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Die Äbtissin

Die Äbtissin

Titel: Die Äbtissin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Toti Lezea
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Jesus Christus und seine heilige Mutter mögen Euch segnen!«, rief der Mann aus.
    Sie gingen weiter. Keine zwei Schritte weiter drehte Inés sich um und sah, wie der Blinde in die Münze biss, um zu prüfen, ob sie wirklich aus Silber war.
    »Und alle Heiligen im Himmel dazu!«, rief er.
    Sie lachten, erheitert über die Erweiterung des Segens, nachdem er sich versichert hatte, dass die Münze auch echt war.
    »Das wünsche ich auch dir, guter Mann!«, gab der Hauptmann zurück und fügte dann, an seine beiden Begleiterinnen gewandt, in scherzhaftem Ton hinzu: »Vielleicht ist er nicht einmal blind. Es gibt Spitzbuben, die sich nicht scheuen, den Eindruck zu erwecken, sie seien krank und hilflos, um zu ein paar Céntimos zu kommen.«
    »Ich glaube nicht, dass jemand dies gerne tut«, sagte Inés. »Es ist sehr traurig, arm und blind zu sein.«
    »Ihr habt Recht, Inés. Ihr seid gutherzig und mitleidig, doch hört auf meinen Rat. Was Eure Augen sehen, entspricht nicht immer der Realität. Als ich ungefähr in Antoñinos Alter war, hockte ich mich des Öfteren mit einem Freund an eine Straßenecke. Wir trugen zerlumpte, schmutzige Kleider, die wir unter dem Stroh in der Scheune versteckt hatten, und baten die Vorübergehenden um Geld.« Der Hauptmann lachte auf. »Wir wollten nur ein paar Münzen, um Wein oder Honigpasteten zu kaufen.«
    »Ich kann nicht glauben, dass Ihr so etwas getan habt!« Inés war empört.
    »Wir Ihr seht…«
    »Und habt Ihr das oft getan?«
    »Einige Male. Bis wir eines Tages einen Mann anbettelten, der sich dann als mein Vater entpuppte. Mir tun heute noch alle Knochen weh, wenn ich an die Prügel zurückdenke, die ich von ihm bezog. Danach tat ich es nie wieder.«
    Während sie über das plauderten, was sie unterwegs sahen, vor Gebäuden stehen blieben, die ihre Aufmerksamkeit erregten, und das bunte Treiben in den Straßen genossen, erreichten sie schließlich das Kloster. Antoñino saß auf einem steinernen Trog vor der Pforte.
    »Und der Wagen?«, fragte ihn María.
    »Die Schwester hat ihn mit nach drinnen genommen«, antwortete er und war mit einem Satz bei dem Hauptmann.
    Die Pforte des Klosters öffnete sich, bevor sie klopfen konnten, und Joaquinas lächelndes Gesicht kam zum Vorschein. Bevor der Hauptmann ging, um eine Herberge für sich und den Jungen zu suchen, bat er María um das Schreiben für den Kondestabel, das sie bei sich trug.
    »Wollt Ihr den Kondestabel immer noch treffen, Doña María?«
    »Nun, ich muss ihm den Brief überbringen. Vielleicht steht noch mehr darin als eine Empfehlung… ein Gruß oder eine Nachricht. Es wäre nicht gut, ihn nicht zu übergeben, wenn sich die Gelegenheit bietet.«
    »Ihr braucht nicht mehr zu sagen! Ich werde den Kondestabel aufsuchen und ihm das Schreiben überreichen. Ich werde ihm mitteilen, wo Ihr Euch aufhaltet, falls er Euch seinerseits etwas mitzuteilen hat.«
     
     
    María brauchte nicht lange, um festzustellen, dass die Zustände in diesem Kloster keinerlei Ähnlichkeit mit jenen in Valladolid aufwiesen. Das Leben der Nonnen glich sehr dem in Madrigal. Der Bericht für Toledo war in wenigen Tagen geschrieben. María brannte darauf, die Reise fortzusetzen. Die Biskaya kam immer näher und Marías Ungeduld wurde mit jedem Tag größer.
    Am dritten Tag ihres Aufenthalts teilte man ihr am späten Vormittag mit, dass sie Besuch habe. Sie glaubte, es handele sich um Salazar, der sich nach dem bevorstehenden Aufbruch erkundigen wolle, und eilte in das Besucherzimmer. Als sie den Raum betrat, war sie überrascht, eine Dame dort anzutreffen, die ihrem Äußeren nach zu urteilen dem Adel angehörte. Die Unbekannte erhob sich von ihrem Stuhl und machte einen anmutigen Knicks, den María mit einem Kopfnicken erwiderte.
    »Doña María?«, fragte die Dame. »Ich bin Johanna von Aragón, die Gattin des Kondestabels Don Bernardino Fernández de Velasco.«
    María wusste nicht, was sie sagen sollte. Zutiefst bewegt sah sie die Frau an, die vor ihr stand, ihre Halbschwester väterlicherseits. Johanna war drei oder vier Jahre älter als sie, aber das Leben hatte es gut mit ihr gemeint und sie wirkte viel jünger. Sie trug ein wundervolles Kleid aus tiefblauem Samt, das ihre gleichfalls blauen Augen und ihre weiße Haut hervorhob. Ihr geflochtenes Haar wurde von einem zarten, mit Perlen besetzten goldenen Netz zusammengehalten. Darüber lag ein dünner Schleier, der ihr bis auf die Schultern fiel. Mit Ausnahme eines schweren Siegelrings am

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