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Die Abenteuer des Sherlock Holmes Bd.1

Die Abenteuer des Sherlock Holmes Bd.1

Titel: Die Abenteuer des Sherlock Holmes Bd.1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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Heilung vollendet. Ich werde sowenig wie möglich von Ihrer kostbaren Zeit in Anspruch nehmen und also sofort mit dem Bericht über meine eigenartigen Erlebnisse beginnen.«
      Holmes saß in seinem großen Lehnsessel, mit schweren Lidern und dem matten Gesichtsausdruck, der seine Anspannung und Wißbegier verschleierte; ich hatte ihm gegenüber Platz genommen, und wir lauschten der seltsamen Geschichte, die der Besucher vor uns ausbreitete.
      »Sie müssen wissen«, sagte er, »daß ich eine Waise und Junggeselle bin und allein in London zur Miete wohne. Von Beruf bin ich Ingenieur für Hydraulik und habe während meiner siebenjährigen Lehrzeit bei Venner and Matheson, der bekannten Firma in Greenwich, beträchtliche Erfahrungen sammeln können. Vor zwei Jahren, als ich meine Ausbildung hinter mich gebracht hatte und nach dem Tod meines Vaters zu einer hübschen Summe Geld gekommen war, beschloß ich, mich selbständig zu machen, und mietete Geschäftsräume in der Victoria Street.
      Ich nehme an, daß jeder den Start in geschäftliche Selbständigkeit als mühsam empfindet. Ich erfuhr das besonders nachdrücklich. In zwei Jahren hatte ich drei Beratungen und bekam einen kleinen Auftrag, das war alles, was der Beruf mir eintrug. Mein Bruttoertrag belief sich auf siebenundzwanzig Pfund, zehn Schilling. Jeden Tag zwischen neun Uhr morgens und vier Uhr nachmittags saß ich in meinem kleinen Büro, bis mir der Mut sank und ich glaubte, daß ich nie ein richtiggehendes Geschäft haben würde.
      Gestern aber, als ich eben das Büro verlassen wollte, trat mein Schreiber ein und sagte, ein Herr wolle mich in einer geschäftlichen Angelegenheit sprechen. Er überreichte mir auch eine Karte, auf der stand der Name: Colonel Lysander Stark. Der Colonel selbst folgte ihm auf dem Fuß, ein mittelgroßer, aber äußerst dünner Mann, ich glaube, ich habe nie einen dünneren gesehen. Das Gesicht war nur Nase und Kinn, und die Haut spannte straff über den Backenknochen. Doch schien diese Magerkeit sein natürlicher Zustand zu sein und nicht die Folge einer Krankheit, denn sein Auge war klar, sein Schritt energisch, sein Auftreten sicher. Er war einfach, aber ordentlich gekleidet, und sein Alter, schätzte ich, lag näher an vierzig als bei dreißig.
      ›Mr. Hatherley‹, sagte er mit leichtem deutschem Akzent, ›Sie sind mir empfohlen worden als ein Mann, der nicht nur tüchtig in seinem Beruf, sondern auch diskret und in der Lage ist, ein Geheimnis bei sich zu behalten.‹
      Ich verbeugte mich und fühlte mich von der Art Anrede geschmeichelt wie jeder junge Mann. ›Dürfte ich wissen, wer mir ein so gutes Zeugnis ausgestellt hat?‹ fragte ich.
      ›Nun, vielleicht ist es besser, wenn ich Ihnen das im Augenblick nicht sage. Aus derselben Quelle weiß ich, daß Sie keine Angehörigen haben und Junggeselle sind und allein in London leben.‹
      ›Das stimmt‹, sagte ich, ›aber Sie werden meine Bemerkung entschuldigen, daß ich nicht einsehe, was dies mit meiner beruflichen Eignung zu tun hat. Ich dachte, Sie wollten mich in einer beruflichen Angelegenheit sprechen.‹
      ›So ist es auch. Aber Sie werden noch gewahr werden, daß alles, was ich sage, zur Sache gehört. Ich habe einen geschäftlichen Auftrag für Sie, aber absolute Geheimhaltung ist vonnöten – absolute Geheimhaltung, verstehen Sie? Und die können wir natürlich eher von einem Mann erwarten, der allein ist, als von einem, der am Busen seiner Familie lebt.‹
      ›Wenn ich verspreche, ein Geheimnis für mich zu behalten‹, sagte ich, ›dann können Sie sich völlig darauf verlassen.‹
      Er sah mich eindringlich an, als ich das sagte, und mir war, als sei ich noch nie einem so fragenden und mißtrauischen Blick begegnet.
      ›Sie versprechen es also‹, sagte er schließlich.
      ›Ja, ich verspreche es.‹
      ›Absolutes, völliges Schweigen, vorher, währenddem und danach? Kein Wort darüber, weder mündlich noch schriftlich!‹
      ›Ich habe Ihnen schon mein Wort gegeben.‹
      ›Sehr gut.‹ Er sprang plötzlich auf, schoß wie der Blitz durch das Zimmer und riß die Tür auf. Der Korridor war leer.
      ›In Ordnung‹, sagte er und kam zurück. ›Ich weiß, daß Schreiber manchmal neugierig sind, was die Angelegenheiten ihrer Chefs betrifft. Jetzt können wir in Sicherheit miteinander reden.‹ Er zog seinen Stuhl sehr nahe zu mir heran und musterte mich wieder mit fragenden, nachdenklichen

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