Die Abenteuer des Röde Orm
uns alle einig darin, daß es am klügsten ist, geradenwegs zu den Stromschnellen zu fahren.«
»So ist es«, sagte Toke. »Aber es wäre doch gut, zu hören, was Spof dazu sagt. Er kennt den Weg besser als wir alle, und vielleicht weiß er auch mehr als wir von den Patzinakern.«
Die anderen nickten, und Spof wurde herbeigerufen. Orm erzählte ihm nun vom Schatz.
»Ich habe dir bisher nichts davon gesagt«, fügte er hinzu, »denn ich kannte dich noch nicht. Aber nun weiß ich, daß du in allen Dingen taugst.«
»Dann wird es eine längere und auch eine gefährlichere Reise, als ich anfangs gewußt habe«, sagte Spof. »Die Löhnung, die ich verlangte, schien dir hoch; aber sie hätte noch höher ausfallen sollen, da es den Weg zu den Stromschnellen gilt.«
»Du wirst um deinen Lohn nicht geprellt werden«, sagte Orm. »Für die Fahrt zu den Stromschnellen magst du hinzufordern, soviel dir billig scheint. Und vor Toke Grägullesson und Olof Styrsson, die ich zu Zeugen nehme, sage ich dir nun, daß dein Anteil am Schatz dir nicht entgehen wird, wenn alles gut geht. Es wird der volle Anteil eines Steuermannes sein.«
»Damit bin ich zufrieden. Wir Gotländer wollen immer gern wissen, wie es bestellt ist mit dem, was uns zukommt.«
Nachdem Spof sich lange bedacht hatte, ging auch sein Rat dahin, daß man geradenwegs zu den Stromschnellen sollte.
»Mit den Eßvorräten hat es keine Gefahr«, sagte er. »Weiter stromab wird es billig; ich habe erlebt, daß man für eine Breitaxt fünf fette Schweine bekommen hat und einen Sack Buchweizen obendrein. Vor uns liegen jetzt bis nach Kiew und auch noch weiterhin reiche Dörfer; dort können wir uns soviel verschaffen, daß es bis zu den Stromschnellen reicht und wieder zurück. Und wenn du genug Silber hast, so wäre es am besten, daß du – wie du bisher getan – alles bezahlst, was wir benötigen; denn stromabfahrend ist es unklug, Gewalt zu brauchen. Das dicke Ende kann nachkommen, wenn man auf dem Rückwege ist.«
Orm sagte, ein wenig könne er noch mit Silber klimpern, obschon das meiste leider draufgegangen sei.
»Das schwierigste sind die Patzinaker«, fuhr Spof fort. »Es kann so kommen, daß wir uns von ihnen freies Geleit erkaufen müssen. Es mag auch sein, daß sie uns überhaupt nicht weiterlassen wollen. Du solltest mir sagen, auf welchem Ufer und wie weit unterhalb der Stromschnellen der Schatz liegt.«
»Er liegt auf dem östlichen Ufer«, sagte Orm, »zwischen der zweiten und der dritten Stromschnelle von Süden gerechnet. Aber vom Platz selbst soll niemand erfahren, bevor wir angelangt sind.«
»Dann haben wir, vom Anfang der Schleppstellen gerechnet, noch ein gutes Stück Weges vor uns«, sagte Spof. »Es wäre am besten, wenn wir bei Nacht dorthin kämen und wenn wir jemand dabei hätten, der die Sprache der Patzinaker versteht; es könnte sich ja so machen, daß wir ihnen in aller Freundschaft begegnen. Aber da läßt sich ja wohl nichts machen.«
»O doch, es findet sich Rat«, sagte Toke. »Wir nehmen einfach Fastes Schreiber zu den Stromschnellen mit. Auf dem Rückweg kommt er immer noch früh genug nach Kiew. Und bei den Patzinakern findet sich ja wohl einer, der seine Sprache versteht, wenn auch nicht er die ihre.«
Damit war diese Beratung zu Ende. Am nächsten Morgen, bevor es weiterging, redete Orm zu den Männern. Er sagte, daß man noch weiter flußab fahren wolle als bis nach Kiew, an den Ort, wo das Brudererbe versteckt liege.
»Es mag dort Kampf geben«, sagte er, »und zeigt ihr euch als beherzte Männer, so daß dieses Erbe in meine Hand kommt, dann werdet ihr außer dem guten Lohn, der ausgemacht ist, jeder auch einen Anteil am Erbe erhalten.«
Dagegen hatten die Männer nicht viel einzuwenden. Nur Sones Söhne hörte man untereinander murmeln, daß gewiß zwei von ihnen dort umkommen würden; auch verlangten sie, daß man ihnen Bier zu trinken gäbe und nicht das landesübliche süße Gesöff; denn sie wollten sich gern mit aller Kraft schlagen.
Weiter flußab ging man an mehreren Stellen an Land, um in den reichen Dörfern der Polotjaner Speise und Trank zu kaufen. Damit war man nun ebensogut versehen wie bei der Ausreise. Und eines Abends spät, als Nebel über dem Fluß lag, ruderten die Männer an Kiew vorbei, ohne viel von der Stadt zu Gesicht zu bekommen.
Als sie hier nicht an Land gingen, zeigte sich Fastes Schreiber sehr besorgt. »Ihr wißt, daß ich beim Großfürsten wichtige Geschäfte habe!«
»Es ist
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