Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk
das Hartmannsweilersche Bräuhaus abgebrannt, in Niederaspach bei Mühlhausen ist ein riesiges Bräuhaus dem Erdboden gleichgemacht worden. Das bedeutet für meine Firma einen Verlust von tausendzweihundert Sack Hopfen jährlich. Sechsmal haben die Deutschen mit den Belgiern um das Bräuhaus Klosterhoek gekämpft, das bedeutet den Verlust von dreihundertfünfzig Sack Hopfen jährlich.«
Er konnte vor Aufregung nicht weitersprechen, näherte sich |200| seiner Frau und sagte: »Kati, du fährst augenblicklich mit mir nach Haus. Zieh dich an.
Mich regen alle diese Ereignisse so auf«, sagte er nach einer Weile in entschuldigendem Ton, »ich pflegte früher ganz ruhig zu sein.«
Und als sie gegangen war, um sich anzukleiden, sagte er leise zum Oberleutnant: »Das macht sie nicht zum erstenmal. Voriges Jahr ist sie mit einem Supplenten weggefahren, und ich hab sie erst in Agram gefunden. Ich hab bei dieser Gelegenheit im städtischen Bräuhaus in Agram einen Abschluß von sechshundert Sack Hopfen gemacht.
Bah, der Süden war überhaupt eine Goldgrube. Unser Hopfen ist bis nach Konstantinopel gegangen. Heut bin ich halb ruiniert. Wenn die Regierung die Biererzeugung bei uns einschränken sollte, versetzt sie uns den letzten Schlag.«
Und während er sich die angebotene Zigarette anzündete, sagte er verzweifelt: »Warschau allein hat zweitausenddreihundertsiebzig Sack Hopfen gekauft. Das größte Bräuhaus ist dort das Augustinerbräuhaus. Der Vertreter pflegte alljährlich zu Besuch zu mir zu kommen. Es ist zum Verzweifeln. Noch gut, daß ich keine Kinder hab.«
Dieser logische Schluß aus dem alljährlichen Besuche des Vertreters des Augustinerbräuhauses in Warschau bewirkte, daß der Oberleutnant ein wenig lächelte, was der Hopfenhändler bemerkte, weshalb er in seinen Erklärungen fortfuhr: »Die ungarischen Bräuhäuser in Sopron und Groß-Kanizsa haben für ihre Exportbiere, die sie nach Alexandrien exportierten, bei meiner Firma jährlich durchschnittlich tausend Sack Hopfen gekauft. Heute lehnen sie wegen der Blockade jede Bestellung ab. Ich biete ihnen den Hopfen um dreißig Prozent billiger an, und sie bestellen nicht einmal einen Sack. Stagnation, Verfall, Misere und noch dazu häusliche Sorgen.«
Der Hopfenhändler verstummte, und das Schweigen wurde von Frau Kati unterbrochen, die reisefertig ins Zimmer trat: »Was machen wir mit meinen Koffern?«
»Man wird sie abholen, Kati«, sagte der Hopfenhändler zufrieden, der letzten Endes froh war, daß alles ohne Auftritt |201| und peinliche Szene geendet hatte, »wenn du noch Einkäufe machen willst, haben wir höchste Zeit. Der Zug fährt um zwei Uhr zwanzig.«
Beide verabschiedeten sich freundschaftlich vom Oberleutnant, und der Hopfenhändler war so froh, daß es schon vorüber war, daß er beim Abschied im Vorzimmer zum Oberleutnant sagte: »Wenn Sie, Gott behüte, im Krieg verwundet werden sollten, kommen Sie zu uns zur Erholung, wir werden Sie so sorgfältig pflegen wie nur möglich.«
Als der Oberleutnant ins Schlafzimmer zurückkehrte, wo Frau Kati sich angekleidet hatte, fand er auf dem Waschtisch vierhundert Kronen und ein Billett nachstehenden Inhaltes:
»Herr Oberleutnant! Sie haben sich nicht für mich eingesetzt vor diesem Affen, meinem Mann, einem Idioten ersten Ranges. Sie haben erlaubt, daß er mich mit sich schleppt, wie eine Sache, die er in der Wohnung vergessen hat. Dabei haben Sie sich die Bemerkung erlaubt, daß Sie mir Gastfreundschaft angeboten haben. Ich hoffe, daß ich Ihnen keine größeren Kosten verursacht habe als die beigelegten vierhundert Kronen, die Sie, bitte, mit Ihrem Diener teilen wollen.«
Oberleutnant Lukasch blieb eine Zeitlang mit dem Billett in der Hand stehen, dann zerriß er es langsam. Er blickte lächelnd auf das auf dem Waschtisch liegende Geld, und als er sah, daß Kati in der Aufregung ihren Kamm auf dem Tischchen vergessen hatte, als sie vor dem Spiegel ihr Haar kämmte, legte er ihn in seine Fetischsammlung.
Schwejk kehrte gegen Mittag zurück. Er war einen Stallpinscher für den Oberleutnant suchen gegangen.
»Schwejk«, sagte der Oberleutnant, »Sie haben Glück. Die Dame, die bei mir war, ist schon weg. Der Herr Gemahl hat sie mitgenommen. Und für alle Dienste, die Sie ihr geleistet haben, hat sie Ihnen vierhundert Kronen auf dem Waschtisch gelassen. Sie müssen ihr hübsch danken, respektive ihrem Herrn Gemahl, denn es ist sein Geld, das sie auf die Reise mitgenommen hatte. Ich werde Ihnen
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