Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk
wie zu Hause. Was Schwejk, meinen Diener, betrifft, habe ich ihm bereits Befehl gegeben, Dich in allem zufriedenzustellen. Dein Heinrich.«
»Diesen Brief«, sagte der Oberleutnant, »übergeben Sie der gnädigen Frau. Ich befehle Ihnen, daß Sie sich zu ihr ehrerbietig und taktvoll benehmen und alle ihre Wünsche erfüllen, die Ihnen ein Befehl sein müssen. Sie müssen sich galant benehmen und sie ehrlich bedienen. Hier haben Sie hundert Kronen, die Sie mir verrechnen werden. Vielleicht wird sie Sie um etwas schicken, Sie werden ein Mittagessen für sie bestellen, Nachtmahl usw. Dann kaufen Sie drei Flaschen Wein und eine Schachtel Memphis. So. Mehr vorläufig nicht. Sie können gehn, und noch einmal lege ich Ihnen ans Herz, daß Sie ihr tun müssen, was Sie ihr an den Augen absehn.«
Die junge Dame hatte bereits alle Hoffnungen verloren, Schwejk wiederzusehen, und war daher sehr überrascht, als sie ihn aus der Kaserne treten und mit einem Brief auf sich zukommen sah.
Er salutierte, überreichte ihr den Brief und meldete: »Nach dem Befehl von Herrn Oberlajtnant soll ich mich zu Ihnen, gnädige Frau, ehrerbietig und taktvoll benehmen und Sie ehrlich bedienen und Ihnen alles machen, was ich Ihnen an den Augen abseh. Ich soll Sie füttern und für Sie kaufen, was Sie wünschen wern Ich hab drauf vom Herrn Oberlajtnant hundert Kronen gekriegt, aber davon muß ich drei Flaschen Wein und eine Schachtel Memphis kaufen.«
Als sie den Brief gelesen hatte, kehrte ihre Energie zurück, die sie zum Ausdruck brachte, indem sie Schwejk befahl, ihr einen Fiaker zu besorgen. Als dies geschehen war, gebot sie ihm, sich neben den Fiakerkutscher auf den Bock zu setzen.
Sie fuhren nach Hause.
In der Wohnung spielte sie ausgezeichnet die Rolle der Hausfrau. Schwejk mußte die Koffer ins Schlafzimmer tragen, auf |194| dem Hof die Teppiche klopfen, und ein kleines Spinngewebe hinter dem Spiegel versetzte sie in großen Ärger.
Alles schien davon zu zeugen, daß sie sich für lange Zeit in dieser erkämpften Stellung einzugraben gedenke.
Schwejk schwitzte. Als er die Teppiche geklopft hatte, fiel ihr ein, man müsse die Gardinen herunternehmen und reinigen. Dann erhielt er den Befehl, in Zimmer und Küche die Fenster zu putzen. Hierauf fing sie an, die Möbel umzustellen, und als Schwejk alles aus einer Ecke in die andere geschleppt hatte, gefiel es ihr nicht, und sie kombinierte von neuem und ersann eine neue Aufstellung.
Sie kehrte alles in der Wohnung von oben nach unten, doch allmählich begann ihre Energie im Einrichten des Nestes zu verpuffen, und der Raubzug flaute ab.
Aus dem Wäscheschrank nahm sie noch saubere Bettwäsche, überzog selbst Polster und Betten, und man merkte, daß sie dies mit Liebe zum Bett tat, das in ihr ein sinnliches Beben der Nüstern hervorrief.
Dann ließ sie Schwejk das Mittagessen und Wein holen.
Und bevor er zurückkam, zog sie ein durchsichtiges Matinee an, das sie ungewöhnlich verführerisch und reizend erscheinen ließ.
Beim Mittagessen trank sie eine Flasche Wein aus, rauchte viele Memphis und legte sich ins Bett, während Schwejk sich in der Küche am Kommißbrot gütlich tat, das er in ein Glas mit süßem Schnaps tunkte.
»Schwejk!« ertönte es aus dem Schlafzimmer, »Schwejk!«
Schwejk öffnete die Tür und erblickte die junge Dame in einer reizvollen Lage in den Kissen.
»Treten Sie näher!« Er trat zum Bett, und sie maß seine untersetzte Gestalt und seine starken Schenkel mit einem eigentümlichen Lächeln.
Den zarten Stoff zurückschlagend, der alles verhüllte und verbarg, sagte sie streng: »Ziehn Sie sich Stiefel und Hosen aus! Zeigen Sie …«
So geschah es, daß der brave Soldat Schwejk dem Oberleutnant melden konnte, als dieser aus der Kaserne nach Hause |195| kam: »Melde gehorsamst, Herr Oberlajtnant, ich hab alle Wünsche der gnädigen Frau erfüllt und sie Ihrem Befehl gemäß ehrlich bedient.«
»Ich danke Ihnen, Schwejk«, sagte der Oberleutnant, »hatte sie viele Wünsche?«
»Beiläufig sechs«, antwortete Schwejk, »jetzt schläft sie wie erschlagen von der Fahrt. Ich habe ihr alles gemacht, was ich ihr an den Augen abgesehn hab.«
V
Während die auf die Wälder am Dunajec und an der Raab gestützten Truppenmassen unter einem Granatenregen standen und großkalibrige Geschütze ganze Kompanien in den Karpaten zerrissen und verschütteten, während die Horizonte aller Kampfplätze im Scheine der brennenden Dörfer und Städte lohten, verlebten
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