Die Adlon - Verschwoerung
stellte mir mit nasaler, merkwürdig hoher Stimme, die mich unter anderen, weniger gefährlichen Umständen sicher zum Grinsen gebracht hätte, eine Reihe von Fragen. Wenige Minuten später durfte ich zu meinem Wagen zurückkehren und die Fahrt nach Vedado fortsetzen.
Ich führ einen halben Kilometer weiter, bevor ich bei einem kleinen Straßencafe hielt und den Besitzer fragte, ob ich sein Telefon benutzen dürfe. Ich wollte in der Finca La Vigia anrufen und Noreen - und ganz besonders Alfredo Lopez - vor der Straßensperre des Militärs warnen. Es war nicht so, dass ich den jungen Anwalt besonders sympathisch gefunden hätte. Ich hatte ohnehin noch keinen Anwalt kennengelernt, der mir sympathisch gewesen war. Doch ich dachte auch nicht, dass er eine Kugel in den Kopf verdient hatte - was ihm mit ziemlicher Sicherheit blühte, falls das Militär diese Hefte und die Pistole bei ihm fand. Niemand hatte ein solch schmachvolles Schicksal verdient. Nicht einmal die Mitglieder des nkwd.
Der Besitzer des Cafes war kahlköpfig und glatt rasiert. Er hatte dicke Lippen und eine gebrochene Nase, und er erklärte mir, dass das Telefon schon seit Tagen außer Betrieb wäre, wohinter zweifellos die pequenos rebeldes steckten, die ihre Hingabe für die Sache der Revolution gerne dadurch demonstrierten, dass sie mit ihren catapultas auf die Keramikisolatoren der Telefonmasten schossen. Wie dem auch sei - wenn ich Lopez warnen wollte, dann wohl nicht telefonisch.
Die Erfahrung sagte mir, dass das Militär wohl kaum jemanden durch eine Straßensperre zurückfahren ließ. Man würde - durchaus zutreffend - annehmen, dass ich vorhatte, jemanden zu warnen. Ich musste also einen anderen Weg zurück zur Finca La Vigia finden. Einen Weg über die Nebenstraßen und Gassen von San Francisco de Paula. Leider kannte ich mich in der Gegend nicht gut aus, erst recht nicht in der Dunkelheit.
«Kennen Sie die Finca La Vigia? Das Haus des amerikanischen Schriftstellers?», fragte ich den Besitzer des Cafes.
«Selbstverständlich. Jeder hier im Dorf kennt das Haus von Senor Ernesto Hemingway.»
«Wie kommt man dorthin, wenn man nicht über die Hauptstraße nach Cotorro fahren möchte?» Ich hielt ihm eine Fünf-Peso-Banknote hin, um seinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen.
Der Cafebesitzer grinste. «Sie meinen wahrscheinlich, wenn man nicht durch die Straßensperre bei der Tankstelle fahren will?»
Ich nickte.
«Behalten Sie Ihr Geld, Senor. Ich nehme kein Geld von einem Mann, der nichts weiter will als unserer geliebten militia aus dem Weg gehen.» Er führte mich aus dem Cafe. «Fahren Sie nach Norden, an der Tankstelle in Diezmero vorbei, dann biegen Sie links nach Varona ab. In Mantilla über die Brücke, dann an der nächsten Kreuzung nach Süden Richtung Managua. Folgen Sie der Straße bis zur Hauptstraße nach Westen in Richtung Santa Maria del Rosario. Dort kommen Sie zurück auf die Straße, die zur Finca La Vigia führt.»
Diese Anweisungen wurde begleitet von heftigem Gestikulieren, und, wie fast zwangsläufig in Kuba, waren wir schon nach kürzester Zeit umringt von einer kleinen Traube Menschen, Kindern und streunender Hunde.
«Es dauert ungefähr fünfzehn Minuten», sagte der Cafebesitzer. «Vorausgesetzt, Sie landen nicht im Rio Hondo oder werden von der militia erschossen.»
Wenige Minuten später rumpelte der Wagen über die schlechtbeleuchteten, von welkem Laub bedeckten Seitengassen von Mantilla und El Calvario. Ich steuerte den Chevrolet nach Westen, Süden und wieder zurück nach Osten. Abseits der zweispurigen Hauptstraßen waren die Wege größtenteils unbefestigte Pisten, und das Heck des Chevys drohte immer wieder auszubrechen, wenn ich zu viel Gas gab. Ich war nervös wegen der beiden Toten und führ wahrscheinlich zu schnell. Plötzlich war eine Ziegenherde auf der Straße, und ich riss das Steuer herum. Der Wagen schleuderte in einer großen Staubwolke herum und verfehlte nur knapp einen Baum und die Umzäunung eines alten Tennisplatzes. Ich bremste mit aller Kraft und brachte den Wagen zum Stehen, dann gab plötzlich irgendetwas unter mir nach. Im Glauben, dass ein Reifen geplatzt oder, schlimmer noch, eine Achse gebrochen war, stieß ich die Tür auf und beugte mich nach draußen, um den Schaden zu inspizieren.
«Das hat man davon, wenn man versucht, jemand anderem einen Gefallen zu tun», schimpfte ich ärgerlich über mich selbst.
Der Wagen schien unbeschädigt, doch der linke Vorderreifen war
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