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Die Adlon - Verschwoerung

Die Adlon - Verschwoerung

Titel: Die Adlon - Verschwoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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Boxer geschlagen, beispielsweise Rere de Vos, Karl Eggert und Gypsy Trollmann.»
    «Gypsy Trollmann?»
    «Ja. Sie kennen ihn?»
    «Ich habe von ihm gehört. Natürlich. Wer nicht? Was ist aus ihm geworden?»
    «Soweit ich weiß, ist er Türsteher in der Kakadu-Bar.»
    «Und Seelig? Was ist mit ihm?»
    «Wir kriegen hier keine Zeitungen, mein Freund. Ich bin nicht auf dem Laufenden. Aber ich habe gehört, dass bei seinem letzten Kampf ein paar Nazi-Schläger aufgetaucht sind. Eine Titelverteidigung gegen Helmut Hartkopp in Hamburg. Sie haben ihn unter Druck gesetzt, weil er Jude war. Danach ist er verschwunden. Vielleicht hat er das Land verlassen. Vielleicht ist er geblieben und im Kanal gelandet. Wer weiß? Berlin ist ein ganzes Stück von Hamburg entfernt, aber nicht so weit wie Bromberg. Das liegt im polnischen Korridor, glaube ich.»
    «Erich Seelig, sagen Sie.»
    «Vielleicht. Ich habe vorher noch nie einen Leichnam identifizieren müssen, wissen Sie? Außer im Ring natürlich. Wie haben Sie mich überhaupt gefunden?»
    «Ein Bursche namens Buckow im Studio für Boxen und Leibeszucht. Er hat gesagt, wir sollen Sie von ihm grüßen.»
    «Bucki? Ah, er ist in Ordnung, Bucki.»
    Ich zückte meine Geldbörse und wollte ihm einen Schein geben, doch er weigerte sich partout, also schenkte ich ihm all unsere Zigaretten bis auf eine für mich und eine für Mrs. Charalambides.
    Wir wollten zum Boot zurück, als irgendetwas durch die Luft zischte und den Mann mit dem großen Hut am Kopf traf. Er ging in die Knie und hielt sich die Hand an die Wange. Blut quoll zwischen seinen Fingern hervor.
    «Das sind wieder die verdammten kleinen Dreckskerle!», fluchte der Türke.
    Vielleicht dreißig Meter von uns entfernt bemerkte ich auf einer Waldlichtung eine Gruppe von Jugendlichen in khakifarbener Kleidung. Ein Stein segelte durch die Luft und verfehlte Mrs. Charalambides nur knapp.
    «Judenpack!», kreischten sie in einer Art Singsang. «Judenpack!»
    «Ich habe die Nase voll davon!», schimpfte der Türke. «Ich schnappe mir diese kleinen Mistviecher.»
    «Nein», sagte ich. «Tun Sie das nicht. Sie bringen sich nur selbst in Schwierigkeiten. Lassen Sie mich das machen.»
    «Was können Sie schon ausrichten?»
    «Das werden wir sehen.» Ich wandte mich an Mrs. Charalambides. «Geben Sir mir bitte Ihren Zimmerschlüssel.»
    «Meinen Zimmerschlüssel? Wozu denn das?»
    «Fragen Sie nicht - geben Sie ihn mir einfach.»
    Sie öffnete ihre Handtasche aus Straußenleder und nahm den Schlüssel hervor. Er war an einem großen ovalen Anhänger befestigt. Ich entfernte den Schlüssel vom Anhänger und gab ihn ihr zurück. Dann drehte ich mich um und ging den Plagegeistern entgegen.
    «Seien Sie vorsichtig!», rief Mrs. Charalambides mir leise hinterher.
    Ein weiterer Stein segelte über meinen Kopf hinweg. «Judenpack! Judenpack!»
    «Das reicht jetzt!», brüllte ich die Jugendlichen an. «Der Nächste, der einen Stein wirft, kommt ins Kittchen!»
    Es waren vielleicht zwanzig Jungen im Alter zwischen zehn und sechzehn Jahren. Alle blond, mit jungen, harten Gesichtern, die Köpfe voll vom Unsinn, den Nazis wie Richard Börner ihnen erzählten. Die Zukunft Deutschlands lag in ihren Händen - genau wie mehrere große Steine. Als ich noch zehn Meter entfernt war, zeigte ich ihnen den Schlüsselanhänger in der erhobenen Faust in der Hoffnung, dass er aus der Entfernung nicht von einer Polizeimarke zu unterscheiden war. Ich hörte, wie einer der Knaben erschrocken ächzte. «Er ist von der Polente!» Ich grinste, als mir klar wurde, dass mein Trick funktioniert hatte. Aber sie waren schließlich auch nur eine Bande von nichtsnutzigen Kindern.
    «Das ist richtig, ich bin Polizist!», rief ich mit hocherhobenem Schlüsselanhänger. «Ich bin Kriminalkommissar Adlon vom Präsidium West. Ihr könnt von Glück sagen, dass ihr keinen von meinen Kollegen dort hinten ernsthaft verletzt habt.»
    «Kollegen? Schmiere?»
    «Aber sie sehen aus wie Juden! Einige von ihnen ganz bestimmt!»
    «Was sind das für Polizisten, die als Juden verkleidet herumlaufen?»
    «Geheimpolizisten natürlich», antwortete ich und versetzte dem ältesten der Knaben einen Schlag mit dem Handrücken quer über das Gesicht. Er fing an zu weinen. «Das dort hinten sind Gestapo-Beamte auf der Suche nach einem gefährlichen Mörder, der immer wieder Knaben in diesen Wald verschleppt und umgebracht hat. Ganz genau, Knaben wie euch. Er schneidet ihnen die Hälse durch. Der

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