Die Adlon - Verschwoerung
erdenkliche Weise zu helfen, Frau Adlon. Wenn es das ist, was Sie wünschen.»
Ich blickte unverwandt meine Arbeitgeberin an, während ich dies sagte. Ich wollte nicht, dass Hedda auf den Gedanken kam, meine höfliche Bereitwilligkeit, ihre glamouröse Freundin zu begleiten, wäre mehr als eine rhetorische Floskel. Nicht angesichts der unglaublichen Schönheit dieser Freundin. Nicht angesichts der Tatsache, dass meine eigene Aufregung ob der Nähe ihrer Person so offensichtlich war. Ich fühlte mich wie ein Stachelschwein in einem Zimmer voller Luftballons.
Mrs. Charalambides schlug die Beine übereinander, und es war, als hätte jemand ein Streichholz angerissen. Zum Teufel mit der Gestapo, dachte ich. Von dir, Bernhard Gunther, erhofft sie sich Schutz. Du willst ihr die Kleider vom Leib reißen und ein paar Dinge ausprobieren, die sie mit ihrer hübschen Kehrseite anstellen könnte, außer immer nur darauf sitzen. Allein der Gedanke, mit ihr allein in einem Wagen zu sitzen - ich fühlte mich wie ein junger Geistlicher, der einem Konvent ehemaliger Revuetänzerinnen die Beichte abnehmen sollte. Ich versetzte mir im Geiste ein paar Backpfeifen, und dann noch ein paar hinterher, um sicher zu sein, dass ich es wirklich kapiert hatte.
Diese Frau ist nicht für Kerle wie dich, Gunther, sagte ich mir. Du wirst nicht einmal von ihr träumen, klar? Sie ist eine verheiratete Frau und die älteste Freundin deiner Chefin, und du wirst eher mit Hermann Göring schlafen, als dass du auch nur einen Finger an sie legst.
Natürlich ist es so - Samuel Johnson wird nicht müde, uns daran zu erinnern -, dass Sex uns immer genau dann in die Quere kommt, wenn wir auf den Pfad der Tugend zurückkehren möchten. Mag sein, dass diese Deutung ein wenig verliert in der deutschen Übersetzung - aber in meinem Fall war es genau so.
Kapitel 14
Hedda Adlons Wagen war ein Mercedes ssk. Der Wagen, den ich zu fahren geträumt hatte. «K» stand für «kurz», doch mit den gewaltigen Kotflügeln und den sechs Zylindern sah der weiße Sportwagen ungefähr so kurz aus wie eine Zugbrücke und ließ sich auch genauso schwer bändigen. Zugegeben, er hatte genau wie jeder andere Wagen auch vier Räder und ein Lenkrad, doch mehr hatte er mit einem gewöhnlichen Wagen nicht überein. Schon das Starten der kompressorgeladenen Sieben-Liter-Maschine erinnerte an den Propellermotor des Roten Barons, und nur der Einbau von zwei Maschinengewehren hätte ihn noch lauter machen können. Der Wagen zog eine Aufmerksamkeit auf sich wie ein Scheinwerfer in einer Kolonie von Motten. Es war unzweifelhaft ein phantastisches Gefühl, den Wagen zu fahren - ich bewunderte wieder einmal Heddas Fahrkünste sowie die Bereitwilligkeit ihres Ehemannes, seine junge Frau mit luxuriösen Spielsachen zu verwöhnen - doch dieser Wagen war für die Arbeit eines Privatdetektivs ungefähr so nützlich wie ein Pantomimenpferd. Wenigstens wäre ich dann vielleicht in den Genuss gekommen, hinter Mrs. Charalambides zu sitzen.
Wir nahmen den Wagen genau einen Tag lang, dann gaben wir ihn zurück und liehen uns stattdessen Herrn Behlerts sehr viel diskreteren Mercedes aus.
Auf den breiten Straßen Berlins herrschte fast so viel Betrieb wie auf den Bürgersteigen. In der Mitte ratterten die Trams, für deren stetiges, fahrplanmäßiges Vorankommen Verkehrspolizisten mit weißen Manschetten sorgten, die andere Fahrzeuge und Taxis daran hinderten, sich vor sie zu setzen. Sie erinnerten an dickbäuchige Linienrichter bei einem Fußballspiel. Mit den Trillerpfeifen der Polizisten, den Hupen der Autos und den Fanfaren der Omnibusse war die Straße fast genauso laut wie ein Fußballstadion, und nach der Art, wie die Berliner fuhren, hätte man glauben können, sie erhofften sich eine reelle Chance, was auch immer zu gewinnen.
An Bord der Trams ging es ruhiger zu: Angestellte in dunklen Anzügen saßen Männern in Uniform gegenüber wie zwei Delegationen bei der Unterzeichnung eines Friedensvertrags auf einem französischen Nebengleis. Doch die Ungerechtigkeiten des Friedensvertrags und die Wirtschaftskrise schienen bereits lange hinter uns zu liegen. Die berühmte Berliner Luft war schwanger vom Gestank nach Benzin und dem Duft von Blumen aus den Körben der zahllosen Blumenfrauen. Man schien jetzt selbstbewusster. Die Deutschen waren wieder wer - wenigstens diejenigen von uns, die gute, ehrbare und reinrassige Deutsche waren. Wie der Adler auf dem Helm des Kaisers.
«Denken Sie
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