Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk
dicker Strick um den Hals mit allen militärischen Ehren im Karree von Ihren Malheuren helfen wird. Verstehn Sie?«
»Ja, melde gehorsamst, Herr Oberlajtnant, ein Karree oder ein sogenanntes geschlossenes Bataillon besteht aus vier, ausnahmsweise auch aus drei oder fünf Kompanien. Befehlen Sie, Herr Oberlajtnant, in die Suppe aus dieser Henne mehr Nudeln, damit sie dicker is?«
»Schwejk, ich befehle Ihnen, daß Sie schon mitsamt der Henne verschwinden, sonst schlage ich Ihnen sie um den Kopf, Sie Idiot, Sie …«
»Zu Befehl, Herr Oberlajtnant, aber Sellerie habe ich, melde gehorsamst, nicht bekommen können, Möhren auch nicht! Ich gib Kar …«
Schwejk sprach -toffeln nicht zu Ende und flog samt der Henne vor den Stabswaggon. Oberleutnant Lukasch trank in einem Zug ein Wasserglas Kognak aus.
Schwejk salutierte vor den Fenstern des Waggons und verschwand.
Baloun schickte sich just nach glücklich beendetem seelischem Kampf an, die Büchse Sardinen seines Oberleutnants doch zu öffnen, als Schwejk mit der Henne auftauchte, was selbstverständlich alle Insassen des Waggons in Aufregung versetzte; alle schauten ihn an, als wollten sie gradhinaus sagen: Wo hast du das gestohlen?
»Gekauft hab ich sie fürn Herrn Oberlajtnant«, antwortete Schwejk, Zwiebeln und Nudeln aus der Tasche ziehend. »Ich wollte ihm Suppe aus ihr kochen, aber er will sie nicht mehr, so hat er mir sie geschenkt.«
»War sie nicht krepiert?« fragte Rechnungsfeldwebel Wanĕk argwöhnisch.
|577| »Ich hab ihr selbst den Hals umgedreht«, antwortete Schwejk, ein Messer aus der Tasche ziehend.
Baloun schaute Schwejk dankbar und gleichzeitig mit einem Ausdruck der Ehrfurcht an und bereitete schweigend den Spiritusbrenner des Oberleutnants vor. Dann nahm er ein paar Eßschalen und lief mit ihnen um Wasser.
Zu Schwejk trat Telefonist Chodounsky und machte sich erbötig, die Henne rupfen zu helfen, wobei er Schwejk die intime Frage ins Ohr flüsterte: »Is es weit von hier? Muß man in den Hof klettern oder is es im Freien?«
»Ich hab sie gekauft.«
»Aber schweig, bist ein schöner Kamerad, wir ham gesehn, wie sie dich geführt ham!«
Er beteiligte sich jedoch eifrig am Rupfen der Henne. An den großen feierlichen Vorbereitungen beteiligte sich auch Koch-Okkultist Jurajda, der Kartoffeln und Zwiebeln für die Suppe kleinschnitt.
Die Federn, die aus dem Waggon geworfen wurden, erweckten die Aufmerksamkeit Leutnant Dubs, der die Waggons entlangschritt.
Er rief hinein, derjenige, der die Henne rupfe, möge sich zeigen, worauf in der Tür das zufriedene Gesicht Schwejks erschien.
»Was ist das?« schrie Leutnant Dub ihn an, den abgeschnittenen Kopf der Henne vom Boden hebend.
»Das is, melde gehorsamst«, antwortete Schwejk, »der Kopf einer Henne aus der Gattung der schwarzen welschen Hennen. Das sind sehr gute Eierleger, Herr Lajtnant. Sie legen bis zweihundertsechzig Eier im Jahr. Schaun Sie sich gefälligst an, was für einen reichen Eierstock sie gehabt hat.« Schwejk hielt Leutnant Dub die Eingeweide der Henne unter die Nase.
Dub spuckte aus, ging fort und kam nach einer Weile zurück: »Für wen wird diese Henne zubereitet?«
»Für uns, melde gehorsamst, Herr Lajtnant. Schaun Sie, wieviel Fett sie hat.«
Leutnant Dub entfernte sich und brummte dabei: »Bei Philippi sehen wir uns wieder.«
|578| »Was hat er dir gesagt?« wandte sich Jurajda an Schwejk.
»Aber wir ham uns irgendwo bei Philippi Rendezvous gegeben. Nämlich diese vornehmen Herrn sind gewöhnlich Buseranten.«
Der Koch-Okkultist erklärte, daß nur Ästheten homosexuell seien, was schon aus dem Wesen der Ästhetik selbst hervorgehe.
Rechnungsfeldwebel Wanĕk erzählte hierauf vom Mißbrauch von Kindern durch Pädagogen in den spanischen Klöstern.
Und während das Wasser in dem Kessel über dem Spiritus zu kochen begann, meinte Schwejk so nebenhin, daß man einem Erzieher eine Kolonie verlassener Wiener Kinder anvertraut habe und daß dieser Lehrer die ganze Kolonie mißbrauchte.
»Es ist halt eine Leidenschaft, aber am ärgsten ist es, wenns über Weiber kommt. In Prag II gabs vor Jahren zwei verlassene Frauen, sie waren geschieden, weil sie Schlampen waren, eine gewisse Mourek und Schousek, und die ham einmal in den Alleen von Rostok, wie dort die Kirschen geblüht ham, einen alten impotenten hundertjährigen Leierkastenmann abgefangen und ham sich ihn ins Rostoker Wäldchen geschleppt, und dort ham sie ihn vergewaltigt. Was die mit ihm gemacht ham! Da
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