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Die äußerst seltsame Familie Battersby (German Edition)

Die äußerst seltsame Familie Battersby (German Edition)

Titel: Die äußerst seltsame Familie Battersby (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. Archer
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alles in feuchten Nebel gehüllt war. Nichts wuchs unter diesem Dach außer Pilzen und einigen Wildblumen. Ralph rannte einen schlammigen Weg entlang, vorbei an verlassenen Stallungen, dann über nasses Moos, bis er den mächtigen Stamm erreicht hatte. Eine geniale Kulisse für ein Computerspiel , dachte er, sehr atmosphärisch, aber schwer darzustellen .
    »Es regnet«, hörte Ralph eine Mädchenstimme wie aus dem Nichts.
    Er drehte sich um. Die Arme samt Zepter in die Seiten gestemmt, starrte Daphne ihn an. Sie war klatschnass. »Ich hab dich gesucht«, sagte sie. »Im ganzen Schloss. Ich wollte nicht nass werden, aber jetzt bin ich’s doch, und du bist schuld. Mummy wird bestimmt böse. Eigentlich wollte sie vor dem Essen mit mir in die Stadt fahren und neue Schuhe kaufen. Aber jetzt darf ich bestimmt nicht mehr mit.«
    »Das tut mir leid«, erwiderte Ralph.
    »Ist schon in Ordnung. Obwohl es wirklich schöne Schuhe waren, rosa. Was machst du?«
    »Ich gucke mir den Baum an.«
    »Der ist groß, was? Und viel älter als ich.«
    »Das kann man wohl sagen«, bestätigte Ralph. Wie redete man eigentlich mit einem Kind? »Bist du eine Prinzessin?«
    »Ich bin sieben«, sagte Daphne. »Ich weiß, dass ich keine echte Prinzessin bin. Aber es ist so langweilig hier. Alle meine Freundinnen sind im Sommer irgendwo, wo es warm ist, wo man schwimmen kann und so.«
    »Ich dachte mir, dass du einen Grund hast, dich zu verkleiden.«
    »Ich bin sieben«, wiederholte Daphne.
    »Kennst du irgendwelche Zaubersprüche?«, fragte Ralph.
    »Blöde Frage.«
    »Bist du schon mal auf diesen Baum geklettert?«, versuchte Ralph es anders.
    »Der ist zu alt. Der hat unten keine Äste mehr.« Sie hatte recht: Am unteren Teil des Stamms verrieten einige Narben, dass dort die Äste vor langer Zeit weggebrochen waren. Man hätte vier Meter groß sein müssen, um den Aufstieg beginnen zu können. Ralph berührte die raue Rinde.
    »Wir sind beide nass«, bemerkte Daphne und fügte nach einer Pause hinzu: »Soll ich dir was zeigen?«
    Ralph nickte.
    »Dafür musst du mich auf die Schultern nehmen«, sagte sie, streckte die Arme aus und wartete. Die Pilze unter Ralphs Füßen ergaben sich unter leisem, aber hörbarem Protest, als er auf Daphne zuging. Richtig nass und matschig wurde es, als er sich hinkniete. Kaum dass seine Knie den Boden berührten, drang die Feuchtigkeit der braunen Erde durch den Stoff seiner Hose, ein kaltes Gefühl direkt auf der Haut, und dann spürte er ein Gewicht auf seinen Schultern: Daphne. Er fasste sie an den Schienbeinen, und als er wieder stand, bildeten sie zusammen ein fantastisches Ungetüm. Daphne johlte und fuchtelte mit dem Zepter. »Vorwärts!«, schrie sie.
    »Vorwärts wohin?«
    »Ich führe dich.« Worauf sie Ralph an den Ohren zog. Sie war so geschickt, dass sie ihm damit nicht nur die Richtung vorgab, sondern auch die gewünschte Geschwindigkeit. Mit Samthandschuhen fasste sie ihn allerdings nicht an. Schließlich wurde er von einem Jockey geritten und nicht von einer Tanzpartnerin geführt. Daphne und er ließen das riesige Blätterdach hinter sich und überquerten die Lichtung.
    In flottem Tempo ging es über das Gras. Daphnes Hände klatschten auf Ralphs Stirn, aber sie wog kaum mehr als sein Rucksack. Sie dirigierte ihren Cousin über die Wiese auf eine unbefestigte Straße und schließlich auf einen schmaleren Pfad.
    »Wohin führst du mich eigentlich?«, fragte Ralph. Hoffentlich würden sie sich bei dem Regen nicht verlaufen. Er stellte sich vor, wie sie beide mit Lungenentzündung zurückkehren und Gertie ihm sofort das Rückflugticket nach New Jersey kaufen würde.
    »Still, edles Ross!«, ermahnte ihn Daphne.
    Ralph wartete auf weitere Anweisungen.
    Nach einer Weile legte sie ihm die Hände flach auf die Ohren, ihr Zeichen, langsamer zu gehen. Als er den Kopf zu ihr drehte, hielt sie sich spitzbübisch einen Finger vor den Mund und führte ihn zu einem Bretterzaun. Mit ihrem Rocksaum wischte sich Ralph den Regen aus den Augen und stellte sich an den Zaun.
    In einem der oberen Bretter befand sich ein Astloch. Nasse Splitter stachen ihn durch den Stoff seines T-Shirts, als er sich an den Zaun drückte. Daphne hielt das Gesicht an das Guckloch und fing an zu kichern.
    »Was siehst du?«, fragte Ralph.
    »Männer«, antwortete Daphne.
    »Männer? Was für Männer?«
    »Das sind Wachleute. Mummy hat sie im ganzen Tal aufgestellt.«
    »Was? Warum denn?«
    »Ich weiß nicht. Ich habe gehört, wie sie

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