Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die äußerst seltsame Familie Battersby (German Edition)

Die äußerst seltsame Familie Battersby (German Edition)

Titel: Die äußerst seltsame Familie Battersby (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. Archer
Vom Netzwerk:
losdüse, muss ich dir noch etwas sehr Wichtiges sagen, Ralph. In einem Wunsch verändern wir uns. Das ist ein wichtiger Teil seiner Magie. Wir lernen zum Beispiel, seltsame Dinge besser zu akzeptieren.«
    Ralph nickte.
    »Was mich betrifft, so werde ich eine Rolle spielen, und du wirst meine Darstellung ziemlich überzeugend finden. Ich rate dir, die Beine in die Hand zu nehmen, sobald du mich siehst. Ich bin dann nicht mehr die liebe Tante Chessie, verstehst du?« Sie bückte sich und machte eine Dehnübung, bei der sie ihre Zehen berührte.
    Ralph nickte wieder. Dass es angeblich mal eine liebe Tante Chessie gegeben haben sollte, fand er amüsant.
    »Ist das klar, ich meine: richtig klar? Wenn ich dich das nächste Mal sehe, werde ich versuchen, dich zu töten.«
    Sie sah ihn durchdringend an, und Ralph starrte zurück.
    Dann stürzte sich Chessie mit einem Aufschrei von den Zinnen und war verschwunden.

15. Kapitel
    Ralph blinzelte ins helle Sonnenlicht. Es unterschied sich erstaunlich wenig vom natürlichen Sonnenlicht, nur dass es noch schöner war, wie vergoldet. Plötzlich hörte Ralph hinter der Wegbiegung ein Knirschen und Rattern wie von den Rädern einer Kutsche. Rasch sah er sich nach einem Versteck um … Aber damit können idyllische Wiesen leider nicht dienen. Das Einzige, was auch nur annähernd infrage kam, war ein großes Grasbüschel. Dahinter verkroch sich Ralph schleunigst. Nun war zwar sein Kopf halbwegs verdeckt, aber der restliche Körper überhaupt nicht. Ob die Vogel-Strauß-Strategie hier helfen würde, war mehr als fraglich.
    Allerdings hat eine misslungene Tarnung immerhin den Effekt, dass sie dem, der sich versteckt, fantastisch freie Sicht lässt. Ralph sah also, dass die heranrollende Kutsche von vier schwarzen Pferden gezogen wurde, die wie Dampfmaschinen unaufhaltsam vorwärtspreschten. Trotzdem ließ der Kutscher immer wieder brutal eine vierschwänzige Peitsche auf die Flanken der Pferde niedersausen.
    Das Gefährt war eine Kürbiskutsche im Aschenputtelstil. Genauer gesagt sah sie so aus, als hätte ein neidisches Mitglied der Königsfamilie auf einem Ball etwas Vergleichbares gesehen und den Nachbau bei einem Spezialisten für Folterinstrumente in Auftrag gegeben. Hunderte von orangefarbenen Metallstücken waren so präzise aneinandergeschweißt, dass man das Ergebnis entweder als schönste Kutsche der Welt oder als eine abstrus überdimensionale Keksdose betrachten konnte.
    Als die Kutsche näher kam, stellte Ralph verdutzt fest, dass die Pferde gar keine Pferde, sondern Einhörner waren.
    Apropos Einhörner – gefühlsduselige Erzähler neigen zu Folgendem: Erstens , das Verb wollen grundsätzlich an das Verb brauchen zu koppeln (»Sie wollte seine Liebe. Sie brauchte seine Liebe.«). Zweitens , Tempo aus der Geschichte zu nehmen, damit die junge Heldin versonnen ihr Spiegelbild betrachten kann. Und drittens , Einhörner ausnahmslos so darzustellen: weiß, sanftmütig und auf Rettung durch einen verwegenen Helden angewiesen, kurz gesagt, als Prinzessinnen in Pferdegestalt. Ihre Hörner als Beute raubgieriger Kobolde sind Symbol ihrer Unschuld, und sobald man sie ihnen genommen hat, verwandeln sich Einhörner in stinknormale Pferde.
    Warum das ein Problem ist? Nun, Einhörner, die Hörner besitzen, sind gar nicht weiblich. Bei Widdern und Narwalen ist es nicht anders: Meistens nämlich ist ein Tier mit Horn gar kein Weibchen. In Der Ursprung der fantastischen Arten heißt es zudem noch, dass die Hörner der Einhörner das evolutionäre Ergebnis eines Wettkampfs zwischen männlichen Vertretern ihrer Art sind. Denn so ein Horn hilft zwar nicht, ein Rudel Höllen-Hyänen abzuwehren, erweist sich aber im Wettbewerb mit anderen Einhörnern als überaus nützlich.
    Für unsere Geschichte möge der Hinweis genügen, dass die vier pechschwarzen Geschöpfe mit ihren gleißenden Hörnern und ihrem wilden Temperament jedenfalls nicht dazu angetan waren, Ralph aus seinem Versteck zu locken.
    Als das Gespann anrollte, flüchteten Vögel, und Kaninchen verschwanden in ihrem Bau. Daher hörte Ralph bald nur noch das ohrenbetäubende Rattern der Räder. Sollte er nach dem Kutscher rufen? Vielleicht bekäme er ja doch eine freundliche Antwort. Aber die Reaktion der Tiere um ihn herum ließ keinen Zweifel daran, dass die Insassen, wer auch immer sie waren, Schurken sein mussten.    
    Ralph kniff die Augen zu, während die Kutsche immer näher kam. Rattern, Schnauben und Hufschlag wurden

Weitere Kostenlose Bücher