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Die Abenteuer des Sherlock Holmes Bd.1

Die Abenteuer des Sherlock Holmes Bd.1

Titel: Die Abenteuer des Sherlock Holmes Bd.1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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bestand aus einem hohen Zentralbau und zwei Flügeln, die gekrümmt waren wie Scheren eines Krebses. In dem einen Flügel waren die Fensterscheiben zerbrochen und mit Brettern vernagelt, und das Dach hatte sich gesenkt – ein Bild des Verfalls. Der zentrale Teil befand sich in etwas besserem Zustand. Der rechte Flügel war vergleichsweise gut erhalten, und die Läden an den Fenstern und der blaue Rauch, der aus den Schornsteinen kräuselte, zeigten an, daß hier die Familie wohnte. An der hinteren Wand stand ein Gerüst, und das Mauerwerk war durchbrochen; doch zur Zeit unserer Ankunft waren keine Arbeiter zu sehen. Holmes ging langsam auf dem schlecht geschnittenen Rasen hin und her und betrachtete mit großer Aufmerksamkeit die Fenster.
      »Dieses hier, nehme ich an, gehört zu dem Zimmer, in dem Sie zu schlafen pflegen, das in der Mitte zu dem Ihrer Schwester und das dem Hauptgebäude am nächsten gelegene zu dem von Dr. Roylott?«
      »So ist es. Aber ich schlafe jetzt in dem mittleren.«
      »Für die Dauer des Umbaus, wenn ich nicht irre. Übrigens scheinen Reparaturen an der hinteren Mauer nicht gar so nötig zu sein.«
      »Es werden auch keine gemacht. Ich glaube, alles war nur ein Vorwand, um mich aus meinem Zimmer zu entfernen.«
      »Ah, das ist ein Gedanke! Nun, dort auf der anderen Seite des schmalen Flügels befindet sich der Korridor, von dem aus man in die drei Zimmer gelangt. Er hat doch wohl auch Fenster?«
      »Ja, aber nur kleine, zu eng, als daß jemand hindurch könnte.«
      »Da Sie die Türen nachts zugesperrt halten, kommt man von dort also nicht hinein. Wären Sie nun so freundlich, in Ihr Zimmer zu gehen und die Läden zu schließen?«
      Miss Stoner tat es, und Holmes, der zuvor den Raum durchs Fenster sorgfältig betrachtet hatte, versuchte auf jede Weise, die Läden mit Gewalt wieder zu öffnen, doch ohne Erfolg. Es gab keine Ritze, durch die man ein Messer schieben konnte, um die Sicherungsstange zu heben. Er untersuchte mit seiner Lupe die Angeln. Sie waren aus massivem Eisen und fest ins starke Mauerwerk eingelassen. »Hm«, brummte er und kratzte sich ziemlich ratlos am Kinn. »Meine Theorie stößt auf Schwierigkeiten. Niemand kann die Läden öffnen, wenn sie verriegelt sind. Nun, wir werden sehen, ob das Innere des Hauses Licht in die Sache bringt.«
      Ein kleiner Seitengang führte in den weißgetünchten Korridor, von dem die drei Schlafzimmer abgingen. Holmes verzichtete darauf, das erste Zimmer zu untersuchen; so gingen wir sofort in das zweite, in dem Miss Stoner jetzt schlief und wo das Schicksal ihre Schwester ereilt hatte. Es war ein schlichter kleiner Raum mit einer niedrigen Decke und einem großen Kamin von der Art, wie man sie in alten Landhäusern findet. In einer Ecke stand eine braune Kommode, in einer anderen ein Bett mit weißer Decke und links neben dem Fenster ein Toilettentisch. Diese Gegenstän de und zwei kleine Korbstühle waren das ganze Mobiliar, abgesehen von einem Wilton-Teppich inmitten des Zimmers. Die Bretter des Fußbodens und das Paneel waren aus brauner, wurmstichiger Eiche und so alt und verfärbt, daß sie aus der ursprünglichen Zeit des Hauses hätten stammen können. Holmes zog einen der Stühle in eine Ekke, und seine Blicke wanderten hin und her und auf und nieder und nahmen jede Einzelheit des Zimmers wahr.
      »Womit steht das da in Verbindung?« fragte er schließlich und deutete auf einen dicken Klingelzug, der neben dem Bett hing und dessen Quaste jetzt auf dem Kopfkissen lag.
      »Mit dem Zimmer der Haushälterin.«
      »Er sieht neuer aus als die anderen Dinge.«
      »Ja, die Glocke ist erst vor einigen Jahren angebracht worden.«
      »Ich nehme an, Ihre Schwester hat das gewollt.«
      »Nein, ich habe nie gehört, daß sie die Glocke benutzt hätte. Wir haben uns immer selber geholt, was wir brauchten.«
      »Es scheint wirklich unnütz gewesen zu sein, einen so schönen Klingelzug hier anzubringen. Entschuldigen Sie mich ein paar Minuten, ich will meine Neugier hinsichtlich des Fußbodens befriedigen.«
      Er warf sich nieder, die Lupe in der Hand, und kroch geschwind vor und zurück, genauestens die Ritzen zwischen den Brettern in Augenschein nehmend. Dieselbe Untersuchung stellte er am Paneel an. Schließlich ging er zum Bett und verbrachte einige Zeit damit, es anzustarren; dann schickte er seine Blicke die Wand hinauf und hinunter. Am Ende faßte er den Klingelzug und riß energisch an

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