zustand eines sogenannten Synkretismus, das heißt philosophisch gesprochen: Er war bemüht, begriffliche Konflikte mit Hilfe von Kompromissen bis zur Begriffsvermischung auszugleichen.
Deshalb antwortete er auch: »Ja, kann sein, das ist schon so. Sie glauben also nicht, daß man heut fahren wird? Um neun Uhr haben wir eine Besprechung mit dem Herrn Oberst. – Apropos, wissen Sie davon, daß Sie Dienstführender sind? Ich sags Ihnen nur so. Stelln Sie mir fest – warten Sie, was könnten Sie mir feststelln …? Ein Verzeichnis der Chargen mit der Angabe, seit wann sie dienen. Dann die Vorräte der Kompanie. Nationalität? Ja, ja, das auch – aber Hauptsache ist, daß Sie mir diesen neuen Putzfleck schicken. – Was Fähnrich Pleschner heute mit der Mannschaft machen soll? Vorbereitungen zum Abmarsch. Rechnungen? Ich komm die Menage unterschreiben. Lassen Sie niemanden in die Stadt. In die Kantine im Lager? Nach der Menage auf eine Stunde. – Rufen Sie den Schwejk!«
»Schwejk, Sie bleiben indessen beim Telefon.«
»Melde gehorsamst, Herr Oberlajtnant, ich hab noch nicht Kaffee getrunken.«
»Also holen Sie sich Kaffee, und bleiben Sie dort in der Kanzlei beim Telefon, solang ich Sie nicht rufe. Wissen Sie, was eine Ordonnanz ist?«
»Es lauft herum, Herr Oberlajtnant.«
»Daß Sie also zur Stelle sind, wenn ich Sie rufe. Sagen Sie dem Wanĕk noch einmal, er soll für mich einen Putzfleck aussuchen, Schwejk, haloo, wo sind Sie?«
»Hier, Herr Oberlajtnant, grad ham sie den Kaffee gebracht.«
»Schwejk, haloo!«
»Ich hör, Herr Oberlajtnant, der Kaffee is ganz kalt.«
»Sie wissen schon gut, wie ein Putzfleck sein soll, Schwejk. Schaun Sie sich den Mann an, und teiln Sie mir dann mit, was er für ein Mensch ist.
Weitere Kostenlose Bücher