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Die Adlon - Verschwoerung

Die Adlon - Verschwoerung

Titel: Die Adlon - Verschwoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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Franzosen, insbesondere ihre Diplomaten, lieben es, sich mit Federn und anderem Kram zu schmücken.
    «Ich wollte die Polizei ersuchen, die Angelegenheit diskret zu behandeln, Frau Adlon. Es hat nämlich den Anschein, als hätte sich der verheiratete Doktor Rubusch kurz vor seinem unerwarteten Tod mit einer jungen Dame auf seinem Zimmer amüsiert. Keine Frau möchte derartige Dinge erfahren, wenn sie gerade Witwe geworden ist, jedenfalls ist das meiner Erfahrung nach so. Deswegen hatte ich um ihretwillen, und auch um den Ruf des Hotels nicht zu gefährden, gehofft, die Angelegenheit einem Ermittler bei der Mordinspektion in die Hände zu legen, der ein alter Freund von mir ist. Jemand, der über genügend Fingerspitzengefühl verfügt, um den Fall mit der erforderlichen Sensibilität zu behandeln.»
    «Das ist wirklich sehr umsichtig von Ihnen, Bernhard. Wir sind Ihnen dankbar. Aber sagten Sie Mordinspektion? Ich dachte, Herr Dr. Rubusch wäre eines natürlichen Todes gestorben?»
    «Selbst wenn er im Schlaf mit einer Bibel in den Armen gestorben ist, muss die Todesursache untersucht werden. So will es das Gesetz.»
    «Aber Sie stimmen mit Dr. Küttner überein, dass unser Gast eines natürlichen Todes gestorben ist?» «Mit großer Wahrscheinlichkeit.»
    «Auch wenn er keine Bibel in den Armen gehalten hat, sondern eine junge Frau. Nehme ich richtig an, dass Sie von einer Prostituierten sprechen?»
    «Mit großer Wahrscheinlichkeit. Wir jagen sie aus dem Hotel wie die Katzen, sooft wir können, doch es ist nicht immer ganz leicht. Diese hier trug sogar eine Tiara.»
    «Oh, sehr geschickt.» Hedda steckte eine Zigarette in eine lange Spitze. «Wirklich, sehr geschickt. Wer würde es wagen, jemanden aufzuhalten, der eine Tiara trägt?»
    «Ich vielleicht, wenn dieser Jemand ein Mann wäre.»
    Sie lächelte, steckte ihre Zigarette an, nahm einen Zug und blies den Rauch sogleich wieder aus, ohne inhaliert zu haben. Wie ein Kind, das tut, als würde es rauchen, als wäre es erwachsen. Wie ich, der ich so tat, als wäre ich ein Detektiv. Hotel-Detektiv. Ein Widerspruch in sich. Wie National-Sozialismus. Oder Rasse-Reinheit. Oder arische Überlegenheit.
    «Wenn das alles ist, Frau Adlon, dann sehe ich jetzt besser zu, dass ich zum Alex komme. Die Beamten von der Mordinspektion sind nämlich anders als normale Beamte. Sie haben es gern, wenn sie die schlechten Nachrichten so früh wie möglich erfahren.»
     

Kapitel 10
    Natürlich war vieles von dem, was ich Hedda Adlon erzählt hatte, reiner Unsinn. Ich hatte keinen alten Freund bei der Mordinspektion. Nicht mehr. Otto Trettin war im Dezernat für Falschmünzerei und Urkundenfälschung. Bruno Stahlecker war bei der Inspektion G, der Sektion für Jugendstraftäter. Ernst Gennat, der Leiter der Mordinspektion, war nicht länger ein Freund - nicht seit der Säuberung von 1933. Überhaupt gab es niemanden bei der gesamten Mordinspektion, der irgendwie sensibel war. Wozu auch, wenn man nichts weiter tat als Juden und Kommunisten verhaften. Wenn man vollauf damit beschäftigt war, das neue Deutschland zu errichten? Nichtsdestotrotz gab es ein paar Schmiermichel bei der Mordinspektion, die noch schlimmer waren als die übrigen, und genau diesen versuchte ich zuvorzukommen. Um Frau Rubuschs willen. Und Frau Adlons. Und dem Ruf des Hotels. Alles dank Bernie Gunther, Nibelungenheld und Gutmensch mit der Spezialität Drachentöten.
    Beim Empfangsschalter im Alex entdeckte ich Heinz Seldtke, den jungen Beamten, der zu intelligent schien, um in Schupo-Uniform herumzulaufen. Das war ein guter Anfang. Ich winkte ihn freundlich zu mir.
    «Wer sind heute die diensthabenden Detektive in der Mordinspektion?», fragte ich ihn.
    Seldtke antwortete nicht. Er sah mich nicht einmal an. Er war zu sehr damit beschäftigt, augenblicklich in Habtachtstellung zu gehen und über meine Schulter zu starren.

    «Wollen Sie sich selbst wegen eines Mordes stellen, Bernie?»
    Angesichts der Tatsache, dass ich tatsächlich einen Totschlag begangen hatte, und das erst in allerjüngster Vergangenheit, drehte ich mich um und tat so nonchalant, wie es mir unter den gegebenen Umständen möglich war. Doch das Herz schlug mir bis zum Hals, als wäre ich die gesamte Straße Unter den Linden bis hierher gerannt.
    «Das kommt ganz darauf an, wen ich ermordet haben soll, Herr Direktor. Mir fallen auf Anhieb ein oder zwei Leute ein, die ich nur zu gerne in die Finger bekäme. Es wäre die Sache sogar wert, stellen Sie

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