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Die Abtei von Wyldcliffe - Die Schwestern der Dunkelheit

Die Abtei von Wyldcliffe - Die Schwestern der Dunkelheit

Titel: Die Abtei von Wyldcliffe - Die Schwestern der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Shields
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dann auf. Sarah nickte mir zu als Zeichen, dass ich es ihr gleichtun sollte. Die Lehrerin mit dem schmalen Gesicht sprach ein langes Gebet. Nachdem die Mädchen alle pflichtbewusst »Amen« gesagt hatten, strömten sie aus dem Zimmer. Ich folgte ihnen in der Hoffnung, dass Sarah mir zeigen würde, wohin ich gehen musste. Als ich gerade die Tür erreicht hatte, hielt mich eine scharfe Stimme zurück.
      »Evie Johnson!«
      Ich drehte mich um. Die Lehrerin, die das Gebet gesprochen hatte, winkte mich zu sich. Ihre schwarze Lehrerinnentracht hing ihr locker um die schmalen Schultern, was ihr das Aussehen einer strengen Nonne verlieh, die nur zu bereit dazu war, auch den kleinsten Mangel an Disziplin zu ahnden, wenn sie ihn bei einem anderen wahrnahm.
      »Ähm … was ist … Miss … äh …?«, fragte ich.
      »Mein Name ist Miss Scratton«, antwortete sie. »Und ich bin für die Mädchen der höheren Klassen zuständig. Ich möchte dich mit jemandem bekannt machen. Helen!«
      Ich schaute mich um und sah, dass ein großes, blondes Mädchen auf der anderen Seite des Speisesaals damit beschäftigt war, kleine Kaffeetassen auf Tabletts zu stellen. Als sie Miss Scratton rufen hörte, kam sie zögernd zu uns.
      »Helen ist unsere andere Stipendiatin«, erklärte Miss Scratton. »Sie ist seit einem Jahr in Wyldcliffe. Ihr seid in der gleichen Klasse und schlaft im gleichen Schlafsaal.«
      »Hallo«, sagte ich, aber Helen antwortete nicht.
      »Vielleicht hat man es dir noch nicht gesagt, Evie, aber von denjenigen, die aufgrund eines Stipendiums hier sind, wird erwartet, dass sie kleine Pflichten ?bernehmen. Auf diese Weise zeigen sie der Schule gegen?ber ihre Dankbarkeit und Ergebenheit. Du wirst Helen dabei helfen, nach dem Essen die Kaffeetabletts f?r die Lehrerinnen herzurichten, nach der Messe die Gesangb?cher wieder einzusammeln und ?hnliches mehr. Helen wird es dir zeigen. ?
      Ich sah sie überrascht an. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass ich hier arbeiten musste. Kein Wunder, dass die Mädchen gelacht hatten. Eine verrückte Sekunde lang war ich drauf und dran zu sagen: Steckt euch das Stipendium sonstwohin und dann einfach wegzugehen. Aber es gab niemanden, der zu Hause auf mich wartete – kein Dad, keine Frankie, kein Heim. Nichts als das tiefe, blaue Meer.
      »Also schön«, sagte ich schließlich. »Klar doch. Kein Problem.«
      »Hervorragend«, sagte Miss Scratton spröde. »Sobald du hier fertig bist, gehst du ins Bett, denn am Sonntagabend läutet die Glocke früh. Also fang an zu arbeiten, Evie, und sieh zu, dass du es gut machst. In Wyldcliffe ist kein Platz für Faulenzer.«
      Und mit wehendem schwarzen Kleid rauschte Miss Scratton aus dem Zimmer.
      Ich sah Helen an. Ihre Haare waren so hell, dass sie fast silberweiß waren, und ihre Gesichtszüge waren weich, die Augen klar und licht. Sie wirkte zart und zerbrechlich, als könnte schon ein starker Windstoß sie umpusten, aber ihre Miene war bedrückt und mürrisch. Vielleicht war sie auch einfach nur schüchtern, dachte ich. Zumindest saßen wir im gleichen Boot ? vielleicht konnten wir Freundinnen werden. ?Danke, dass du mir hilfst, Helen.? Ich l?chelte. ?Was soll ich tun??
      Sie lächelte nicht zurück. »Stell die Tassen auf die Tabletts. Die Lehrerinnen holen sie sich dann später. Du brauchst Löffel, Sahne und Zucker. Und zerbrich bloß nichts.« Ihre Stimme klang tief und rau, als wäre sie nicht daran gewöhnt, viel zu sprechen.
      »Also, ich schlafe im gleichen Schlafsaal wie du«, sagte ich. »Das ist großartig.«
      Schweigen.
      Ich versuchte es erneut. »Glaubst du nicht, dass diese Art von Pflichterfüllung ein bisschen zu viel des Guten ist?«, witzelte ich und brachte die Tassen und Untertassen auf meinem Tablett unvorsichtigerweise zum Klimpern. »Du weißt schon, wie bei Aschenputtel, nur dass wir etwa zweihundert hässliche Stiefschwestern haben. Was erwarten die sonst noch von uns? Dass wir im Keller schlafen? «
      »Ich wünschte, es wäre so«, sagte Helen mit unerwarteter Wut. »Das wäre immerhin besser als …« Sie warf mir einen seltsamen Blick zu. Lag darin Sympathie – oder Mitleid? Aber als sie weitersprach, klang ihre Stimme ausdruckslos. »So lauten die Regeln. Richte dich einfach nach ihnen.«
      Ich seufzte. Wahrscheinlich würde ich in den nächsten Tagen noch so einiges über die Regeln hören. Nach einiger Zeit waren wir fertig mit dem Kaffeegeschirr, und Helen verließ eilig den

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