Die Abenteuer des Röde Orm
Siegfried grinste Orm an und fragte ihn, ob er es warm genug habe. Nach dem ersten Schlag, den er über den Helm erhalten hatte, rann Orm das Blut über die Wange, und dazu hatte er einen Stich ins Bein bekommen und einen Schnitt über der Hand; Siegfried war noch unverwundet. Orm antwortete nicht, er wich einen Fuß breit nach dem anderen, den Quertischen entlang, zurück. Siegfried duckte sich hinter seinen Schild und fiel nach vorn und nach den Seiten aus, und seine Angriffe wurden immer heftiger. Den meisten schien es, als sei sein Sieg nahe. Plötzlich machte Orm einen Satz nach vorn; er fing Siegfrieds Hieb mit dem Schwert auf und preßte mit voller Kraft seinen Schild gegen den des andern, so daß die Schildpike durch Leder und Holz drang und fest saß, und dann drückte er die Schilde so hart abwärts, daß an beiden die Griffe brachen. Beide traten etwas zurück, um Raum für die Schwerter zu gewinnen; dann schlugen sie gleichzeitig zu. Siegfrieds Hieb traf in die Seite und riß ein Loch in Orms Brünne und schlug eine tiefe Wunde; aber Orms Hieb traf in den Hals; und ein lauter Aufschrei ertönte in der Halle, als der Kopf abflog und am Tischrand abprallte und in das Bierfaß am Ende des Tisches fiel.
Orm schwankte und hielt sich am Tisch fest; er strich das Schwert über dem Knie ab, steckte es in die Scheide und blickte auf den geköpften Körper zu seinen Füßen. »Da siehst du nun«, sagte er, »wessen die Kette ist.«
Wie Orm seine Halskette verschenkte
Auf dem Königshof wurde nun viel vom Zweikampf um das Halsband geredet, sowohl in der Halle wie in Küche und Frauenstuben. Alle, die dabei gewesen waren, hatten sich genau gemerkt, was gesprochen worden und was vor sich gegangen war, damit sie anderen später etwas Rechtes zu erzählen hätten. Man rühmte sehr die Art, wie Orm sich des Schildes bemächtigt hatte, und Styrbjörns Isländer sagte am nächsten Abend Verse her, die im Ljodahatrversmaß von der Unschicklichkeit handelten, den Kopf in ein Bierfaß hinein zu verlieren. Alle waren der Meinung, daß nicht einmal bei König Harald das Julfest immer so unterhaltend gewesen sei.
Aber Orm und Toke mußten mit ihren Wunden zu Bett liegen und hatten es nun längere Zeit sehr wenig angenehm, obschon Bruder Willibald sie mit seinen besten Salben pflegte. In Tokes Wunde entstanden Geschwüre, so daß er mitunter die Besinnung verlor und gefährlich wurde; dann mußte er bei der Behandlung der Wunde von vier Männern gehalten werden. Und Orm, dem zwei Rippen zerschlagen waren, hatte viel Blut verloren. Er war überempfindlich und fühlte sich matt; auch hatte er keine Eßlust wie sonst. Das hielt er für ein böses Zeichen, und ihm war trüb zumute.
König Harald hatte ihnen eine gute Kammer einräumen lassen, die von einer gemauerten Feuerstelle erwärmt wurde, und in ihre Betten hatte man Heu gelegt statt Stroh. Am ersten Tage kamen viele Mannen des Königs und Styrbjörns dorthin, um mit ihnen vom Kampf zu reden und sich über König Svens Zorn lustig zu machen, so daß die Kammer erfüllt war von Männern und fröhlichem Lärm, bis Bruder Willibald sie alle mit scharfer Stimme hinaustrieb. Orm und Toke wußten selber nicht recht, ob sie sich schlechter fühlten, wenn sie Gesellschaft hatten oder wenn sie allein waren. Nun, da das Julfest vorüber war, fuhren auch ihre eigenen Mannen nach Hause, alle außer Rapp, der in seiner Heimat friedlos war und daher hier zurückblieb. Denn schon nach wenigen Tagen, als ein plötzlicher Sturm die Eisdecke gebrochen hatte und König Sven finster und ohne viel Worte in See gestochen war, nahm Styrbjörn Abschied von König Harald; er hatte es eilig, umherzufahren und Männer für seine Heerfahrt zu werben, und Orms Leute durften mit ihm reisen, wenn sie mit abwechseln wollten an den Rudern. Styrbjörn hätte gern sowohl Orm wie Toke unter seinen eigenen Mannen gehabt; er kam selbst zu ihnen in die Kammer und sagte, daß sie viel zur Feststimmung beigetragen hätten und daß sie nun nicht lange daliegen und sich mit dem Pflegen ihrer Schrammen abgeben sollten.
»Und laßt mich euch wiedersehen auf Bornholm, wenn die Kraniche anfangen zu ziehen«, sagte er, »denn für so behende Männer habe ich Platz auf dem Vorderschiff meines eigenen Bootes.«
Er ging, ohne auf Antwort zu warten, eifrig beschäftigt mit Dingen, die keinen Aufschub litten; das war alles, was sie mit Styrbjörn geredet hatten. Eine Weile lagen sie schweigend da; dann sagte
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