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Die Abschaffung der Arten

Die Abschaffung der Arten

Titel: Die Abschaffung der Arten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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hoch.
    »Na ja öhm weil hier zuwenig lebt und weil wir deshalb eben zusehen müssen, wie wir unverbessert über die Runden kommen.«
    »Richtig«, der Vasch neigte den Kopf ein wenig nach vorn, schmatzte und sagte: »Es ist eine Frage der vorhandenen Biomasse und des allgemeinen Reichtums – die Gente lebten damals in einer Ökotektur ohne Mangel, sie hatten eine selbstkorrigierende Homöostase erreicht. Deshalb, weil das, na sagen wir, ein erstrebenswerter Zustand ist, wollen wir beide, du und ich, uns die Evolution und ihre Gesetzmäßigkeiten noch einmal zusammen anschauen.«
    Er aktivierte ein paar lichtbelebte Oberflächen und stellte dazu zwei hologrammatische Würfel in die Mitte des Raumes, die bald tanzende Konfigurationen zeigten, um seine Worte in Bewegung auszudeuten.
    Den Anfang machten Blasen, Sphären, Eier: »Chemisch aktive, räumlich abgeschlossene Einheiten, deren interne und den Verkehr mit der Umwelt betreffende Vorgänge von genetischer Information gesteuert werden«, sagte Wempes.
    »Klar: Zellen«, sagte Feuer.
    »Die Evolutionstheorie der Langeweile, die Evolutionstheorie der Menschen also«, sagte der Vasch und genoß blinzelnd die Mehrdeutigkeit der beiden Genitive, »ging zunächst von der falschen Seite an die Sache heran: von oben nach unten – sie fingen mit den hohen Taxa an, mit den Verteilungskämpfen im Ringen um Reproduktionserfolge, mit den Spezies, dem Agonalen, der Kontingenz der Konkurrenz. Wo diese Denkvoraussetzungen einmal gegeben waren, mußten die Menschen natürlich zu dem Schluß gelangen, daß sich die Entwicklung der Arten zwar entlang einer Achse zunehmender Komplexität vollzogen habe, daß diese Richtung, dieser Zuwachs aber weder universal noch unvermeidlich gewesen sei. Im Hinblick auf die Diversität der Arten«, Lichtpfeile zischten zwischen den Modellen hin und her, Stammbäume wurden skizziert und wieder verwischt, »war das durchaus richtig, aber auf der Ebene, um die es eigentlich hätte gehen sollen, wäre eben doch eine innere Notwendigkeit des ganzen Ablaufs zu erkennen gewesen, die nichts mit romantischen Vorstellungen von Vorsehung oder Orthogenese zu tun hat. Ansätze dazu, dies zu begreifen, gab es zwar schon während der Endphase der Langeweile – man studierte das genetische Material, das war die Genomik, und die Proteine, in der Proteomik, und die Substrate der metabolischen Pfade, in der Metabolomik. Aber erst die Gente haben sich der Sache richtig herum genähert: von den chemischen Systemen selbst her, den molekularen Komponenten in ihrer Gesamtauffächerung. Struktur, Thermodynamik, Kinetik. Über das Leben nachdenken als Chemiker, nicht als Hundezüchter. Die Form kommt nicht nur von den geordneten Strukturen, die den Menschen schon beim Zeichnen und Malen auffielen, sie kommt auch von den Beschränkungen dynamischer Flüsse, von der Organisation. Die Abfolge der Artentstehungen war keine beliebige Sukzession von ... sagen wir: anekdotischen Organismen. Die Sauerstoffanreicherung, die Oxidation der Biosphäre – daraus vielmehr folgte geradezu deterministisch alles, was die lebendigen Chemotypen waren, was sie sind, bis zum heutigen Tag, auf inzwischen drei uns bekannten Welten. Der Prozeß der Evolution, ungeachtet aller Zufallsvariationen auf Speziesebene, verläuft gerichtet, nämlich logisch eingebettet im chemischen Gesamtsystem so einer Welt – das ganze Ökosystem, alle Ökotekturen, sind von Energiedegradationen angetrieben, die eine definitive Richtung haben. Der Sauerstoffgehalt nimmt zu – erst kommen die anaeroben, dann die aeroben Prokaryoten, dann die Eukaryoten, dann die ersten interessanten multizellularen Organismen, dann die Tiere, dann die Menschen, dann die Gente, die Keramikaner ... Zwei Milliarden Jahre vor dem Ende der Naturgeschichte, das, wie du weißt, von der Geburt der Gente markiert wird, legten die Bakterien den ersten revolutionären Schalter des irdischen Mechanismus um, als sie Sauerstoff ausschieden und damit eine Veränderung in der Verfügbarkeit gewisser Elemente auslösten. Solche Umwälzungen sind das Entscheidende – nicht irgendein imaginärer Gleichgewichtszustand, den die Menschen ›Gaia‹ nannten. Es gibt die große Wabbelwahrheit nicht, in der sich alle wohlfühlen können.«
    Es wurde kühler im Raum; die Leuchtverbindungen zogen sich zusammen zu einem Punkt, der einmal hell aufflammte, dann verschwand.
4. Die ganz Dummen
    Die Freunde mit Fell brachten Feuer bei, wie man schneller lief,

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