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Die Äbtissin

Die Äbtissin

Titel: Die Äbtissin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Toti Lezea
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deine Lieblingsspeisen gekocht, ich bin mit dir spazieren gegangen und habe mit dir gespielt. Alle nannten dich die Erlauchte wegen dem, dessen Tochter du warst, und ich liebte dich wie mein eigenes Kind.«
    Bei allem guten Willen konnte sie sich nicht an Andresa erinnern. Die ersten sieben Jahre ihres Lebens waren aus ihrer Erinnerung getilgt, mit Ausnahme ihrer Entführung, doch sie war sehr bewegt über Andresas Worte und wollte die gute Frau nicht bekümmern.
    »Es stimmt«, sagte sie und nahm ihre Hände, »jetzt erinnere ich mich wieder. Du bist immer liebevoll zu mir gewesen.«
    »Wie sollte ich es nicht sein, schließlich warst du das entzückendste Mädchen am ganzen Platz«, fuhr Andresa schluchzend fort. »Ich habe viel um dich geweint. Als diese Männer kamen und dich wegbrachten…«
    »Erinnerst du dich daran?«, fragte María mit einem leichten Beben in der Stimme.
    »Wie könnte ich es je vergessen? Nachdem der Nachtwächter auf seinem Horn die zehnte Stunde geblasen hatte, kamen bewaffnete Männer«, erinnerte sich die Frau. »Sie brachten kostbare Dinge im Auftrag des Königs, zumindest behaupteten sie das. Sie erklärten, dass sie sofort nach Kastilien aufbrechen müssten, und baten um Einlass. Mein Herr, Don Pedro, war nicht zu Hause und seine Mutter Doña Mayor sah keine Gefahr darin, sie einzulassen, denn es waren schon des Öfteren Boten des Königs mit Geschenken gekommen. Kaum war die Pforte geöffnet, da drangen sie ein, rissen alles um und zwangen einen Diener, sie zu den Räumen zu bringen, die du mit deiner Mutter bewohntest. Den Rest kennst du. Seit damals ist kein Tag vergangen, an dem ich nicht bei der heiligen Mutter Gottes für dich gebetet hätte, und nun sehe ich, dass meine Bitten erhört wurden.«
    María umarmte die bitterlich weinende Andresa liebevoll und versprach, ihr später zu berichten, wie es ihr im Leben ergangen war, seit sie sich zum letzten Mal gesehen hatten. Als die Frau hinausgegangen war, wandte sie sich an Inés und Gonzalo.
    »Weshalb hat man uns erst sieben Jahre nach meiner Geburt entführt? Jeder wusste von meiner Existenz.«
    »Die Königin vielleicht nicht«, gab der Hauptmann zu bedenken.
    »Was sagtet Ihr?«
    »Ich sagte, dass womöglich die Königin, die Euren Aussagen zufolge den Befehl gab, Euch zu entführen und ins Kloster zu bringen, nichts davon wusste. Woher hätte sie es wissen sollen?«, führte er weiter aus. »Ich glaube nicht, dass ihr Mann es ihr gestanden hat. Alle Welt weiß, dass die Königin schrecklich eifersüchtig war. Bei Hof waren ihre Wutausbrüche bekannt, wenn sie von einem Liebesabenteuer ihres Mannes erfuhr. Niemand wagte es, ihr davon zu erzählen.«
    »Und wer hätte es so viele Jahre später tun sollen?«
    »Vielleicht jemand, der unserer Familie feindlich gesinnt war«, antwortete Inés. »Ein Gamboino.«
    »Oder ein Kastilier aus dem Umfeld des Königspaares«, ergänzte Salazar. »Don Ferdinand war bei den Adligen Kastiliens nie gut angesehen und ist es auch heute noch nicht. Einige von ihnen begleiteten ihn auf seiner Reise, und ganz gewiss hatten sie ihre Spione in der Stadt. Den König bei seiner Gemahlin in eine unangenehme Lage zu bringen, und das in einer für sie so schwer wiegenden Sache, könnte einige Vorteile eingebracht haben.«
    »Aber weshalb sieben Jahre warten, um es ihr zu sagen?«, beharrte María.
    Eines der Bruchstücke des Rätsels würde ihr verwehrt bleiben, denn es konnte unmöglich jemand wissen, wer der Spitzel Doña Isabellas gewesen war. Sie vergaß die Angelegenheit für den Augenblick und wandte sich einer anderen zu, die ihr sehr am Herzen lag: der Zukunft von Inés und Gonzalo, die sie so sehr schätzte und bereits als ihre einzig wahre Familie ansah.
    »Also gut«, sagte sie, »und was machen wir nun mit Euch?«
    Die beiden jungen Leute sahen sie verdutzt an.
    »Ich mag eine Nonne sein«, erklärte sie lächelnd, »die nahezu ihr ganzes Leben hinter Klostermauern verbracht hat, aber nicht weniger gewiss ist, dass ich etwas vom Leben verstehe, und zwei Dinge bleiben mir nicht verborgen: Wenn eine Frau zur Nonne berufen ist, was bei dir nicht der Fall ist, Inés, und wenn zwei Menschen so wie ihr sich lieben und ihr Schicksal vereinen wollen.«
    Inés war errötet bis in die Haarwurzeln, und der Hauptmann versuchte eine Haltung zu wahren, die er mitnichten empfand.
    »Oder täusche ich mich?«
    Die beiden schüttelten die Köpfe.
    Wenig später verließ María verstohlen das Zimmer und

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