Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk
kampflustigen Charakter und den kriegerischen Unternehmungsgeist in der Armee hemmen dürfe.
Auf dem Tisch vor ihm befand sich eine Karte des Kriegsschauplatzes mit Fähnchen auf Stecknadeln, allein die Fähnchen waren überworfen und die Fronten verschoben. Herausgezogene Stecknadeln mit Fähnchen wälzten sich unter dem Tisch.
Der ganze Kriegsschauplatz war in der Nacht fürchterlich zugerichtet worden; ein Kater, den sich die Schreiber in der Regimentskanzlei hielten, hatte, als er sich in der Nacht auf dem österreichisch-ungarischen Kampfplatz ausmachte und den Dreck vergraben wollte, die Fähnchen herausgezogen, den Dreck auf allen Positionen verschmiert, auf die Fronten und Brückenköpfe gespritzt und alle Armeekorps verunreinigt.
Oberst Schröder war sehr kurzsichtig.
Die Offiziere des Marschbataillons schauten mit Interesse zu, wie der Finger Oberst Schröders sich diesem Häufchen näherte.
»Von hier, meine Herren, nach Sokal am Bug«, sagte Oberst Schröder prophetisch und schob den Zeigefinger nach dem Gedächtnis auf die Karpaten zu, wobei er ihn in eines von den Häufchen bohrte, die der Kater in seinem Vorsatz, die Karte des Kriegsschauplatzes plastisch zu gestalten, hinterlassen hatte.
»Was ist das, meine Herren?« fragte er verwundert, nachdem ihm etwas auf dem Finger klebenblieb.
»Das scheint Katzendreck zu sein, Herr Oberst«, sagte für alle sehr höflich Hauptmann Sagner.
Oberst Schröder stürzte in die anstoßende Kanzlei, woher man fürchterliche Flüche und Verwünschungen nebst der entsetzlichen Drohung vernehmen konnte, daß er ihnen den ganzen Katzendreck auszulecken geben werde.
Das Verhör war kurz.
Es wurde sichergestellt, daß der jüngste Schreiber Zwieblfisch den Kater vor vierzehn Tagen in die Kanzlei gebracht hatte. Nach dieser Feststellung packte Zwieblfisch seine sieben |463| Zwetschken, und ein älterer Schreiber führte ihn auf die Hauptwache, wo er bis auf einen weiteren Befehl des Herrn Oberst sitzen sollte.
Damit war eigentlich die ganze Konferenz beendet. Als Oberst Schröder mit purpurrotem Gesicht zu dem Offizierskorps zurückkehrte, vergaß er, daß er noch über das Schicksal des Einjährigfreiwilligen Marek und des Lügen-Zugführers Teweles hatte sprechen wollen.
Er sagte ganz kurz: »Ich bitte die Herren Offiziere, bereit zu sein und die weiteren Befehle und Instruktionen abzuwarten.«
Und so blieben der Einjährigfreiwillige und Teweles weiterhin auf der Hauptwache, und als später Zwieblfisch hinzukam, konnten sie Mariage spielen und nach Beendigung der Partie ihren Wärter mit dem Verlangen belästigen, die Flöhe auf dem Strohsack zu fangen.
Dann steckte man noch den Gefreiten Peroutka von der 13. Marschkompanie zu ihnen, der, als sich am Tage vorher im Lager das Gerücht verbreitet hatte, daß man an die Front fahre, verschwunden und am Morgen von der Patrouille bei der »Wei ßen Rose« in Bruck gefunden worden war. Er redete sich aus, er habe vor der Abfahrt das bekannte Glashaus des Grafen Harrach bei Brück besichtigen wollen und sei auf dem Rückweg fehlgegangen und erst am Morgen todmüde bei der »Wei ßen Rose« angelangt. (Inzwischen hatte er mit dem Dornröschen aus der »Weißen Rose« geschlafen.)
Die Situation blieb fortwährend ungeklärt. Wird gefahren werden oder nicht? Schwejk hörte beim Telefon in der Kanzlei der 11. Marschkompanie die verschiedensten pessimistischen und optimistischen Ansichten darüber. Die 12. Marschkompanie telefonierte, jemand in der Kanzlei habe gehört, daß man auf Schießübungen mit beweglichen Figuren warten und erst nach den feldmäßigen Schießübungen fahren werde. Dieser optimistischen Meinung war nicht die 13. Marschkompanie, die telefonierte, daß soeben Korporal Hawlik aus der Stadt zurückgekehrt sei und von einem Eisenbahnbediensteten gehört habe, daß die Waggons bereits auf der Station bereitstehen.
|464| Wanĕk riß Schwejk den Hörer aus der Hand und schrie aufgeregt, daß die Eisenbahner einen alten Dreck wissen, gerade jetzt sei er in der Regimentskanzlei gewesen.
Schwejk harrte mit wahrer Liebe beim Telefon aus und erwiderte auf alle Fragen, was es Neues gebe, daß man noch nichts Bestimmtes wisse.
Auf solche Weise beantwortete er auch die Frage Oberleutnant Lukaschs: »Was gibts bei uns Neues?«
»Man weiß noch nichts Bestimmtes, Herr Oberlajtnant«, entgegnete Schwejk stereotyp.
»Sie Ochs, hängen Sie den Hörer auf.«
Dann kam eine Reihe Telefonogramme, die Schwejk
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