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Die äußerst seltsame Familie Battersby (German Edition)

Die äußerst seltsame Familie Battersby (German Edition)

Titel: Die äußerst seltsame Familie Battersby (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. Archer
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verzaubert wurde.
    Ralph rappelte sich auf und sah sich um. Die Wirklichkeitsnähe der Szenerie hatte nur eine Schwachstelle, nämlich über ihm, wo schemenhaft und leicht verschwommen die Silhouette einer Festungsmauer zu erkennen war. Zwischen den Zinnen starrte die erboste Herzogin auf ihn herab.
    Er räusperte sich.
    Chessie machte eine Bewegung. »Du!«, sagte sie, und das Wort kam wie aus weiter Ferne. »Du!«
    »Hallo, Herzogin!«, rief Ralph.
    Drohend schwang sie ihren Stab. Dann aber seufzte sie und ließ ihn wieder sinken. »Ich nehme an, du bist hier, um alles zu vermasseln.«
    »Ich will Cecil helfen«, widersprach Ralph und fügte, als Chessie ihn finster anstarrte, im Plauderton hinzu: »Hier findet also sein Wunsch statt?«
    »Ja.« Wieder seufzte die Herzogin. »Während wir uns hier unterhalten, hat sich mein Neffe schon in sein Abenteuer gestürzt. Du würdest vermutlich sagen: ›Seine Quest hat begonnen.‹«
    »Und wie funktioniert das Ganze?« Ralph blinzelte zu ihr hoch. Zum Schutz vor der blendenden Sonne schirmte er die Augen mit einer Hand ab.
    Chessie setzte sich auf die Mauer, ließ die Beine baumeln und stützte mürrisch das Kinn in die Hände. »Die Leute wünschen sich etwas, müssen ein Abenteuer bestehen – die sogenannte Quest –, ziehen eine Lehre daraus, und wenn sie in die reale Welt zurückkehren, sind sie auf dem Weg zum Erwachsensein ein gutes Stück weiter. Normalerweise läuft das so. Aber ich habe seit Jahren keinen Wunsch mehr gewährt und war daher eben nicht sonderlich gut vorbereitet. Gertie hält ihre Kinder einfach zu gut unter Verschluss.«
    Sie nestelte an ihrem Stab. »In Ordnung, gut: Du hast Cecil dazu gebracht, mit mir zu reden, ja – dafür danke ich dir. Aber mehr Dank hast du nach deiner Nummer vorhin auch nicht verdient. Denn ich hatte ja kaum Zeit, die Leute zusammenzutrommeln, die an dem Wunsch mitwirken müssen. Eigentlich braucht man für die Vorbereitungen massenhaft Zeit. Jetzt habe ich leider ein bisschen pfuschen müssen. Wir sind alle aus der Übung. Der Wunschgewährer – also ich – sollte eigentlich Schauspieler engagieren, die dann die Kobolde, Mentoren und alle anderen Rollen spielen. Ich habe versucht, J. J. Mucklebackit zu bekommen, die berühmte Schurkin aus den Siebzigerjahren – vielleicht hast du mal von ihr gehört? Aber so kurzfristig war die nicht zu haben. Also springe ich jetzt selbst als Schurkin ein. Es wird übrigens höchste Zeit, dass ich mich verzaubere.« Sie dehnte die Finger und ließ sie knacken. »Gerade bin ich noch zuversichtlich, dass alles klappt.«
    »Wenn du dir Gedanken um Cecils Sicherheit machst, bist du vielleicht froh, dass ich hier bin und helfen kann«, bemerkte Ralph.
    »Nun ja, ein durch die Gegend stolpernder Amerikaner nimmt der ganzen Sache natürlich etwas von ihrer Poesie. Aber ein bisschen Hilfe könnte ich schon gebrauchen. Um sicherzugehen, dass Cecil auch überlebt.«
    »Was kann ich tun?«
    »Sorg dafür, dass er in keine Abgründe oder Schluchten stürzt, du weißt schon! Und noch etwas: Aus stilistischen Gründen muss sein Wunsch nach hundert Seiten beendet sein – eine Frage der erzählerischen Disziplin. Wenn nicht, dann … er muss jedenfalls nach hundert Seiten aufhören.«
    »Ach, das Ganze gibt’s irgendwo schriftlich? Woher soll ich wissen, wann hundert Seiten um sind?«
    »Ja, das Ganze gibt es schriftlich. Oben auf den Laufplanken über der Bühne sitzt der Erzähler. Er beobachtet dich schon seit einer Weile. Wenn du mit zugekniffenen Augen hochschaust, kannst du ihn sicher entdecken.«
    Ralph blinzelte in die Sonne, konnte aber nur schemenhaft eine Art Gerüst erkennen. Es erinnerte ihn an einen hölzernen Regenbogen.
    »Versuch bloß nicht, Kontakt zu ihm aufzunehmen!«, warnte Chessie. »Er darf nicht mit dir sprechen.«
    »Ist das deinem Sohn passiert?«, platzte es aus Ralph heraus. »Hat sein Wunsch länger als hundert Seiten gedauert?«
    Chessie schwieg. »Ich weiß es nicht«, sagte sie schließlich kopfschüttelnd. »Es wird Zeit.«
    Ralph drehte sich einmal um die eigene Achse. »Wo ist Cecil eigentlich?«
    »Quests geben ein hohes Tempo vor. Seit du hinterhergesprungen bist, hat er einen Riesenvorsprung gewonnen.«
    »Und wo finde ich ihn?«
    »Hör dich um, lass dir was einfallen! Ich muss jetzt los. Der Junge steckt aus seiner Sicht ja schon seit Wochen in seiner Quest. Aber ohne Schurkin droht das Ganze der totale Reinfall zu werden. Doch bevor ich

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