Die Äbtissin
seiner unehelichen Tochter Tordesillas zum Geschenk gemacht hatte. Es ging das Gerücht, dass seine Mutter, die unbedingt einen Thronfolger gebären wollte, eine Tochter tot zur Welt gebracht und diese mithilfe einer jüdischen Dienerin sogleich gegen einen Knaben ausgetauscht habe, welcher im Hause des ebenfalls jüdischen Pero Gil das Licht der Welt erblickt hatte. Aus diesem Grunde wurden die Anhänger Don Pedros auch Perogilados genannt. Es kam nie heraus, ob diese Geschichte der Wahrheit entsprach oder nicht. Doch der Umstand, dass Don Pedro durch die Hand seines Halbbruders Heinrich von Trastámara starb – dem Sohn der ermordeten Geliebten Leonor de Guzmán und König Alfons’ XL, von dem sowohl Doña Isabella als auch Don Ferdinand abstammten – warf einiges Licht auf die Sache.
»Die Äbtissin dieses Klosters hat großen Einfluss«, erklärte sie ihren Begleiterinnen weiter. »Nicht weniger als einundfünfzig Städte und Ortschaften unterstehen ihrer Herrschaft, des Weiteren sind ihr dreizehn Klöster lehenspflichtig, und sie erhält den Zehnten und Pachtzinsen von all ihren Besitzungen.«
»So viel nennt nicht einmal ein Herzog sein Eigen!«
Joaquinas Ausruf gab den Reisenden Anlass zur Erheiterung.
»Und das ist noch nicht alles. Sie besitzt auch das Recht, Pfarrer zu ernennen, Heiratserlaubnisse auszustellen, zu richten und die Missetäter ins Gefängnis zu bringen. Sie verfügt über eigene Büttel und einen eigenen Kerker.«
»Das ist zu viel Macht für eine Frau!«, protestierte Joaquina erneut.
»Die Königin ist eine Frau, und ihre Mutter war ebenfalls Königin«, wandte María lächelnd ein. »Die Äbtissin von Las Huelgas ist stets ein Mitglied der königlichen Familie gewesen.«
»Werden wir das Kloster besuchen?«
Inés war neugierig und wollte herausfinden, ob alles, was sie soeben gehört hatte, der Wahrheit entsprach.
»Das heben wir uns für die Rückreise auf«, teilte María ihr mit. »Wir müssen auf demselben Weg zurückkehren.«
Auf ihrem weiteren Weg begegneten sie noch mehr Pilgern, die zum Königlichen Hospital unterwegs waren, bis sie schließlich kurz vor Mittag die Stadtmauer von Burgos erreichten. Es war eine beeindruckende Mauer, die keinen Anfang und kein Ende zu haben schien. Eine uneinnehmbare Festung in Zeiten des Krieges. In der Mitte der aus glatten, ebenmäßigen Quadern errichteten Mauer befand sich eines der acht Stadttore, das von einer großen Anzahl bewaffneter Männer bewacht wurde. Um es zu erreichen, musste man eine steinerne Brücke überqueren, die Puente de Santa María, die den Fluss Arlanzón überspannte. Das Tor war mit kleinen Türmchen, Zinnen und Säulen geschmückt, in Nischen standen Figuren von Königen und Heiligen, und durch einen enormen Rundbogen strömten unablässig Dutzende von Menschen. Das Tor, das ebenfalls den Namen Santa María trug, schien nicht in eine Stadt zu führen, sondern zu einer jener Festungen wie Akkra, Damaskus, Konstantinopel – Namen, bei denen man an unvorstellbare Wunderwerke dachte, wie sie in den Kreuzfahrergeschichten geschildert wurden, die zu lesen María Gelegenheit gehabt hatte.
»Dieses Tor«, erklärte ihnen Hauptmann Salazar, »ist das einzige Relikt der früheren Festung. Es ist so schön, dass man beschloss, es zu bewahren.«
Sie mussten lange warten, bis sie nach Burgos hineinkonnten. Vor ihnen drängte sich eine große Anzahl von Männern, Frauen und Kindern mit der gleichen Absicht. Viele von ihnen waren Pilger, aber auch Bauern, Händler und Ritter befanden sich darunter. Es gab sogar einige elegant herausgeputzte Kutschen, in denen die Adligen reisten.
Noch nie zuvor war María so beeindruckt gewesen wie beim Anblick der herrlichen Kathedrale. Niemals hätte sie sich träumen lassen, dass es ein derart prachtvolles, vollkommenes Bauwerk geben könnte. Nachdem sie sich von ihrem Staunen erholt hatte, dachte sie, dass die Bauleute, die ein solches Meisterwerk errichtet hatten, in unmittelbarem Kontakt zu Gott gestanden haben mussten. Nicht einmal die Kathedrale in Paris, von der sie so viel gehört hatte, konnte so schön sein. Der glatte, mit Tausenden von Bögen verzierte Stein, die Türme, die Strebepfeiler, die noch im Bau befindlichen Turmhelme, die in den blauen Himmel zu wachsen schienen, die Fenster, die die Sonnenstrahlen zurückwarfen, und die steinernen Statuen, die reglos dem Lauf der Jahrhunderte zusahen, ließen sie mit offenem Mund dastehen.
Joaquina begann zu klagen, dass ihr
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