Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk
er sich mit dem halben Bett begnügte und auf der andern Hälfte irgendein langhaariges Geschöpf einquartiert hatte, das aus Dankbarkeit im Schlaf die Arme um seinen Hals geschlungen hielt, während Herren- und Damengarderobestücke kunterbunt ums Bett herumlagen. Aus dem Chaos war ersichtlich, daß der Nachtcaféportier mit seiner Dame in fröhlicher Laune heimgekehrt war.
»Herr«, sagte Schwejk, den Eindringling rüttelnd, »daß Sie das Mittagmahl nicht verpassen! Es möchte mich sehr verdrießen, wenn Sie von mir sagen möchten, daß ich Sie herausgeworfen hab, wie Sie schon nirgends was zum Mittagmahl bekommen ham.«
Der Portier war sehr verschlafen, und es dauerte lange, bevor er begriff, daß der Eigentümer des Bettes zurückgekehrt war und Ansprüche darauf erhob.
Nach der Gewohnheit aller Nachtcaféportiers erklärte auch dieser Herr, er werde jeden, der ihn wecken wolle, durchprügeln, worauf er weiterzuschlafen versuchte.
Schwejk klaubte einstweilen die verschiedenen Garderobestücke zusammen, brachte sie dem Portier zum Bett und sagte, während er ihn energisch rüttelte: »Wenn Sie sich nicht anziehen, wer ichs probieren, Sie so, wie Sie sind, auf die Gasse zu werfen. Es is ein großer Vorteil für Sie, wenn Sie angezogen von hier herausfliegen.«
»Ich hab bis acht Uhr abend schlafen wolln«, ließ sich der Portier verschüchtert vernehmen, während er sich die Hosen anzog, »ich zahl dieser Frau pro Tag zwei Kronen fürs Bett und kann mir Fräuleins ausn Kaffeehaus herführen. Marie, steh auf!«
Als er sich den Kragen anzog und die Krawatte umband, war er bereits so weit zu sich gekommen, daß er Schwejk versichern konnte, das Nachtcafé »Mimosa« sei wirklich eines der anständigsten Nachtlokale, in das nur Damen Zutritt hätten, deren Polizeibüchel vollständig in Ordnung sei, und lud Schwejk herzlich zu einem Besuch ein.
|56| Seine Gefährtin hingegen war mit Schwejk keineswegs zufrieden und bediente sich einiger recht feiner Ausdrücke, deren feinster lautete: »Klachl, hundsgemeiner!«
Nachdem die Eindringlinge gegangen waren, wollte Schwejk mit Frau Müller abrechnen. Er fand aber keine Spur von ihr vor, außer einem Stückchen Papier, auf das mit Bleistift die unregelmäßigen Schriftzüge Frau Müllers geschmiert waren. Sie enthielten ihre Gedanken hinsichtlich des unglücklichen Vorfalls mit Schwejks an den Nachtcaféportier verborgtem Bett: »Ver zeihn Sie, gnä’ Herr, daß ich Sie nie mehr sehn wer, weil ich aus dem Fenster spring.«
»Sie lügt«, sagte Schwejk und wartete.
In einer halben Stunde kam die unglückliche Frau Müller in die Küche geschlichen. Ihrem verstörten Gesichtsausdruck merkte man an, daß sie von Schwejk Worte des Trostes erwartete.
»Wenn Sie aus dem Fenster springen wolln«, sagte Schwejk, »gehn Sie ins Zimmer, das Fenster hab ich aufgemacht. Aus dem Küchenfenster zu springen möcht ich Ihnen nicht raten, weil Sie in den Garten auf die Rosen fallen könnten und die Sträucher zerdrücken möchten und sie bezahlen müßten. Aus dem Zimmerfenster fliegen Sie schön aufs Trottoir, und wenn Sie Glück ham, brechen Sie sich das Genick. Wenn Sie Pech ham, brechen Sie sich bloß alle Rippen, Hände und Füße und wern noch das Spital zahlen müssen.«
Frau Müller brach in Tränen aus, ging leise ins Zimmer und schloß das Fenster, und als sie zurückkehrte, sagte sie: »Es zieht nämlich, und das wär nicht gut für den gnä’ Herr sein Rheumatismus.«
Dann machte sie das Bett zurecht, brachte wieder alles ungewöhnlich sorgfältig in Ordnung, und als sie zu Schwejk in die Küche trat, bemerkte sie tränenden Auges: »Die zwei jungen Hunde, gnä’ Herr, was wir am Hof gehabt ham, sind krepiert. Und der Bernhardiner is uns weggelaufen, wie sie hier die Hausdurchsuchung vorgenommen ham.«
»Jesusmariandjosef«, schrie Schwejk, »der kann in eine hübsche Schlamastik kommen, der wird jetzt sicher von der Polizei gesucht werden.«
|57| »Er hat einen Polizeikommissär gebissen, wie er ihn bei der Durchsuchung unterm Bett herausgezogen hat«, fuhr Frau Müller fort, »nämlich zerst hat einer von den Herrn gesagt, daß dort jemand unterm Bett is, so ham sie den Bernhardiner im Namen des Gesetzes aufgefordert, er soll herauskriechen, und wie er nicht wollt, ham sie ihn herausgezogen. Und er wollt sie beißen, dann is er aus der Tür geflogen und nicht mehr zurückgekommen. Mit mir ham sie auch ein Verhör angestellt, wer zu uns kommt, ob wir nicht Geld
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