Die Äbtissin
Vorgehen und das seiner Parteigänger und fügte an, dass sie sich zuweilen gezwungen sähen, Gewalt anzuwenden, um die Ausschreitungen ihrer Widersacher unter Kontrolle zu halten. Später konnte er beobachten, wie die Königin mit seinem ärgsten Feind Pedro Ruiz de Abendaño sprach, der ihr gewiss eine völlig andere Geschichte erzählte.
In Bilbao schlug der Zug sofort den Weg zum Portal de Tendería auf dem Marktplatz ein, und dort war inmitten einer tiefen Stille die Stimme der Königin zu vernehmen, als sie den feierlichen Eid schwor, den acht Jahre zuvor ihr Mann in ihrem Namen abgelegt hatte.
»Ich schwöre bei Gott, der heiligen Jungfrau María, den Worten der heiligen Evangelisten und dem Zeichen des Kreuzes, das ich im wahren Sinne des Wortes trage, heute und von nun an die Stadt Bilbao, die Grafschaft Biskaya und all ihre Gesetze, Privilegien, Freiheiten und Gepflogenheiten zu schützen und zu achten, wie sie zu Zeiten meiner glorreichen Vorgänger geschützt und geachtet wurden.«
Ein weiteres Mal wiederholte sich das Zeremoniell, mit dem die Kastilische Krone die Gesetze und die Einwohner der Biskaya ihrer Achtung versicherte. Leguizamón, Arbolantxa, Butrón, Salazar, Abendaño, Arana und viele andere bedeutende Männer der Stadt und der Grafschaft beugten das Knie, küssten der Königin die Hand und erkannten sie als Herrin an.
Anders als beim letzten Mal trat Toda de Larrea nicht ans Fenster und ließ auch ihre Tochter nicht hinaussehen, obwohl diese sie inständig anflehte.
»Du und ich haben mit diesen Festbarkeiten nichts zu schaffen«, antwortete sie, als das Mädchen zum hundertsten Mal nach dem Grund für das Getümmel auf der Plaza fragte.
Als Pauken und Trompeten noch lauter erschollen, um den Bürgern von der Ankunft der Königin zu künden, erstarrte Toda, die Sticknadel in der Luft. Ihre Gedanken flogen in die Vergangenheit und sie sah sich aufgeregt und glücklich Hand in Hand mit Martín de Arana dastehen und das Schauspiel betrachten. Seit dem unheilvollen Tag, als Don Ferdinand seinen Blick und sein Verlangen auf sie gerichtet hatte, seit ihr Körper eindeutige Signale ausgesandt hatte, dass sie schwanger war, hatte sie keinen Frieden mehr gefunden.
Sie hatte sich im Haus eingeschlossen und es erst wieder verlassen, um in Begleitung ihrer Mutter, ihres Bruders und weiterer Verwandter ihre Tochter in der Kirche San Antón taufen zu lassen. Sie hatte nur in das rosige Gesichtchen der Kleinen geblickt, unfähig, den Blicken und dem Getuschel der Neugierigen zu begegnen, die in Scharen zur Kirche gekommen waren, weniger um die Predigt zu hören, als vielmehr, um den königlichen Bastard zu sehen. Doch die Zeit heilte allmählich die Wunden und das Interesse der Nachbarn ließ nach. Einige Monate später hatte Toda keine Angst mehr, in Begleitung ihrer Amme Andresa spazieren zu gehen, die stolz das Kind auf dem Arm trug.
Die Biskayer waren nachsichtig, was Sünden des Fleisches anging. Nicht ohne Grund gab es so viele Bastarde, mochten sie nun anerkannt sein oder nicht, dass nichts Besonderes an der Sache war. Keine einflussreiche Familie, in der sie nicht zahlreich vertreten waren, und oft waren sie genauso eifrig oder gar noch eifriger, wenn es darum ging, den guten Namen ihrer Familien zu verteidigen. Sie wurden von ihren Vätern geliebt, die stolz darauf waren, ihre Männlichkeit unter Beweis zu stellen, indem sie eine große Zahl von Söhnen zeugten, zuverlässige Soldaten für ihre Sache, und mehr als einer von ihnen hatte reich geheiratet und eine eigene Familie gegründet. Zuweilen war es sogar schwierig, die legitimen von den illegitimen Söhnen zu unterscheiden, denn diese traten genauso stolz oder gar noch stolzer auf als jene.
Ein Fall, der Anlass zu größtem Gerede in der Stadt gegeben hatte und an den man sich auch nach Jahren noch genau erinnerte, war jener der einzigen legitimen Tochter eines der Herren von Salazar, die sich in einen Sohn des Herrn von Urkizu verliebte. Ihre Gefühle wurden erwidert, doch es war eine aussichtslose Liebe, denn die Väter der beiden hassten sich auf den Tod, und nicht weniger groß war der Hass ihrer jeweiligen Familien. Die jungen Leute hörten nicht auf die Ratschläge ihrer Vertrauten, die in das Geheimnis eingeweiht waren, das nicht länger ein Geheimnis blieb, als der Leib des Mädchens deutlich von einer Schwangerschaft kündete. Die Drohungen des Pfarrers, der dem entsetzten Mädchen die Qualen des Höllenfeuers vor Augen
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