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Die Abenteuer des Tom Bombadil

Die Abenteuer des Tom Bombadil

Titel: Die Abenteuer des Tom Bombadil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R.R. Tolkien
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lief mir kalt den Rücken hinab.
    Ein bitterer Zugwind fuhr mir durchs Haar,
    ich lief davon und floh die Gefahr.
     
    Vom Hügel sprang munter ein grün-grüner Bach.
    Nach Herzenslust trank ich und wurde hellwach.
    Ich erklomm sein Bett über Stufe und Stein,
    kam in ein Traumland und drang da ein.
    Es lag im Glänze ewigen Lichts,
    von brandenden Meeren wußte es nichts.
    Wiesen breiteten sich wie Matten,
    überspielt von huschenden, leichten Schatten,
    von Blumen besät, als trügen sie Sterne,
    herabgefallen aus himmlischer Ferne;
    und ein blauer Weiher, gläsern und kühl,
    diente dem Mond als Spiegel und Pfühl.
     
    An einem trägen Flusse säumten
    Schwertlilien die Ufer, wo Erlen träumten
    und Weiden trauerten über den Spitzen
    schilfiger Speere und Binsenlitzen.
     
    Lieder drangen als Echo herauf
    aus dem Tal tief unten. Ich sah im Lauf
    schneeweiße Hasen vorüberflitzen,
    Ratten in heimlichen Höhlen sitzen,
    Stielaugenfalter schaukeln und flattern,
    Dachse vor ihren Bauen und Gattern
    staunend starren. Ich hörte Musik,
    trippelnde Füße auf grünendem Boden,
    doch wo ich hintrat, stockte mein Odem:
    Alles verstummte im Augenblick!
    Niemals schlug mir ein Gruß entgegen.
    Keiner ließ sich zu kommen bewegen.
     
    Aus schimmernden Blättern und grünem Röhricht
    knüpfte ich, unverdrossen und töricht,
    einen Mantel mir und brach einen Stab,
    dem ich zum Schmuck einen Wimpel gab,
    eine Ranke aus Gold. Mein Auge schien klar
    wie ein Stern zu sein und nahm alles wahr.
     
    Mit Blumen gekrönt stand ich königlich da,
    Herrscher des Hügels, des Lands, das ich sah.
    Und ich rief so schrill wie ein Gockel kräht:
    »Antwortet endlich und zeigt, wo ihr steht!
    Warum dieses Zaudern und Zögern? Warum
    bleibt ihr alle vor mir, eurem König, stumm?
    Hier stehe ich mit dem Schwertliliendegen,
    Rüstung aus Blattwerk zum friedlichen Segen!
    Sprecht endlich Worte und seht mich an!«
    Aber nichts geschah. Eine Wolke zog dann
    drohend und nachtschwarz zu mir herauf.
    Ich stürzte zu Boden - ich raffte mich auf
    und lief um mein Leben! Die Finsternis
    umschloß mich erstickend im nächtigen Vließ.
     
    Ich tastete mich, gebückt und krumm,
    blindlings voran und erreichte den Wald,
    einen abgestorbenen Aufenthalt,
    entblättert, reglos und abermals stumm.
    Dort hockte ich lange, ging dann verwirrt
    immer tiefer hinein, wo Eulen schnarrten
    im öden Holz, und fand mich verirrt
    als ein Narr, den andere weiter narrten.
    Ein Jahr ging hin und mehr als ein Jahr.
    Der Holzwurm tickte in allen Bäumen,
    die Spinnen spannen in Zwischenräumen
    ihr Netz, ihre Fäden durchflochten mein Haar.
     
    Endlich durchbrach ein Licht die Nacht,
    und ich sah mein Haar: Es war grau geworden,
    gekrümmt mein Rücken von quälender Wacht.
    »Zurück muß ich wieder - ans Meer! In den Norden!
    Verloren hab ich mein eigenes Ich,
    kenn nicht den Weg und muß ihn doch gehen,
    ohne die Schattenverfolger zu sehen.
    Aber ich fühl es: Sie jagen mich!«
    Ich stolperte weiter und weiter fort,
    sie lauerten fledermausgleich
    über mir und dem Weg und dem toten Ort
    und dem ganzen verfluchten Bereich.
     
    Mit dornigen Ranken schützte ich mich
    vor dem Wind, dem eisigen Wind,
    kroch tappend weiter, tastete, schlich
    ertaubten Gefühles und blind.
     
    Und eines Tages verspürte ich doch
    den Geschmack von Wasser und Salz.
    Ein Regen fiel, der nach Dünung roch,
    und ich stand am Ende des Walds!
    Schreiende, klagende Möwen flogen
    über die Klippen, wo Seehunde lagen;
    Wogen rollten in Brechern und zogen
    schäumend heran, und wurden zerschlagen.
    Winter brach ein. Ich verlor mich im Nebel,
    er schluckte mich und verschluckte die Zeit,
    drückte mir Schnee in den Mund als Knebel
    und stieß mich zurück in die Einsamkeit.
     
    Doch an der Küste lag noch mein Boot,
    gewiegt von der Flut. Da ließ ich mich fallen,
    wurde geschaukelt, getragen von allen
    Wellen, hinweg aus der Not und dem Tod!
    Möwen drängten sich eng auf den Riffen,
    wir aber drängten ins offene Meer,
    wo riesige Frachter im Sonnenlicht schiffen,
    die Segel gebläht und von Lichtfracht schwer.
     
    Wir legten zuletzt im Hafen an,
    das Wasser schwappte, der Tag zerrann
    und wandelte sich in Nacht und Schnee.
    Wabernder Vorhang verdeckte die See.
    Ringsum standen die Häuser verschlossen,
    finster und naß. In Straßen und
    Gossen troff es. Alles war menschenleer.
    Da warf ich alles von mir, was ich trug.
    Die letzten Sandkörner rieselten leise
    aus meiner Faust - keine

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