Die Abenteuer von Sherlock Holmes
Peterson, der Kommissar, ins Zimmer stürzte, hochrot und mit einem Gesicht, als sei er vor Verwunderung betäubt.
"Die Gans, Mr. Holmes! Die Gans, Sir!" stieß er hervor.
"Ja, was ist mit ihr? Ist sie ins Leben zurückgekehrt und durchs Küchenfenster davongeflogen?", Holmes brachte sich auf dem Sofa in die rechte Lage, um das aufgeregte Gesicht des Mannes besser betrachten zu können.
"Sehen Sie doch, Sir! Sehen Sie, was meine Frau im Kropf der Gans gefunden hat!"
Er streckte die Hand flach aus und hielt uns einen blitzenden blauen Stein entgegen, etwas kleiner als eine Bohne, aber von solcher Reinheit und solchem Glanz, daß er in der dunklen Mulde der Hand wie ein elektrischer Funke sprühte. Holmes erhob sich mit einem Pfiff in sitzende Stellung. "Beim Zeus, Peterson", sagte er, "das ist wirklich ein Schatzfund! Ich nehme an, Sie wissen, was Sie da haben?"
"Einen Diamanten, Sir! Einen wertvollen Stein! Er hat Glas geschnitten wie Kitt."
"Das ist mehr als ein wertvoller Stein. Es ist der wertvolle Stein."
"Doch nicht der blaue Karfunkel der Countess of Morcar?" stieß ich hervor.
"Genau der. Ich kenne seine Größe und seine Form, da ich doch in den letzten Tagen immer wieder die Suchanzeige in der ›Times‹
gelesen habe. Er ist absolut einmalig, sein Wert läßt sich nur schätzen und die Belohnung von eintausend Pfund macht bestimmt nur den zwanzigsten Teil des Marktpreises aus."
"Eintausend Pfund! Heiliger Strohsack!" Der Kommissar ließ sich in einen Sessel plumpsen und starrte uns abwechselnd an.
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"Das ist die Belohnung, aber ich habe Grund zu der Annahme, daß sentimentale Erwägungen der Countess dazu bewegen könnten, sich von der Hälfte ihres Vermögens zu trennen, wenn sie nur das Kleinod wiederbekommt."
"Wenn ich mich recht erinnere, ging es im Hotel ›Cosmopolitan‹
verloren", bemerkte ich.
"Genau, am 22. Dezember, vor fünf Tagen. John Homer, ein Klempner, wurde beschuldigt, es aus der Schmuckkassette der Dame entwendet zu haben. Der Verdacht gegen ihn war so stark, daß der Fall ans Schwurgericht verwiesen worden ist. Ich glaube, hier habe ich einen Bericht über die Angelegenheit." Er wühlte in den Zeitungen, überflog die Erscheinungsdaten, zog schließlich eine heraus, schlug sie auf und las den folgenden Artikel vor:
"Juwelenraub im Hotel ›Cosmopolitan‹.
John Horner, 26, Klempner, wurde angeklagt, am 22. d, M. aus der Schmuckschatulle der Countess of Morcar einen wertvollen
Diamanten entwendet zu haben, bekannt unter der Bezeichnung "der blaue Karfunkel". James Ryder, der Hotelverwalter, gab zu Protokoll, daß er Homer am Tag des Diebstahls in das Ankleidezimmer der Countess of Morcar geschickt habe, damit er die zweite Stange am Kamingitter, die sich gelöst hatte, löten sollte. Eine kurze Zeit blieb er bei Horner, wurde aber dann abberufen. Als er wiederkam, entdeckte er, daß Horner verschwunden und der Sekretär aufgebrochen war und daß das kleine Kästchen aus Saffianleder, in dem, wie sich später herausstellte, die Countess ihren Schmuck aufzubewahren pflegte, leer auf dem Toilettentisch lag. Ryder schlug sofort Alarm, und Horner wurde noch am selben Abend verhaftet, aber der Stein konnte nicht gefunden werden, weder bei einer Leibesvisitation noch in seiner Wohnung. Catherine Cusack, die Zofe der Countess, erklärte, Ryders bestürzten Ausruf bei der Entdeckung des Diebstahls gehört zu haben und in das Zimmer gestürzt zu sein, wo sie alles so vorfand, wie der Zeuge es beschrieben hat. Inspektor Bradstreet von der Abteilung B
von Scotland Yard sagte über die Verhaftung, Horner habe sich wild gewehrt und seine Unschuld auf das bestimmteste beteuert. Da der Gefangene früher schon einmal wegen Diebstahls verurteilt worden ist, lehnte der Polizeirichter ein summarisches Verfahren ab und verwies den Fall ans Schwurgericht. Horner, der während der Verhandlung starke emotionale Beteiligung gezeigt hatte, wurde über dem Beschluß ohnmächtig und mußte aus dem Gerichtssaal getragen werden."
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"Hm! Soviel also zu der Verhandlung vor dem Polizeigericht", sagte Holmes nachdenklich und warf die Zeitung beiseite. "Für uns steht die Frage, die Abfolge der Ereignisse zu klären, an deren einem Ende eine ausgeraubte Schmuckschatulle und an deren anderem Ende der Kropf einer Gans in der Tottenham Court Road steht. Sie sehen, Watson, unsere netten kleinen Deduktionen erscheinen plötzlich unter einem viel wichtigeren und weniger harmlosen
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