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Die äußerst seltsame Familie Battersby (German Edition)

Die äußerst seltsame Familie Battersby (German Edition)

Titel: Die äußerst seltsame Familie Battersby (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. Archer
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immer lauter. Aber gleich würde der Geräuschpegel wieder abnehmen, das wusste Ralph. Bald wäre er wieder in Sicherheit.
    Wären da nicht seine Allergien gewesen.
    Was hatte er nicht alles für Allergien! Er musste schon niesen, wenn er in New Jersey nur den Grünstreifen einer Einkaufsmeile überquerte. Normalerweise hatte er seine Allergien mit Medikamenten im Griff. Aber auf der Flucht vor einem Häuser verschluckenden Baum ist es natürlich schwierig, an verschreibungspflichtige Medikamente zu denken. Daher hatte Ralph nicht eine einzige Tablette zur Hand. Eine echte Hiobsbotschaft. Denn in Fantasiewelten tummeln sich Unmengen genial-brillantester Auslöser von Superallergien. Sehr verbreitet sind zum Beispiel die Hautschuppen des Gemeinen Greifjagdhunds und die Kaltfusionspollen des Nuklear-Traubenkrauts.
    (Von den Allergien einmal abgesehen, hatte sich Ralph übrigens schon mit einem halben Dutzend todbringender Krankheiten aus dem Reich der Märchen infiziert. Jede davon ging mit weitaus heftigeren Symptomen als Niesen einher. Und weil er im Gegensatz zu jedem normalen Müllerssohn keine märchenhaften Abwehrkräfte dagegen entwickelt hatte, war Ralph eigentlich schon so gut wie tot. Die aggressivste dieser Krankheiten war bereits in seinen Blutkreislauf gelangt und dabei, seinem Frontallappen die Festigkeit einer matschigen Tomate zu verleihen. Die Krankheit nennt sich Seuchus Schlurfitis , die Modernder-Schlurfer-Staupe. Wichtig ist für uns im Moment allerdings etwas anderes: Ralph atmete eine Ladung Kaltfusionspollen des Nuklear-Traubenkrauts ein.)
    Er nieste.
    Das Rattern der Räder hörte schlagartig auf, die Einhörner wieherten teuflisch, und als Ralph die Augen wieder aufmachte, sah er fünf bösartige Blicke auf sich gerichtet.
    »Was fällt dir ein?«, fragte der Kutscher nach einer außerordentlich langen Pause. Schließlich musste er den Anblick dieses seltsam gekleideten jungen Mannes erst einmal verdauen, der vor ihm im Gras lag.
    Ralph richtete sich auf und zwirbelte scheinbar unbekümmert einen Grashalm. »Hallo, können Sie mir sagen, wo ich lang muss? Ich suche meinen Cousin Cecil, der hier irgendwo sein muss. Ich habe keine Ahnung, wo ich bin, und ich …« Ralph räusperte sich. »Na ja, also, ich bin mir sicher, dass Sie mir, so von Mann zu Mann, sagen können, wo ich hinmuss.« Er räusperte sich nochmals. »Ich weiß nämlich, dass wir hier nicht wirklich in einem Märchen sind.«
    Der Kutscher starrte ihn an.
    »Ich habe mit Chessie gesprochen«, fuhr Ralph nervös fort. »Ich meine, mit der Herzogin. Es wäre okay für sie, wenn Sie mir den Weg verraten. Ganz sicher.«
    Der Mann fixierte ihn weiter. Die Einhörner reckten ihre Hörner, wie es sich für pferdeähnliche (und sehr männliche) Schönheiten gehört.
    »Sie scheinen ein netter Typ zu sein. Wie heißen Sie?« Es war ein ziemlich lahmer Versuch.
    Der Kutscher neigte den Kopf in einem seltsamen Winkel. Es dauerte einen Moment, bis Ralph kapierte, dass er offenbar Anweisungen empfing, die ihm direkt ins Gehirn gesendet wurden. Dann sagte der Mann laut: »Ungefähr eins siebzig, schmächtig, sieht unbeholfen aus … Unter Zuständigkeit Zehn-A oder Zehn-C? … Bitte bestätigen, ob Stilett am geeignetsten … Danke.« Jetzt sah er Ralph wieder direkt an. »Du bist nicht befugt, hier zu sein«, sagte er streng und stieg vom Kutschbock.
    »Könnten Sie dann vielleicht so tun, als wären wir uns nie begegnet?« Ralph rappelte sich schleunigst auf, denn der Kutscher ging schon auf ihn zu.
    »Nein«, kam die Antwort, »wir sind hier nicht in deinem Wunsch!« Er zückte ein Einhorn-Stilett.
    »Heißt das, ich darf nicht mitmachen?«
    Wortlos stürzte sich der Kutscher auf Ralph. Darauf war dieser nicht gefasst. Schließlich war die schlimmste Gewalterfahrung seines Lebens der angedrohte Fausthieb eines Schulhof-Schlägertypen.
    Mit anderen Worten: Ralph war in eine Situation geraten, die ihn kalt erwischte. Sein Tod rückte in greifbare Nähe.

16. Kapitel
    Die Klinge zielte auf Ralphs Brust, genau unterhalb des Brustbeins. Eine gute Eintrittsstelle für ein Stilett, wie jeder gewissenhafte Medizinstudent bestätigen kann: Die Klinge würde in einen knochenfreien Bereich eindringen, die Bauchdecke durchstoßen und die untere Hohlvene aufreißen, um dann die Leber zu durchstechen und die Rückenwirbel zu treffen. Die Frage, ob das Stilett auch noch zielsicher zwischen den Knochengelenken hindurchgleiten und Ralphs Rückenmark

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