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Die Abenteuer des starken Wanja

Die Abenteuer des starken Wanja

Titel: Die Abenteuer des starken Wanja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otfried Preußler
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daher auf dem Backofen in der
Wohnstube sommers kühl zu sein; und im Winter, wenn draußen der Frost klirrte
und die Wölfe ums Dorf heulten, war es dort oben behaglich warm. Auf jeden
Fall, meinte Wanja, ließ es sich da eine Weile aushalten. Im Faulenzen war er
ohnehin Meister, Sonnenblumenkerne knackte er für sein Leben gern, und eine
Zeitlang mit niemand ein Wort zu reden, das sollte ihm auch nicht schwerfallen.
    »Woran
merke ich, wann meine Stunde gekommen ist ?« wollte er
wissen.
    »Immer
dann, wenn du einen der Säcke mit Sonnenblumenkernen leergegessen hast, mußt du
versuchen, das Dach über deines Vaters Haus mit den Armen emporzustemmen«,
antwortete der Blinde. »Schaffst du es, daß der Mond und die Sterne zu dir
hereinscheinen durch den Spalt zwischen Dach und Mauer: dann ist es soweit.
Dann, und nicht einen Tag früher, darfst du vom Ofen heruntersteigen und
aufbrechen in das ferne Land, wo die Krone wartet, die dir bestimmt ist — die
Zarenkrone .«
    Wanja
kratzte sich im Genick.
    »Und
wer sagt mir«, fragte er, »ob ich dir glauben kann ?«

    »Ob
du mir glaubst oder nicht, ist deine Sache, dazu kann dich niemand zwingen .« Der Blinde wandte ihm das Gesicht zu, als sehe er ihn mit
seinen erloschenen Augen an. »Wenn du mir aber glaubst«, fuhr er fort, »dann
bleibt mir noch eines zu sagen, ein Letztes. Der Himmel ist hoch, und das Land
mit der Zarenkrone, die auf dich wartet, liegt fern von hier; es liegt hinter
sieben Ländern und sieben Königreichen, jenseits der Weißen Berge. Präge dir
diesen Namen gut ein! — Das silberne Dreikopekenstück, das du auf der Brust
trägst, wird dir den Weg weisen .«
    Wanja
blickte den Alten betroffen an.
    Das
silberne Dreikopekenstück? Seine Mutter hatte es ihm in der Todesstunde
geschenkt. Seither trug er es ständig in einem ledernen Beutelchen auf der
Brust, zwischen Hemd und Haut. Woher wußte der Alte das?
    Wanja
wollte ihn danach fragen, es blieb ihm jedoch keine Zeit dazu. Der Alte nämlich
griff nach dem Wanderstab und stand auf. Dann hob er zum Abschied die Hand.
    »Gott
segne dich, Iwan Wassiljewitsch !«
    Auch
Wanja war aufgestanden, er senkte den Kopf. Soweit er zurückdenken konnte, war es
das erstemal, daß ihn jemand bei seinem vollen Namen genannt hatte: Iwan
Wassiljewitsch.
    Als
er aufblickte, hatte der blinde Mann sich zum Gehen gewandt. Wanja schaute ihm
nach, bis er zwischen den Birkenstämmen verschwunden war. Eine Zeitlang hörte
er noch, wie der Blinde mit seinem Wanderstab gegen die Bäume schlug: Tok —
tok-tak-tok — tok — tak.
    Dann
verlor das Geräusch sich im Wald, und es trat wieder Stille ein.
     
    A n diesem Abend fehlte der faule
Wanja beim Abendbrot. Das war ungewöhnlich, da er sonst immer als erster zur
Stelle war, wenn es zu Tisch ging. Das Tantchen konnte sich nicht erklären,
warum er so lange ausblieb.
    »Ich
hab’ ihn um Besenreiser hinausgeschickt in den Wald, das war gegen Mittag.
Hoffentlich ist ihm nichts zugestoßen .«

    »Ja
gewiß«, brummte Sascha zwischen zwei Löffeln Hirsebrei. »Er ist bei der Arbeit
eingeschlafen, der arme Junge; nun liegt er im Wald und friert .«
    Grischa
begann zu lachen, aber die Tante verwies es ihm.
    »Macht
euch nur über mich lustig !« rief sie. »Ihr werdet
schon sehen, wohin das führt !«
    »Recht
hast du, Akulina«, sagte Wassili Grigorewitsch. »Spart euch die albernen Reden,
Grischa und Sascha, der Brei wird kalt !« Schweigend
aßen sie weiter. Nun hörte man eine Zeitlang nichts als das Klappern und
Schaben der Holzlöffel und das Schlürfen der Esser. Dann aber, plötzlich,
spitzten alle erstaunt die Ohren. Was war das? Da hatte doch jemand
aufgeschnarcht! Laut und vernehmlich. So stark, daß die Fenster klirrten.
    Das
Geräusch wiederholte sich, ging in ein dumpfes, verschlafenes Grunzen über.
    »Großer
Gott !« rief die Tante, »da liegt einer auf dem
Backofen! Rasch ein Licht her!«
    Im
hinteren Teil der Wohnstube, wo der Backofen stand, war es dunkel. Grischa
holte das Lämpchen vom Nagel, das ihnen bei Tisch geleuchtet hatte. Nun sahen
sie, daß auf dem Backofen — Wanja lag! Am halben Nachmittag war er unbemerkt
aus dem Wald zurückgekommen, mit leeren Händen, versteht sich. Niemand hatte
gesehen, wie er die sieben Schafspelze auf den Ofen geschafft hatte und die
sieben Säcke voll Sonnenblumenkerne. Danach war er selbst auf den Ofen
geklettert — und nun lag er also da und blickte sie schlaftrunken an, wie sie
vor ihm standen und ihn

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