Die Achtsamkeits-Revolution
das durch das Kultivieren einer fokussier- ten, einer wachen, konzentrierten, scharf und fein eingestellten Achtsamkeit erreicht wird; sein Stamm ist die Weisheit, die durch das Kultivieren der kontemplativen Einsicht erlangt wird. Das ist ein radikal anderer Ansatz, als ihn die moderne Wissenschaft pflegt. Deren Ansatz gilt als wertfrei und von empirischen Daten beflügelt, die mit technologischen Instrumenten gesammelt und mit mathematischer Vernunft analysiert werden. Die Naturwissenschaften (darunter die Physik, Chemie und Biologie) haben uns mit Wissen über die äußere Welt versorgt, haben der Menschheit den Vorteil verbesserter körperlicher Gesundheit und vermehrter Vergnügungen beschert, während sie mit technologischen Mitteln die ernormen Potenziale von Materie und Energie anzapft. Die buddhistische kontemplative Wissenschaft hingegen erbringt tiefe Einsichten in die Natur des Bewusstseins, die denen, die sie praktizieren, mit gesteigerter mentaler Gesundheit und echtem Glück zugute kommen, indem sie den Zugang zu den kreativen Potenzialen des Bewusstseins eröffnen.
Jeder dieser Ansätze weist seine eigenen Stärken und Schwächen auf und gemeinsam scheinen sie sich eher zu ergänzen als miteinan-
der unvereinbar zu sein. Während insbesondere bei den Kognitions- wissenschaften große Fortschritte in der präzisen Beobachtung durch dritte Personen in Bezug auf die Wechselbeziehungen zwischen Bewusstseinszuständen und mentalen Aktivitäten und den Vorgängen auf der Verhaltens- und neuralen Ebene erzielt wurden, leistet die buddhistische kontemplative Wissenschaft Uberragendes in der direkten Beobachtung mentaler Phänomene aus erster Hand. Der buddhistische Ansatz stellt mit seiner dreifaltigen Methode von Ethik, Shamatha und Vipashyana präzise Mittel und Wege zur Verfügung, um Aspekte der Ursprünge, Natur und Potenziale des Bewusstseins zu untersuchen und zu erforschen, die sich der wissenschaftlichen Erforschung größtenteils entzogen.
Mit der hoch verfeinerten und konzentrierten Achtsamkeitsfähigkeit, die sich durch die Shamatha-Praxis kultivieren lässt, kann man verschiedene Arten von außersinnlicher Wahrnehmung und andere paranormale Fähigkeiten erlangen. Zwar sprechen buddhistische Meister die Warnung aus, dass man durch das Streben nach paranormalen Fähigkeiten vom zentralen Bemühen um die Reinigung und Läuterung des Geistes sehr leicht abgebracht werden kann, doch lassen sich andererseits derartige Fähigkeiten, wenn sie mit Weisheit und Nächstenliebe genutzt werden, sehr gut zum Wohle anderer einsetzen. Atisha gibt dazu folgenden Kommentar ab:
So, wie ein Vogel mit unentwickelten Flügeln Nicht am Himmel fliegen kann, vermag, Wer die Kraft außersinnlicher Wahrnehmung nicht hat, Nicht für das Wohl von Lebewesen arbeiten.
Das von einem mit außersinnlicher Wahrnehmung An einem einzigen Tag errungene Verdienst, Kann von einem ohne außersinnliche Wahrnehmung Nicht einmal in hundert Leben errungen werden...
Ohne die Erlangung von Shamatha Wird die außersinnliche Wahrnehmung nicht entstehen. Deshalb bemühe dich immer und immer wieder Um das Erreichen von Shamatha. 114
Der Erste Panchen Lama äußerte sich zur Bedeutung von Shamatha im Zusammenhang mit dem Erlangen solcher Fähigkeiten folgendermaßen:
Infolge einer solchen Praxis ist die Natur des meditativen Gleichgewichts durchscheinend, sehr klar und durch nichts verschleiert. Da es nicht als irgendeine mit Form versehene Wesenheit erzeugt wird, ist es leer wie der weite offene Raum an sich. Darüber hinaus nimmt es, was immer an guten und schlechten Objekten der fünf Sinne auftaucht, klar und durchscheinend jegliche Erscheinung an so wie Spiegelungen in einem klaren Spiegel. Du hast das Gefühl, dass es nicht als dies oder das seiend erkannt werden kann. Wie stabil ein solcher Samadhizustand auch immer sein mag, wenn er nicht von der Freude körperlicher und geistiger Geschmeidigkeit und Gefügigkeit durchdrungen ist, handelt es sich um einspitzig gerichtete Achtsamkeit im Begierdebereich, wohingegen man einen solchermaßen durchdrungenen Samadhi Shamatha nennt. Dieser ist die Quelle vieler Qualitäten wie zum Beispiel außersinnliche Wahrnehmung und paranormale Fähigkeiten. 115
Buddhistische Quellen führen gemeinhin fünf weltliche Arten von außersinnlichen Wahrnehmung auf:
Fern Wahrnehmung oder Hellsichtigkeit
Hellhören
Gedankenlesen
Paranormale Fälligkeiten wie etwa das Ausüben geistiger Kontrolle
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