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Die Abschaffung der Arten

Die Abschaffung der Arten

Titel: Die Abschaffung der Arten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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immer wieder Strom von unten in euch. Und die Luft trägt Erreger und andere Stoffe, die eure Atemwege irritieren – also, wer am experimentum teilnehmen muß, durch Geburtszufall, nicht wahr, ihr ... werdet ständig mit Vorsatz gereizt. So ist das. Hier könnte ... hier müßte man ansetzen, wenn einem dran gelegen wäre, den Echsen ... die Zähn ... ja, und dann, also langfristig wäre dann das Genetische ... auch da wird immer wieder ... Und über Nahrung – ihr kauft ja Ergänzungs ... ihr kauft ja ... Beilagen zu euren Schlachtfesten bei den Nashornkühen draußen, richtig?«
    »Weil die Zeit haben für den Ackerbau, auf ihren Streifen, klar«, sagte Padmasambhava und kam sich sehr dumm vor, als er ihr bestätigte, was sie bereits befürchtete: »Die Schwestern sind, na ja, nicht direkt unter Vertrag, aber wir geben ihnen Dünger und helfen ihnen mit Kunstsonnen aus und ... dafür stellen sie sicher, daß die Früchte, das Gemüse, alles, was die Echsen bei ihnen erwerben, immer wieder den Nachschliff eures Stoffwechsels besorgt, falls einmal zu viele kooperative Verhaltensweisen ... Die Keimzellen werden auf komplizierten biochemischen Wegen ...«
    »Danke, das reicht.« Padmasambhava lehnte sich an ein Bibliotheksregal und zog einen furchtbaren Flunsch.
    Sankt Oswald grunzte, dann wurde er unerwartet sarkastisch: »Ach, das reicht dir schon, ja? Und die Erdstöße, glaubst du, die sind naturgegeben?« Seine neue Schülerin machte große Augen: »Du meinst ... es gab natürlich immer mal wieder Beben, meistens wenn ...«
    »Wenn die Fronten zu übersichtlich wurden, nicht wahr?« Er zog die Brauen hoch. Es wäre komisch gewesen, wenn seine Stimme nicht diesen finsteren Unterton gehabt hätte: »Das haben sie vom alten Hebräergott, der hat auch sofort die Sprache verwirrt, damit nur ja keine dauerhaften Koalitionen zustande kommen, die sein Herrschaftswissen gefährden – kaum rotten sie sich zusammen und wollen einen Turm bauen, um mal bei ihm nachzugucken, über den Wolken, schon setzt es was ... Sobald ihr Anstalten macht, euer Leben, such as it is «, er liebte die uralten Sprachen, »selbst zu regulieren, sobald ihr seßhaft zu werden droht, eine Siedlung gründet, Waffenstillstände aushandelt, werdet ihr aufgeschüttelt. Das verfängt, das bleibt im Gedächtnis haften, und früher oder später bildet sich sogar eine Tradition heraus, die ...«
    Padmasambhava wußte nur zu genau, was er meinte. Städte gründen, Anlagen bauen: Das empfand ihresgleichen als schwere Sünde. Und wenn sie sich jetzt fragte, ob bei allem, was ihr das Buch des Lebens früher auf Nachfrage über die Tiefengeologie des Mars verraten hatte, überhaupt wahrscheinlich schien, daß häufige Verschiebungen der Kruste vorkamen, so mußte sie zugeben, daß dem nicht so war. Es war immer nur eine Suggestion im virtuellen Auskunftsraum gestanden, als gäbe es da nicht näher zu bestimmende Analogien zur Plattentektonik der Erde. »Also das ... das ist perfide. Wirklich.«

    Sankt Oswald gab ihr recht: Er schüttelte sich, als wollte er giftigen Staub loswerden, und sagte: »Eben, meine Rede. Diese Verschwendung! Arbeitsstunden, Rechenzeit, das Einziehen der Stoß- und Schockgitter unter dem Marsmantel, und für was? Für eine Nagelprobe auf die Theorie von der Kampfeslust als Evolutionsbeschleuniger. Pfft. Was soll der Dreck? Schlag's in deinem Buch des Lebens nach, das ist nichts weiter als, wie sie in der Vorgeschichte gesagt hätten, Futurismo. Mafarka. Marinetti.«
    Die Gliederpuppe sagte das so – »dein Buch« –, als wäre diese Quelle trübe; jedenfalls nicht mit dem Respekt, den Padmasambhava erwartete. Allerdings war ihr Glaube an die Allwissenheit des Buches ohnehin erschüttert. Denn ihr Asylgewährer hatte ihr mittlerweile so viel fehlende Information aus seiner Spintronik in ihre überspielt, Dinge, die sie zwar nie vermißt hatte, die aber viel erklärten, daß sie das Buch inzwischen fast als Sammelsurium von Halbwahrheiten empfand. Besonders bestürzend war, daß sie nicht mehr verstand, daß ihr der ganze Zusammenhang nicht viel früher aufgefallen war: Wie konnte mich das nicht interessieren, wie diese Welt zu ihrer Atemluft gekommen ist, warum sie in den letzten tausend Jahren zusehends bewohnbarer wurde, was für Sperren, was für Blockaden, welche Zensureinrichtungen haben mich daran gehindert, herauszufinden, daß das Buch nichts gewußt hat übers Ausstreuen des dunklen Staubs, der das Sonnenlicht bei sich

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