Die Abenteuer des Röde Orm
gefegt, damit sie nicht ausglitten oder über die Knochen strauchelten, die man König Haralds Hunden zugeworfen hatte. Die Männer an beiden Enden der Halle drängten sich heran, um besser sehen zu können, und stellten sich dicht gedrängt auf Bänke und Quertische zu beiden Seiten des freien Raumes, und auch längs der Wand auf der vierten Seite und hinter König Haralds Tisch. König Harald, begierig den Kampf zu sehen, war in der muntersten Laune, und als er sich zufällig umwandte und einige seiner Frauen durch eine halbgeöffnete Tür neugierig hereinspähen sah, befahl er, daß seine Frauen und Töchter hereinkommen und zuschauen sollten; denn es wäre zu hart, meinte er, ihnen ein solches Schauspiel zu versagen. Er bereitete einigen von ihnen Platz auf dem Hochsitz an seiner Seite und auf dem leeren Sitz des Bischofs und die beiden schönsten Töchter mußten sich neben Styrbjörn setzen. Sie taten es, ohne darüber zu klagen, daß sie eng saßen; sie lachten hell, als er ihnen Bier anbot, und tranken tapfer. Für die Frauen, die auf dem Hochsitz keinen Platz fanden, stellte man eine Bank hinter dem Tisch auf, wo der Hochsitz ihnen den Ausblick nicht nahm.
Stallmeister Hallbjörn ließ nun in die Luren blasen und Schweigen gebieten, und dann verkündete er, daß während des Kampfes alle sich still zu verhalten hätten und den Kämpfenden keine guten Ratschläge zurufen oder Gegenstände auf den Wahlplatz werfen dürften. Orm und Siegfried waren nun fertig; sie betraten den Kampfplatz und gingen aufeinander zu; und als man sah, daß Orm das Schwert in der linken Hand führte, entstand lebhaftes Gemurmel, denn der Kampf zwischen einem Links-und einem Rechtshändigen war schwer für beide, weil dann die Schläge so fielen, daß die Schilde weniger schützten. Man sah ihnen beiden an, daß sie Kämpfer waren, denen nur wenige freiwillig entgegengetreten wären; und keinem von beiden war Ängstlichkeit wegen des Ausganges anzumerken. Orm war einen halben Kopf länger als Siegfried und hatte längere Arme; aber Siegfried war breiter gebaut und sah stärker aus. Sie hielten sich die Schilde gut vor die Brust und hoch genug, um schnell den Hals decken zu können, und die Augen hatte jeder auf das Schwert des anderen gerichtet, um jeden Hieb auffangen zu können. Sobald sie einander nahegekommen waren, hieb Orm nach Siegfrieds Beinen; der aber sprang schnell zur Seite und gab einen harten Schlag zurück, der mit einem Krach den Helm traf. Da wurden beide vorsichtig und fingen alle Hiebe mit den Schilden auf; König Harald erklärte seinen Frauen, daß erfahrene Kämpfer nicht in Übereifer geraten oder sich Blößen geben, und das sei gut so; denn desto länger dauere das Vergnügen.
»Und selbst für den, der schon viel gesehen hat, ist es schwer zu sagen, wer hier siegen wird; aber der Rote, auch wenn er Kälte fürchtet, scheint mir einer der sichersten Männer, die ich je gesehen habe, und es mag leicht sein, daß Sven nun um einen Gefolgsmann ärmer wird.« König Sven, der sich ebenso wie die beiden Jarle auf den Rand seines Tisches gesetzt hatte, um dem Kampf zugewendet zu sein, lächelte verächtlich und sagte, daß niemand, der Siegfried kenne, sich deswegen Sorgen zu machen brauche.
»Und obschon meine Mannen den Zweikampf nicht fürchten«, sagte er, »geschieht es doch nicht oft, daß ich einen auf diese Weise verliere, es sei denn, daß sie sich untereinander schlagen.«
Toke kam nun zurück. Er hinkte, und man hörte ihn einen Vers murmeln, und als er über die Bänke stieg, um auf seinen Platz zu kommen, sah man, daß ein Oberschenkel bis nach unten hinab blutig war.
»Wie ging es mit Dyre?« fragte Sigurd Buesson.
»Es dauerte eine Weile«, sagte Toke, »aber nun ist die Sache in Ordnung gebracht.«
Nun hatten alle bloß Augen für den Kampf, und es sah aus, als wolle Siegfried ihn schnell zu Ende bringen. Er griff heftig an und versuchte, Orms Beine und Gesicht und die Finger der Schwerthand zu treffen. Orm wehrte sich gut, schien aber selbst wenig auszurichten; und man merkte ihm an, daß Siegfrieds Schild ihm im Wege war. Der war größer als sein eigener und von zähem Holz mit daraufgenietetem dickem Leder, und nur der Buckel in der Mitte war von Eisen; und es wäre gefährlich gewesen, wenn das Schwert im Schildrande haftengeblieben wäre, denn dann konnte es abbrechen oder aus der Hand gewunden werden. Orms Schild war ganz aus Eisen und hatte in der Mitte eine spitze Schildpike.
Weitere Kostenlose Bücher