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Die Ängstlichen - Roman

Die Ängstlichen - Roman

Titel: Die Ängstlichen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Angriffsfläche zu bieten.
    Sie hatten es inzwischen zu nicht unbeträchtlichem Wohlstand und Rainer hatte es in der Berufswelt zu einigem Ansehen gebracht (Letzteres allerdings nur mit begrenzter Reichweite – die entscheidenden Leute im Konzern hielten ihn für einen kleinkarierten Streber). Und im täglichen Umgang mit einer Horde scheinbar zu allem entschlossener Alpha-Männchen versuchte er auf gewissen Operationsfeldern, zu denen auch der Umgang mit Sex gehörte, nicht als jener Kleinbürger zu erscheinen. Also legte er sich irgendwann auch eine Geliebte zu und dann noch eine. Bis er dazu überging, mehrere gleichzeitig zu haben, sowohl in Orlando als auch in Frankfurt, wo er sich jeweils vor dem Abflug da- oder dorthin mit ihnen traf. Denn wahre Befriedigung fand Rainer neben der ausgedehnten Lektüre historischer Romane, der eifrigen Teilnahme an Preisskatturnieren oder dem Studium seiner diversen Aktienpakete vor allem in der Ausübung von Macht. Und an keinem Ort der Welt verstand er es überzeugender, sie zu demonstrieren, als im Bett und mit Frauen, die er anschließend sang- und klanglos verlassen konnte, auf dem Sprung in die weite Welt.
    »Ist was mit dir?«, sagte Ulrike in Erwartung seiner Antwortund wurde hellhörig. »Alles okay mit uns?« Dabei zog sie ein Tissue aus der auf dem Nachttisch stehenden zart geblümten Kleenex-Box heraus und begann das teilweise bereits getrocknete Sperma von ihren Brüsten zu wischen.
    »Was meinst du?«, antwortete Rainer unverständlich und nahm endlich den Zipfel des Kopfkissens aus dem Mund, an dem er seit ein paar Minuten zufrieden lutschte.
    Rainer genoss es, im Anschluss an einen Orgasmus noch eine Weile dazuliegen und das Kind zu spielen. Manchmal, wenn er sie ausdrücklich darum bat, wusch sie ihn hinterher mit einem warmen feuchten Lappen, was seine Lust manchmal neu entfachte. Anschließend zog Ulrike sich ihren Bademantel über, ging hinunter in die Küche und bereitete ihm eine Tasse heißen Kakao, die sie ihm mit den Worten »Hier, mein Held!« reichte.
    Rainer sah sich seit geraumer Zeit mit dieser Frage konfrontiert, denn immer wieder hatte Ulrike sie ihm in leicht veränderter Form gestellt. Bislang hatte er sie jedes Mal überzeugend zu parieren vermocht. Wenn er eines fürchtete, dann jenen Tag, an dem sie hinter seine Fehltritte kam. Trotzdem spielte er mit lüsterner Freude weiter mit dem Feuer.
    »Ich bin bloß ein bisschen müde, Jetlag!«, antwortete er und drehte sich auf den Bauch, um Ulrike nicht ansehen zu müssen. Dabei dachte er an Jennifer, das kleine blonde Luder aus Miami, dem er tags zuvor, wenige Stunden vor seinem Rückflug nach Frankfurt, im Bett des Transit Hotels am Flughafen alles abverlangt hatte. Eine um die Hüften etwas mollige Britney-Spears-Kopie; doch als sie das silbern glänzende Haargummi aus ihrer hüftlangen, von nussbraunen Strähnchen durchsetzten Löwenmähne gelöst und spielerisch über seinen nackten Oberkörper ergossen hatte, durchfuhr Rainer das elektrisierende Gefühl, Teil eines Sylvester-Stallone-Films zu sein und auf einer Feuerstutedurch die Galaxie zu jagen. In dem Moment war Fulda zu Fliegenschiss auf einem sich immer schneller vor seinen Augen drehenden Globus geschrumpft, und die Vorstellung vom Zusammensein mit Ulrike hatte etwas von einem schlechten Essen bekommen, das man mit einem großen Schluck Bourbon runterspülte und seinen Magensäften überließ.
    Rainer würde sie, solange er für die US-Boys arbeitete, wie seinen eigenen Schatten an seiner Seite wissen. Und im Grunde hatte er auch gar nichts dagegen. Immerhin hatte Ulrike entscheidenden Anteil an seinem Erfolg. Und im Gegensatz zu all den Jennifers, Cheryls und Lizas, die Österreich für die Hauptstadt von Germany hielten und Citroën für eine französische Weinmarke, bewegte Ulrike sich so ziel- und stilsicher übers gesellschaftliche Parkett wie ein Schwarm Piranhas durch die Tiefen des Amazonas. Zudem war ihre Auffassungsgabe noch immer blendend in Schuss. Sie also zu unterschätzen konnte unter Umständen fatale Folgen für ihn haben. Und wie es aussah, das zeigte ihr ein eisiger Blick auf den inneren Radarschirm, war soeben ein unbekanntes Objekt in ihr Hoheitsgebiet eingedrungen.
     
    E nergisch bohrte Konrad seinen rechten Zeigefinger in das, wie er überrascht feststellen musste, robuste Gewebe und bewegte ihn ein paar Mal hin und her, um die Spinne, die reglos im einfallenden frühmorgendlichen Sonnenlicht zwischen wie

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