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Die Abschaffung der Arten

Die Abschaffung der Arten

Titel: Die Abschaffung der Arten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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Selbstbestrafung, an dieser Liebschaft festzuhalten, jetzt, da Lasara entdeckt war? Dmitri Stepanowitsch hätte knurren mögen, wenn ihn das nicht zu sehr an den alten Wolf erinnert hätte, der er nicht länger sein mochte.

    Streitigkeiten: »Und du findest den gut, den Schmieraffen? Mit seinem Gekrakel, als wär's von Menschenhand? Na in drei Gottes Namen ...«, dieser Tonfall, woher kam das Meckernde auf einmal, das Kieksen, die vollendete Anzüglichkeit in Lasaras Rede? Und warum? Nur weil Dmitri ab und zu den Affen Stanz besuchte, weil er Bilder bei ihm kaufte, als Geldanlagen und aus neuer Neigung zur Kunst?
    Die Bilder kamen in ein Lagerhaus unterhalb der westlichen Stützstreben des Benzolrings, eine feste Adresse hatte Dmitri schließlich nirgends auf der Welt.
    Das Lynxchen: Jetzt, da er wußte, daß es einmal ein Löwenjunges gewesen war, fand er's vor allem vorlaut und verzogen. Es war alles da, was ihm die bessere Gesellschaft der drei Städte schon immer widerlich gemacht hatte – die witzig gemeinten kleinen Phrasen: »und übrigenstens«, »hol's der Dachs«, die fehlerhaften Redewendungen (»in drei Gottes Namen«, sie glaubte wohl wirklich, daß das so hieß; sehr oft kollidierten Wendungen aus der Langeweile bei ihr zu Malapropismen), auch die blöde Manier des Dauerwiderspruchs: Kein Gespräch, dachte Dmitri entnervt, darf bei diesen Gente der besseren Herkunft je klären, was man voneinander will, keins darf Einigkeit herstellen wollen, um zum Handeln überzuleiten, jedes muß in der unernst indirekten, passiv aggressiven Kritik von etwas nicht einmal Ausgesprochenem, in der immer neuern Erwiderung auf eine Erwiderung sich erschöpfen, ein Zeugnis der Emanzipation von allen irgend nachvollziehbaren Absichten.
    »Nein, weißt du, Schatz, ich finde ...«, das war hundertmal mehr von oben herab gesagt, als wenn der Löwe ihn »Wölfchen« nannte. Schlechter Tanz: Zwei führen, niemand folgt, indem eins dem andern sofort, wenn dieses einen Schritt gemacht hat, auf die Pfoten tappt.

    Dmitri sah dem Affen zu, wie der eine Kohlezeichnung fertigte: Erst wurden die schweren Massen per Schatten erschaffen. Dann entstand Schicht um Schicht, per weißer Höhung, die Genauigkeit und Präsenz eines Leibs. So, wie der arbeitet, dachte der Wolf, müßte man leben.

    Er machte sich bereit zum Aufbruch; Dmitri war jetzt dankbar für die Mission.
    »Also es dient dir als Vermögensspeicher«, spöttelte Clea Dora, die enttarnte Lasara. »Das Affengeschmier da.«
    »So was brauchst du nicht, ich weiß. Dein Reichtum ist, daß du geboren wurdest.«
    »Werd nicht so«, zog sie ihn auf, fast vorsichtig jetzt.
    Diese Vorsicht kam zu spät.
    Er wandte sich ab, sah aus dem Fenster ins Weite, wo es Arbeit für ihn gab.
    Der Affe fuhr fort mit dem Malen, als wären sein Sammler und dessen vornehme Freundin gar nicht bei ihm.

    Dann wieder wußte sie so vieles, was Dmitri auch wissen wollte, daß er einfach nicht von ihr lassen konnte – aus der Geschichte und der Vorgeschichte vor allem, aus der Langeweile. Die letzte Schlacht etwa, in der die Menschen noch organisierten Widerstand geleistet hatten, konnte sie beschreiben, als ob sie dabei gewesen wäre – die steinernen Riesen, als welche die Menschen, gerüstet mit großen grauen Körperpanzern (»das Modell hieß ›Mann og kvinne‹, es hätte sie sogar auf dem Ground Zero einer Nuklearexplosion geschützt«), in einer Gegend namens »Vigeland« herumgestampft waren, Dachse getötet hatten und Festungen errichtet, schilderte sie so lebhaft, daß er sie beinah sehen konnte, daß er den Geruch von Öl und Feuer wahrnahm, den ganzen volatilen Gemischdampf, den der Boden von Vigeland ausgedünstet hatte, bevor die Perrhobakter aus Izquierdas Laboratorien jene schweren Rüstungen dann geknackt hatten.
    Sehr mochte er auch die Literatur, die sie ihm rezitierte, die er in ihren Blicken aus ihrem Kopf herauslesen durfte, »lectorem delectando pariterque monendo«, Dichtungen der Überwundenen, »therfore do you my rimes keep better measure, And seeke to please, that now is counted wisemens threasure«, und wie sie ihm vorsang vom Rosenroman, von Ferrante Pallavicino, von Ezra Pound, von Guido Cavalcanti, von Liane de Pougy, von Jiji Zhenjing, von »the secret transmissions state that by using one human being to supplement another, one naturally obtains the true essence«, von Al-Tifashi, von Zoé Valdés, von Ernest Dowson, Maxime Du Camp, Rainer Maria Gerhardt, den kleinen

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