Die Abenteuer des Röde Orm
dessen Beschluß. König Harald sagte: »Es ist schlimm, daß die Jugend anfängt, zu verweichlichen und nicht mehr ist wie ehedem. Lodbroks Söhne dachten nicht an Gesundheit und Wetter, und in jungen Jahren tat ich das auch nicht; nun aber wüßte ich unter der Jugend bald keinen anderen als Styrbjörn, der nach uns geschlagen ist. Aber wahr ist, daß es für mich, bei meinen Jahren, am besten sein mag, den Kampf von hier aus, wo ich nun sitze, anzusehen, und es trifft sich gut, daß der Bischof zu Bett liegt, denn er wäre sehr dagegen gewesen. Aber ich sehe es so an, daß der Frieden, den wir in der Halle verkündet haben, nicht durch das, was ich nun selbst gestatte, gebrochen wird, und ich glaube nicht, daß Christus gegen einen Zweikampf sein kann, bei dem alles nach Gesetz und Brauch zugeht. Darum mag es nun geschehen, daß Orm und Siegfried sich hier auf dem freien Raum vor meinem Tisch schlagen mit Schwert und Schild, Helm und Brünne, und ohne anderen Beistand als beim Anziehen der Heerkleider. Und wenn einer von ihnen getötet wird, so ist es gut; aber wenn einer von ihnen nicht mehr auf den Beinen stehen kann oder sein Schwert wegwirft oder unter die Tische flieht, so darf der andere nicht mehr nach ihm schlagen; aber dann hat er den Kampf verloren und damit auch die Kette. Und ich und Stallmeister Hallbjörn werden zusehen, daß alles recht zugeht.«
Nun gingen einige Männer hinaus, um die Heerkleider für Orm und Siegfried zu holen; in der Halle herrschte großer Lärm, und viele riefen durcheinander. König Haralds Mannen hielten Orm für den besseren von beiden; aber König Svens Leute priesen Siegfried und erzählten, daß er neun Männer im Zweikampf niedergemacht habe, ohne selbst dabei so schwer verwundet zu werden, daß man ihn hätte verbinden müssen. Unter den redseligsten war Dyre; er fragte, ob Orm fürchte, im Grabe zu husten? Darauf wandte er sich an seinen Bruder und bat ihn, sich mit der Kette zu begnügen und ihm, Dyre, Orms Schwert zu überlassen.
Toke hatte schwermütig dagesessen, seit er in seiner Erzählung unterbrochen worden war, und hatte vor sich hingemurmelt und getrunken; aber bei Dyres Worten kam Leben in ihn. Er schlug sein Tischmesser vor Dyre in die Tischplatte, so daß es im Holz aufrecht stehenblieb, und warf sein Schwert in der Scheide daneben; darauf reckte er sich so schnell über den Tisch, daß Dyre zum Ausweichen keine Zeit blieb; er packte ihn an Ohren und Seitenbart und drückte sein Gesicht zu den Waffen nieder, indem er sagte: »Hier siehst du Waffen, die ebenso gut sind wie Orms Klinge, aber du sollst sie selbst gewinnen, wenn du sie haben willst, und sie nicht von anderen erbetteln.«
Dyre war stark; er faßte Tokes Handgelenke und drückte hart zu; aber das tat weh an Ohren und Bart, und er stöhnte und konnte nicht loskommen.
»Hier halte ich dich im Gespräch ganz freundschaftlich fest«, sagte Toke, »denn den Königsfrieden hier drinnen will ich nicht stören. Aber ich lasse dich nicht eher los, als bis du mir versprochen hast, dich mit mir zu schlagen; denn Rotschnabel will nicht gern untätig sein, wenn seine Schwester außer Hause ist.«
»Laß mich los«, sagte Dyre mit dem Mund auf dem Tisch. »Dann werde ich dich töten, sobald ich deiner habhaft werde.«
»Nun hast du es versprochen«, sagte Toke, indem er ihn losließ und sich ein gutes Teil Bart, der sich gelöst hatte, von den Handflächen blies.
Dyre hatte rote Ohren bekommen, aber im Gesicht war er weiß vor Raserei, und es sah anfangs aus, als sei ihm die Sprache vergangen. Er stand auf und sagte: »Dies hier bringe ich sofort mit dir ins reine; und so ist es am besten; denn dann bekommen mein Bruder und ich jeder ein spanisches Schwert. Wollen wir nun zusammen austreten und nicht vergessen, die Schwerter mitzunehmen.«
»So ist es recht«, antwortete Toke, »denn zwischen uns sind Höflichkeiten überflüssig, und für das, was du nun gesagt hast, werde ich dir dein Leben lang dankbar sein. Und wie lange das sein wird, werden wir nun sehen.«
Sie gingen jeder an seiner Seite den Königstisch entlang und darauf nebeneinander durch den Gang hinter den Quertischen und durch eine der Türen an der Schmalseite hinaus ins Freie. König Sven sah ihnen lächelnd nach; es behagte ihm, daß seine Mannen sich dran hielten und ihren Ruf und die Furcht um sich her mehrten.
Orm und Siegfried waren mit dem Ankleiden zum Kampf beschäftigt. Dort, wo sie sich schlagen sollten, wurde der Boden
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