Die Abenteuer des Sherlock Holmes Bd.1
Blicken.
Ein Gefühl des Abgestoßenseins und etwas wie Furcht stieg angesichts der seltsamen Grimasse des dürren Mannes in mir auf. Sogar die Aussicht, einen Klienten zu verlieren, konnte mich nicht davon abhalten, meine Ungeduld zu zeigen.
›Darf ich bitten, zum Geschäft zu kommen, Sir‹, sagte ich. ›Meine Zeit ist kostbar.‹ Der Himmel möge mir diese letzten Worte vergeben, aber sie kamen mir nun einmal über die Lippen.
›Was würden Sie zu fünfzig Guineas für eine Nacht Arbeit sagen?‹ fragte er.
›Das wäre herrlich.‹
›Ich sagte: eine Nacht Arbeit; eine Stunde wäre angebrachter. Ich möchte nur Ihr Urteil über eine hydraulische Presse, die nicht mehr funktioniert. Wenn Sie uns zeigen, was an ihr defekt ist, werden wir sie selber reparieren. Was meinen Sie zu solch einem Auftrag?‹
›Die Arbeit scheint leicht zu sein, und die Bezahlung ist großzügig.‹
›Genau. Wir möchten, daß Sie heute nacht kommen, mit dem letzten Zug.‹
› Wohin?‹
›,Nach Eyford in Berkshire. Das ist ein kleiner Ort an der Grenze zu Oxfordshire, sieben Meilen entfernt von Reading. Es fährt ein Zug von Paddington Station, der ungefähr Viertel nach elf dort eintrifft.‹
›Das geht in Ordnung.‹
›Ich werde mit einem Wagen dasein, um Sie in Empfang zu nehmen.‹
›Dann ist also noch eine Wagenfahrt nötig?‹
›Ja, unser Haus liegt ziemlich weit draußen, gute sieben Meilen von Eyford entfernt.‹
›So werden wir kaum vor Mitternacht ankommen. Ich nehme an, dann geht kein Zug mehr zurück. Ich wäre gezwungen, über Nacht zu bleiben.‹
›Wir könnten Ihnen ohne Mühe ein Nachtlager bereiten.‹
›Es wäre mir trotzdem sehr unangenehm. Könnte ich nicht zu einer günstigeren Stunde kommen?‹
›Wir erachten es für das beste, wenn Sie spät kommen. Wir entschädigen einen jungen, unbekannten Mann für die Unbequemlichkeit durch ein Honorar, mit dem wir das Urteil einer Kapazität in Ihrem Beruf einholen könnten. Aber wenn Sie sich von dem Geschäft zurückziehen wollen – noch ist Zeit dazu.‹
Ich dachte an die fünfzig Guineas und wie nützlich sie mir sein konnten. ›Das will ich auf keinen Fall‹, sagte ich. ›Ich werde selbstverständlich Ihren Wünschen entsprechen. Es wäre mir nur lieb, wenn ich ein bißchen mehr darüber wüßte, was ich tun soll.‹
›Ganz recht. Es ist natürlich, daß das Geheimhaltungsversprechen, das wir Ihnen abverlangen, Ihre Neugier erregt. Ich möchte Sie nicht verpflichten, ehe ich nicht alles vor Ihnen offengelegt habe. Ich nehme an, wir sind hier vor Lauschern absolut sicher.‹
›Absolut.‹
›Dann also: zur Sache. Sie wissen wahrscheinlich, daß weißer Bolus ein wertvoller Rohstoff ist und daß er nur an ein, zwei Stellen in England gefunden wird.‹
›Ich habe davon gehörte
›Vor kurzem kaufte ich ein kleines – ein sehr kleines Anwesen zehn Meilen von Reading entfernt. Durch Glück entdeckte ich auf dem Grundstück ein Lager von weißem Bolus. Bei einer Prüfung stellte sich dann heraus, daß dieses Lager unerheblich ist, jedoch ein Bindeglied zwischen weiteren zwei Vorkommen darstellt, die viel größer sind, sich aber auf den Besitzungen der Nachbarn befinden. Die guten Leute wissen nicht im mindesten, daß in ihrem Boden etwas liegt, was so wertvoll wie Gold ist. Natürlich war ich interessiert, ihr Land zu kaufen, ehe sie seinen wirklichen Wert erkannten; aber unglücklicherweise besitze ich kein Kapital dazu. Ich zog einige Freunde ins Vertrauen, und sie schlugen vor, in aller Stille unser kleines Lager auszubeuten und auf diese Weise das Geld zusammenzubringen, das wir zum Kauf der benachbarten Felder brauchen. Das tun wir nun seit einiger Zeit, und um die Arbeit zu befördern, haben wir eine hydrauli sche Presse aufgebaut. Diese Presse, wie ich Ihnen schon erklärte, funktioniert nun nicht mehr, und wir hätten gern Ihren Rat in der Angelegenheit. Wir hüten unser Geheimnis eifersüchtig, und wenn bekannt würde, daß wir einen Ingenieur für Hydraulik in unserem kleinen Haus hatten, ginge gleich die Fragerei los, und wenn dann die Umstände herauskämen, hieße das, Abschied zu nehmen von der Chance, die angrenzenden Felder zu kaufen und unsere Pläne auszuführen. Deshalb habe ich Ihnen das Versprechen abverlangt, keiner Menschenseele zu sagen, daß Sie heute nacht nach Eyford fahren. Ich hoffe, ich habe mich verständlich
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