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Die äußerst seltsame Familie Battersby (German Edition)

Die äußerst seltsame Familie Battersby (German Edition)

Titel: Die äußerst seltsame Familie Battersby (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. Archer
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durchtrennen würde, ist dabei irrelevant. Denn das Horn von Einhörnern ist normalerweise mit einem Gerinnungshemmer überzogen. Ralph wäre innerhalb von Minuten verblutet.
    Ralphs Rettung kam von unerwarteter Seite, nämlich dem märchenhaften Allergen, das auch seine Tarnung hatte auffliegen lassen. Als er das Stilett auf sich zuschießen sah, kitzelte es wieder in seiner Nase. Diesmal war es allerdings mehr als ein Kitzeln, eher ein Brennen, als ob die Sonne selbst sich aufgemacht und in seine Nase gekrochen wäre. Plötzlich und explosionsartig musste Ralph niesen. Der Nasenschleim spritzte auf die Hand mit dem Stilett, während die Ausstoßenergie Ralph nach hinten schleuderte. Wieder landete er in dem Brombeerstrauch, mit dem er schon Bekanntschaft gemacht hatte.
    Das Gestrüpp war so dicht und dornig, dass Ralph sich nicht sofort daraus befreien konnte. Der Kutscher hätte alle Zeit der Welt gehabt, sein mörderisches Werk zu vollenden – hätte der Kaltfusionspollen des Nuklear-Traubenkrauts nicht noch eine kleine Boshaftigkeit in petto gehabt. Ralphs mit Allergen angereicherte Rotze war nämlich nicht nur auf der Messerhand des Kutschers gelandet, sondern auch auf dessen nicht von Kleidung geschütztem Schlüsselbein.
    Wenn man noch nie direkt mit Kaltfusionspollen von Nuklear-Traubenkraut zu tun hatte, ist das, was jetzt geschah, nur schwer vorstellbar. Schon auf Schleimhäuten oder anderem unempfindlichem Gewebe ist der Kontakt schmerzhaft. Aber direkt auf der Haut fühlen sich die Pollen wie brennende Nadelstiche an, beißend wie die Kälte der Antarktis.
    Und so kam es, dass der vor Schmerz brüllende Kutscher und die nervös tänzelnden Einhörner für einen riesigen Tumult sorgten. Die Insassin der Kutsche sah sich daraufhin genötigt, das Fenster zu öffnen und nachzusehen, was los war.
    »Oh, hallo!«, sagte Chessie.
    Ralph hatte sich inzwischen aus dem Gebüsch befreit und machte eine kleine Verbeugung. »Hallo, Herzogin von Cheshire.«
    »Ich bitte dich, warum so förmlich! Nenn mich doch bitte schlicht Herzogin!«
    »Okay, klar.«
    Chessie wartete geduldig.
    »Herzogin.«
    »Sehr gut. Und nun sag mir – möchtest du in meiner Kutsche mitfahren?«
    Ralph warf einen kurzen Blick auf die herausfordernd wiehernden Einhörner und den Kutscher, der sich neben dem Stilett auf dem Boden krümmte. Dann betrachtete er die scharfkantige Metallkutsche und Chessie. Ihr durchdringender Blick ließ sich nicht unbedingt als wohlwollend deuten. »Ich bin mir nicht ganz sicher, um ehrlich zu sein«, antwortete er. Und fügte, als Chessies Miene sich verdunkelte, rasch hinzu: »Warum hat er versucht, mich umzubringen?«
    »Oh, das weiß ich wirklich nicht. Und jetzt komm schon, steig ein!« Sie stieß die Tür auf.
    »Bist du eine gute Herzogin oder eine böse Herzogin?«
    Chessie blinzelte. »Was bist du nur für ein seltsamer, kleiner Bursche!«
    »Wo ist Cecil?«
    »Los, los! Steig ein!«
    Inzwischen war es dem Kutscher gelungen, den Traubenkrautpollen und Ralphs unappetitliche Nasenausscheidungen mehr oder weniger abzuwischen und wieder auf die Beine zu kommen. Mit gezücktem Stilett war er sofort bereit, erneut auf Ralph loszugehen.
    Das war Anlass genug, und Ralph nahm Chessies liebenswürdiges Angebot an. Rasch stieg er ein. Chessie befahl dem Kutscher, sich um die Einhörner zu kümmern, schlug die Tür zu und verriegelte sie sorgfältig.
    Die Kutsche stellte sich als erstaunlich geräumig heraus. Chessie hatte eine Sechs-Zimmer-Suite, inklusive Eingangsbereich, Badezimmer (wo sich Ralph mit ihrer Erlaubnis ein bisschen waschen durfte), Schlafzimmer, Volleyballplatz, kleiner Küche und einem Wohnzimmer, in dem Tee und frisches Gebäck angerichtet waren. Den Tee servierten zwei schwebende Elfen-Bedienstete, die sehr geschickt waren. Denn trotz rumpelnder Kutsche brachten sie beim Eingießen einen gleichmäßigen Teestrahl zustande.
    Nach dem Gang ins Badezimmer schlürfte Ralph seinen Tee und hielt dabei die Tasse möglichst weit von sich weg, weil die Kutsche heftig schwankte. Der Tee schmeckte nach Steinen. Ob er vergiftet war? Aber wenn Chessie jetzt wirklich eine böse Hexe wäre und ihn umbringen wollte, hätte sie es längst tun können. Im Übrigen schien es Ralph angenehmer, durch ein heißes Getränk, als durch das Horn eines Einhorns aus der Welt zu scheiden. Das Gebäck rührte er allerdings nicht an: Als er die Tasse abstellte, sah er, wie ein Keks ein paar Fingerbreit über den Tisch

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