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Die äußerst seltsame Familie Battersby (German Edition)

Die äußerst seltsame Familie Battersby (German Edition)

Titel: Die äußerst seltsame Familie Battersby (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. Archer
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du weißt, nein, wir möchten, dass du weißt, dass wir uns deine Lage lebhaft vorstellen können. Eltern zu haben, die einen ständig kontrollieren und versuchen, einen von anderen Familienmitgliedern fernzuhalten – schrecklich! Mit anderen Worten: Auch ich will dir eine Mutter sein, wenn du es zulässt. Sozusagen Mutter Nummer zwei, wobei ich dich bitten würde, mich nicht so zu nennen.«
    »Nun, also, weißt du, Gertie, meine Eltern sind schon cool. Ich mag sie sehr. Ich bin nicht hier, weil ich von ihnen wegwollte.«
    »Oh!« Gertie tätschelte Ralphs Wange. »Oh, natürlich sind sie cool! Ich würde ja auch niemals behaupten, dass sie dich daran hindern, etwas ganz Besonderes zu sein.« Sie hielt sich die langgliedrigen Hände aufs Herz. »Hier drin haben sie einen festen Platz.« Dann legte sie auch Ralph eine Hand auf die Brust. »Und hier.«
    »Ja schon, aber jetzt gerade sind sie in New Jersey. Und wahrscheinlich machen sie sich ziemlich Sorgen.«
    Gertie schlug sich die Hand vor den Mund und nahm Ralph wortlos in den Arm. Dann trat sie, wie von Zuneigung überwältigt, ein paar Schritte zurück. »Wir sorgen dafür, dass jemand sie anruft«, sagte sie, stöckelte um die nächste Ecke und war weg.

6. Kapitel
    Der Korridor, in dem Gertie Ralph hatte stehen lassen, wurde von einem riesigen Fenster beherrscht. Ralph starrte durch das trübe Renaissance-Glas in einen Garten, in dem sich Glockenblumen vor den ersten Vorboten des Regens verneigten. Ralph gab sich alle Mühe, nicht an seine Eltern zu denken.
    Erste kleine Tropfen prasselten gegen das Fenster. Bald wurde eine Sintflut daraus, die den Staub und die Erde auf den Wegen in Matsch verwandelte. Ralph ließ den Blick über die in den alten Backsteinmauern befestigten Metallhaken schweifen und sah zum Himmel hinauf. Eine Vielzahl von Blautönen, die aber nie das ihnen typische britische Grau verleugneten, entdeckte er dort oben. Er öffnete ein kleines, knarrendes Dreieckfenster und hielt eine Hand hinaus in den wunderbaren englischen Regen. Regentropfen perlten über seinen Handrücken. Wie ein Schiffspassagier, der durch ein Bullauge schaut, ließ er die Fülle von Eindrücken auf sich wirken.
    »Was machst du da?« Cecils Stimme kam vom anderen Ende des Korridors.
    Als Ralph ruckartig den Kopf zurückzog, stieß er gegen den Fensterrahmen und hätte sich fast die Brille von der Nase geschlagen. Täuschte er sich, oder war gerade eine schemenhafte Gestalt hinter dem Riesenbaum verschwunden? »Den Regen fühlen«, antwortete er, den Blick auf den Baum geheftet. Die Gestalt war weg.
    »Und? Fühlt er sich wie Regen an?«
    »Ja.«
    »Prima. Ich soll dir das Torhaus zeigen.«
    »Da war ich schon.«
    »Ach ja? Was soll ich dann mit dir machen?«
    »Keine Ahnung – frag doch deine Mum!«
    »Dann zeige ich dir mal meinen Schlossflügel. Darüber weiß ich eh mehr als über dein Haus.«
    Cecils Teil des Schlosses war mit Che-Guevara-Tüchern dekoriert, mit Postern von pseudokünstlerischen Bands, deren Namen aus ganzen Sätzen bestanden, und mit einer Rüstung, die einen Helm samt Tarnüberzug trug. Am äußersten Ende im Turm befand sich Cecils Schlafgemach. »Siehst du die Schilder?«, fragte er.
    »Hm-hm.« An den Wänden hingen, an rostigen Ketten befestigt, massive Genre-Hinweisschilder wie aus einem Mega-Buchladen.
    »Ich hab mal beim Aufbau eines neuen Buchladens mitgeholfen. Man kommt ja heutzutage nicht über die Runden, wenn man nur einen Job hat. Also musste ich zwei machen, sonst wär’s nicht realistisch gewesen. Jedenfalls haben meine Kollegen weggeguckt, wenn ich die Dinger mitgehen ließ. Sieh mal, wohin ich sie gehängt habe!«
    Wahre Kriminalfälle hing über der Eingangstür, Besonderer Förderbedarf über dem Bad, Hilfe zur Selbsthilfe über dem Bett.
    »Cool, oder?«
    »Ja.«
    »Ich fahre jetzt übrigens in die Stadt. Soll ich dich mitnehmen?«
    »Nein, ich bleibe erst mal hier. Vielleicht lege ich mich ein bisschen hin, oder so. Trotzdem danke. Kann ich mich auch in den Gärten umsehen?«
    »Klar. Guck dir den Baumriesen mal aus der Nähe an! Der steht da seit Urzeiten.«
    Tatsächlich deutete alles an dem Baum darauf hin, dass er uralt war. Wenn sich in jede der vier Himmelsrichtungen eine Person an den Stamm stellte, könnten sich die vier gegenseitig nicht sehen, so dick war der Stamm. Das Blätterdach des Riesen war so dicht, dass der Platzregen in Sturzbächen an den Rändern herablief, während unter den ausladenden Zweigen

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