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Die Adlon - Verschwoerung

Die Adlon - Verschwoerung

Titel: Die Adlon - Verschwoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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ist. Sie werden vielleicht gehört haben, dass das Konzentrationslager in Oranienburg kürzlich geschlossen wurde. Und dass der Führer am siebten August dieses Jahres eine Amnestie unterschrieben hat, die sämtliche politischen Gefangenen betrifft. Was durchaus vernünftig ist angesichts der Tatsache, dass inzwischen so gut wie jeder in unserem Land seine Führerschaft anerkennt. Wir sind guter Hoffnung, Herr Gunther, dass in gegebener Zeit sämtliche Konzentrationslager aufgelöst werden, wie schon Oranienburg. Nichtsdestotrotz könnte es irgendwann in Zukunft erforderlich werden - beispielsweise, wenn die Sicherheit des Staates gefährdet ist -, jeden Unterzeichner eines D-Elf-Vordrucks zu inhaftieren, ohne dass dieser die Möglichkeit erhält, die Justiz anzurufen.»
    «Ja, ich kann mir gut vorstellen, dass das dem Führer gelegen kommen könnte.»
    «Sehr gut, sehr gut. Damit wären wir wieder beim Formular.»
    «Vielleicht, wenn ich den Grund erfahren dürfte, warum Sie das Gefühl haben, dass ich mein gutes Benehmen gelobigen muss ...», sagte ich. «Vielleicht wäre ich dann eher geneigt, diesen Vordruck zu unterschreiben.»
    Von Helldorf runzelte die Stirn und bedachte die drei Männer, die mich vom Adlon hierhergebracht hatten, mit einem strengen Blick. «Soll das heißen, Sie haben ihm nicht gesagt, warum er hergebracht wurde?»
    Der Typ im Ledermantel schüttelte den Kopf. Er hatte den Hut inzwischen abgesetzt, und ich konnte ihn genauer in Augenschein nehmen. Er erinnerte mich an einen Gorilla. «Mir wurde lediglich gesagt, Herr General, dass wir ihn aufgreifen und unverzüglich zu Ihnen bringen sollten.»
    Von Helldorf klapperte verärgert mit dem Würfelbecher. «Muss ich denn wirklich alles selbst machen? Also schön, Herr Gunther.» Er setzte sich in meine Richtung in Bewegung.
    Während ich auf sein Eintreffen wartete, blickte ich mich im Zimmer um. Es sah aus wie für den Prinzen von Ruritanien hergerichtet. An einer Wand hing ein Satz Säbel und Floretts. Darunter ein breites Sideboard, auf dem ein Radio so groß wie ein Grabstein thronte sowie ein silbernes Tablett mit mehr Flaschen und Karaffen als in der Cocktailbar des Adlon. Ein zweiflügeliger Sekretär stand voll mit ledergebundenen Folianten, von denen nicht wenige Gesetzestexte waren oder Verfahrensvorschriften; ich erkannte außerdem deutsche Klassiker wie Zane Grey, P. C. Wren, Booth Tarkington oder Anita Loos. Polizeiarbeit sah hier so entspannt und komfortabel aus wie sonst nirgendwo.
    Von Helldorf zog einen der schweren Stühle zu sich heran, nahm mir gegenüber Platz und lehnte sich gegen eine geschnitzte Rückenlehne mit feinerem Maßwerk als ein Fenster in einer gotischen Kathedrale. Dann legte er die Hände auf den Tisch, als wollte er Klavier spielen. Ob es nun so war oder nicht, er hatte meine Aufmerksamkeit.
    «Wie Sie vermutlich wissen, gehöre ich zum deutschen Olympischen Organisationskomitee», sagte er. «Meine Aufgabe besteht darin, für die Sicherheit nicht nur all der Menschen zu sorgen, die 1936 nach Berlin kommen werden, sondern auch die Sicherheit all derer, die dafür Sorge tragen, dass alles rechtzeitig fertig wird. Es gibt mehrere hundert Unternehmer, was sehr schnell zu einem logistischen Albtraum werden kann, wenn ein knapper Terminplan einzuhalten ist. Angesichts der Tatsache, dass uns weniger als zwei Jahre bleiben, um die Gebäude fertigzustellen, glaube ich nicht, dass irgendjemand überrascht wäre, wenn hin und wieder Fehler passieren oder Standards nicht eingehalten werden. Nichtsdestotrotz ist es peinlich für unsere Vertragsunternehmer, wenn sie trotz all ihrer Mühen und obwohl sie ihr Bestes geben, zum Gegenstand der Neugier von Elementen werden, denen die rechte Begeisterung für das olympische Projekt abzugehen scheint, das alle anderen so beseelt. Man könnte in der Tat argumentieren, dass sich einige dieser Subjekte auf eine Weise verhalten, die sich ohne weiteres als unpatriotisch und undeutsch bezeichnen lässt. Verstehen Sie, worauf ich hinauswill?»
    «Ja», sagte ich. «Nebenbei, Herr General, ist es gestattet zu rauchen?»
    Er nickte, und ich schob mir eine Zigarette zwischen die Lippen und zündete sie rasch an, während ich von Helldorfs Talent für Tiefstapelei bewunderte. Ich würde nicht den Fehler machen, ihn zu unterschätzen. Unter den Samthandschuhen war, dessen war ich sicher, eine mächtige Faust, und selbst wenn der General mich nicht persönlich damit schlagen würde, gab es

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