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Die Adlon - Verschwoerung

Die Adlon - Verschwoerung

Titel: Die Adlon - Verschwoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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verantwortlich waren. Sie sind diejenigen, die uns den Dolch in den Rücken gestoßen haben.»
    «Der Chef hat gesagt, ich sollte versuchen, nicht über Politik mit Ihnen zu reden, Gunther.»
    «Das ist nicht Politik, das ist Geschichte. Wollen Sie die Wahrheit hören über die deutsche Geschichte? Es gibt keine Wahrheit in der deutschen Geschichte.»
    «Der Chef hat gesagt, Sie wären ein guter Ermittler gewesen. Einer der besten.»
    «Abgesehen davon vielleicht.»
    «Er hat erzählt, Sie hätten Gormann den Würger gefasst.»
    «Wenn das so etwas Besonderes gewesen wäre, hätte der Chef mich in seinem Buch erwähnt. Haben Sie es gelesen?»
    Börner nickte.
    «Und? Was denken Sie?»
    «Es ist nicht für andere Polizisten geschrieben.»
    «Sie haben den falschen Beruf, mein Freund. Sie sollten im diplomatischen Korps arbeiten. Es war ein lausig schlechtes Buch. Es verrät mit keiner Silbe, was es heißt, Detektiv zu sein. Nicht, dass ich Ihnen viel erzählen könnte, aber eines weiß ich: Es ist leicht für einen Polizisten zu erkennen, wann ein Mann lügt. Viel schwieriger ist es zu erkennen, wann er die Wahrheit sagt. Und vielleicht noch das hier: Ein Polizist ist ein Mensch, der ein klein wenig weniger dumm ist als ein Krimineller.»
    «Vielleicht könnten Sie mir etwas über Ihre Methoden erzählen?»
    «Meine Methoden waren ein wenig wie das, was Feldmarschall von Moltke über Schlachtpläne gesagt hat. Kein einziger überlebt den ersten Kontakt mit dem Feind. Die Menschen sind unterschiedlich, Richard. Selbstredend, dass auch jeder Mord anders ist. Vielleicht sollten Sie mir von den Fällen erzählen, an denen Sie im Moment arbeiten. Besser noch, wenn Sie mir die Akte mitgebracht haben, kann ich einen Blick hineinwerfen und Ihnen sagen, was ich davon halte. Der Chef hat einen Fall erwähnt, bei dem es keine Spur gibt. Der Mord an diesem Polizisten, August Krichbaum, nicht wahr? Vielleicht fällt mir das ein oder andere dazu ein.»
    «Es sieht so aus», antwortete Börner, «als hätten wir letzten Endes doch eine Spur.»
    Ich biss mir auf die Lippe. «Ach, tatsächlich?»
    «Ja. Krichbaum wurde direkt vor dem Hotel Deutscher Kaiser ermordet, nicht wahr? Der Pathologe geht davon aus, dass ein Schlag in die Magengrube zum Tod geführt hat.»
    «Muss ein verdammt harter Schlag gewesen sein.»
    «Wenn man nicht darauf vorbereitet ist. Wie dem auch sei, der Hotelportier hat einen flüchtigen Blick auf den Hauptverdächtigen werfen können. Nur ein kurzer Blick, aber der Portier ist ein ehemaliger Polizeibeamter. Er hat jeden Straftäter aus der Berliner Kartei angesehen, kein Glück. Er hat sich seither das Gehirn zermartert, woher er den Burschen kannte, und jetzt vermutet er, dass der Typ, der Krichbaum niedergeschlagen hat, ein anderer Expolizist ist.»
    «Ein Polizist? Sie machen Witze.»
    «Ganz und gar nicht. Sie zeigen dem Portier die Passfotos in den Personalakten sämtlicher Berliner Polizisten, auch die der pensionierten und entlassenen. Sobald er die richtige Visage hat, sitzt der Kerl in der Falle, so viel steht fest.»
    «Schön.»
    Ich steckte mir eine Zigarette an und rieb mir unbehaglich den Nacken, als könnte ich bereits die Klinge des Fallbeils spüren. Man sagt ja, man spürt nichts außer einem kurzen scharfen Stich, wie von der elektrischen Schermaschine beim Friseur. Es dauerte einen Moment, bis mir wieder einfiel, dass der Portier einen Verdächtigen mit einem Schnurrbart beschrieben hatte. Es dauerte noch eine ganze Weile länger, bis mir einfiel, dass ich auf dem Passbild in meiner alten Personalakte einen Schnurrbart trug. Würde er mich jetzt leichter identifizieren oder nicht? Ich war nicht sicher. Ich atmete tief durch. In meinem Kopf verschwamm alles ein wenig.
    «Aber ich habe die Akte von einem anderen Fall mitgebracht, an dem ich gerade arbeite», sagte Börner und öffnete die Schnalle seiner Aktentasche aus Sattelleder.
    «Gut», sagte ich ohne rechte Begeisterung. «Ganz ausgezeichnet.»
    Er reichte mir eine braungelbe Akte.
    «Vor einigen Tagen wurde ein Leichnam in der Mühlendamm-Schleuse gefunden.»
    «Ein Landwehr Top», murmelte ich. «Verzeihung?»
    «Nichts. Ich habe nur laut gedacht. Warum hat nicht die Mordinspektion vom Mühlendamm den Fall übernommen?»
    «Weil der Tod des Mannes und seine Identität rätselhaft sind. Der Mann ist ertrunken, doch der Leichnam war voller Meerwasser, verstehen Sie? Er kann also nicht in der Spree ertrunken sein.» Börner reichte mir

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