Die Äbtissin
machte eine Kontrolle unmöglich, und schließlich wiesen die Ratsherren die Gerichtsbüttel an, während der wenigen Tage, die der Besuch des königlichen Gefolges dauerte, beide Augen zuzudrücken, um Unruhen zu vermeiden. Die Stunden waren mit Tanz, Feuerwerken, Verlosungen, Spielen, Wettkämpfen und Wetten ausgefüllt, und erst in den frühen Morgenstunden kehrte wieder Ruhe ein.
Am letzten Tag des Besuchs der Königin in Bilbao standen die Menschen auf dem Marktplatz dicht an dicht und warteten, dass die Königin auf dem Balkon des Turms der Zubialdea in der Mitte des Platzes erschien, um die Huldigung des Volkes entgegenzunehmen und ein Bad in der Menge zu nehmen. Es war ein wolkenloser Abend und der Himmel am Horizont färbte sich rot, was viele glauben machte, dass dort die Drachen wohnten, die von Zeit zu Zeit aus dem Wasser emporstiegen, um mit ihrem Feueratem Dörfer und Wälder zu verwüsten.
Als die Königin schließlich auf den Balkon des Turms hinaustrat, wurde ein Feuerwerk entzündet, das unter den staunenden Blicken von Einheimischen und Besuchern den Himmel erleuchtete und sich im Wasser des Flusses spiegelte. Dann begannen die Ehrentänze, bei denen ausschließlich Männer unter dem Applaus der Zuschauer miteinander wetteiferten, wer die Beine am höchsten werfen konnte, oder einen Kampf mit echten Schwertern imitierten, bei dem die weniger Geschickten zuweilen den einen oder anderen Kratzer davontrugen. Es waren alte Tänze, bei denen die Beteiligten ihre Geschicklichkeit und Kraft unter Beweis stellten und die stets das Erstaunen jener weckten, die sie zum ersten Mal sahen. Doña Isabella, die es sich zur Gewohnheit gemacht hatte, sich genauso zu kleiden wie die Einwohner der Orte, die sie besuchte – in diesem Falle trug sie die hohe, phallische Kopfbedeckung der baskischen Frauen, eine in der Hüfte gegürtete Tunika mit besticktem Brustlatz sowie einen Umhang –, bewunderte die Geschicklichkeit der Tänzer, obgleich ihr die Vorführung ein wenig primitiv erschien, in nichts mit den höfischen Tänzen zu vergleichen, die sie gewöhnt war. Schließlich wurde es still, als die besten Sänger der Grafschaft auftraten, sehnsüchtig erwartet von der Menge, die sie je nach der Güte ihrer Verse ausbuhen oder bejubeln würde.
Tristán de Leguizamón musste der Königin erläutern, dass es ein alter Brauch war, Endechas in baskischer Sprache zu singen und dass die Strophen in diesem Augenblick improvisiert werden mussten. Während die Sänger ihre Verse anstimmten, übersetzte er, wobei er einige Anspielungen gegen die kastilische Präsenz in der Grafschaft unterschlug und durch eine eigene Version ersetzte, was nicht wenige wichtige Persönlichkeiten der Stadt, die die Verse verstanden und die Übersetzung des mächtigen Stadtherren mit anhörten, zu einem Grinsen veranlasste.
Als die Darbietungen zu Ende waren, winkte Doña Isabella der auf dem Platz versammelten Menge zu und wollte sich schon in den Turm zurückziehen, als eine Stimme sie zurückhielt. Mitten auf dem Platz stand Toda de Larrea, die Hand ihrer Tochter fest ergriffen, den Blick auf den Balkon gerichtet, und sang. Die Leute hatten einen Kreis um sie gebildet und hörten mit offenen Mündern zu, während ihre Blicke von ihr zur Königin und wieder zurück wanderten. Dieses Mal musste Leguizamón nicht übersetzen, denn das Mädchen sang nicht auf Baskisch, sondern in Kastilisch:
Zu meinem großen Glück
Erkor mich ein hoher Herr
König von Kastilien ist er
Und auch von Aragón.
Die letzten Worte hingen in der Luft wie zuvor die Funken des Feuerwerks. Toda deutete eine Verbeugung an und ging hoch erhobenen Hauptes, das Mädchen fest an der Hand, durch die Menge nach Hause zurück.
»Wer war diese Frau mit dem Mädchen an der Hand?«, fragte Doña Isabella im Inneren des Turmes.
»Meine Verwandte Toda de Larrea, Euer Hoheit«, antwortete Tristán de Leguizamón, während er seinen Ärger und seine Furcht hinter einem Lächeln zu verbergen suchte.
»Und das Mädchen?«
»Ihre Tochter María Esperanza, Euer Hoheit.«
Leguizamón fühlte sich unbehaglich. Er wünschte, die Königin würde keine weiteren Fragen stellen und den Zwischenfall vergessen, doch Doña Isabella war keine Frau, die Dinge auf sich beruhen ließ.
»Und der Ehemann der Dame?«, fragte sie weiter.
Leguizamón schluckte, bevor er antwortete, und wünschte sich weit weg. Toda würde sich für ihre Dreistigkeit vor ihm verantworten müssen!
»Sie
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