Die Abenteuer des Röde Orm
vergessen. Es müssen vier solche Kisten da sein. In ihnen ist allerhand Weiberkram. Aber alles Silber ist in den Säcken.«
Sie hatten nun mehr Glück, so daß sie die übrigen Säcke heraufholten, ohne daß noch etwas verlorenging. Bei jedem neuen Fund stieg die Freude der Männer, und niemand dachte mehr an die Patzinaker und daß die Zeit hinging. Nach den beiden letzten Kisten mußte recht lange gesucht werden, denn sie waren in den Kies des Bodens gesunken.
Aber endlich fand man auch sie, und der ganze Schatz wurde auf den Karren geladen.
Nun war der größte Teil der Nacht vergangen, und als man den Rückweg antrat, kam wieder die Unruhe wegen der Patzinaker über sie.
»Sie kommen, wenn es zu tagen beginnt«, sagte Spof.
»Orm hat mehr Glück als die meisten«, sagte Olof Sommervogel, »und auch mir pflegt vieles nicht gerade schlecht zu gelingen. Daher mag es sein, daß die Patzinaker uns ganz und gar erspart bleiben. Denn seit die beiden Reiter uns erspäht haben, ist viel Zeit vergangen, und doch haben wir nun keinen einzigen mehr gesehen. Es kann bedeuten, daß die Patzinaker uns unterhalb der letzten Stromschnelle erwarten, dort, wo die Schleppspur endet; denn sie konnten nicht wissen, daß wir auf halbem Wege umkehren würden. Daher kommen sie gewiß nicht eher hinter uns her, bis sie ihren Irrtum bemerkt haben, und wenn es gut geht, erreichen wir das Schiff noch vor ihnen.«
Aber diese Voraussage war nicht richtig, wenn auch es beinah so kam, wie er angenommen hatte. Denn eine Weile, nachdem es Tag geworden war, und als ihr Abstand zum Schiff nur noch kurz war, hörten sie laut dröhnenden Hufschlag, und die Patzinaker kamen dahergebraust wie Odin im Sturm.
Orm ließ sofort seine Schar haltmachen und mit schußbereiten Bogen sich vor den Karren stellen. Die Männer waren bei bester Laune und bereit, sich mit beliebig vielen Patzinakern um das Silber zu schlagen.
»Niemand soll an diesen Karren rühren«, sagten sie ruhig, »solange noch vier oder fünf von uns am Leben sind.«
Aber die Geschicklichkeit der Patzinaker war groß, und es war nicht leicht, sich mit ihnen zu schlagen. Sie ritten nicht geradeaus auf Orms Mannen zu, sondern trieben ihre Pferde in schnellstem Lauf einen Bogenschuß weit an ihnen vorüber, wobei sie ihre Pfeile abschossen. Dann sammelten sie sich wieder, warteten eine Weile und kamen in entgegengesetzter Richtung zurück. Die meisten in Orms Gefolgschaft waren geübte Jäger und gute Bogenschützen, so daß sie es den Patzinakern gut zurückzahlten; und jedesmal brach Jubel aus, wenn ein Reiter vom Pferde fiel. Aber auch die Pfeile der Patzinaker trafen mitunter ihr Ziel, und nach einer Weile meinten Orm und Olof beide, daß es nicht mehr lange so fortgehen dürfte.
Orm rief zwischen zwei Angriffen Svarthövde und Ulf Frohsinn zu sich. Beide waren guten Mutes, wenn auch von Pfeilen geritzt, und jeder von ihnen behauptete, bereits einen Feind niedergestreckt zu haben. Dort, wo man haltgemacht hatte, zogen sich Klippen zum Fluß hinab, und das war ein Glück, denn daher konnten die Patzinaker von dieser Seite nicht angreifen. Orm befahl nun den Knaben, möglichst ungesehen zum Ufer hinabzueilen und Toke zuzurufen, er solle so schnell als möglich mit allem Schiffsvolk zu Hilfe kommen.
»Und nun hängt es von euch beiden ab«, sagte er, »ob dieses hier ein glückliches Ende nimmt. Denn bald haben wir keine Pfeile mehr.«
Die Knaben waren stolz, mit einer solchen Aufgabe betraut zu werden, und machten sich gleich auf den Weg. Nun kamen die Patzinaker wieder, und dieses Mal wurde Olof Sommervogel von einem Pfeil in die Brust getroffen; der durchschnitt die Ringe der Brünne und saß fest.
»Das traf gut«, sagte Olof zu Orm. »Nun bin ich zu nichts mehr nütze.« Er schwankte, hielt sich aber auf den Füßen und ging zum Karren, auf dem schon andere Verwundete lagen. Er legte sich dort nieder und stützte den Kopf gegen einen Silbersack.
Und beim nächsten Angriff der Patzinaker verschossen Orms Mannen ihre letzten Pfeile. Aber zugleich hörte man die Männer zufrieden murmeln; und dann riefen sie: »Nun ist es so weit! Finn Sonesson ist gefallen. Der Pfeil fuhr ihm durch den Hals, und er ist schon tot. Sein Bruder Kolbjörn fiel schon vor einer Weile. Er war der vierte, und nun fällt keiner mehr.«
Sie behielten recht; denn man hörte den Heerruf vom Schiffe – ein Zeichen, daß Toke an Land gegangen war. Den Patzinakern behagte das anscheinend wenig, denn
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