Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition)
man eine gemeinsame Steuererklärung ab.
Am 31. Mai 2002, also ein Dreivierteljahr nach der angeblichen ersten Tat, soll es zu einem weiteren Übergriff Mollaths gegenüber seiner Frau gekommen sein. Mit der Faust soll er auf ihre Oberarme geschlagen und sie gewürgt haben, diesmal aber nicht so schlimm wie im August 2001. Ein Attest gibt es diesmal nicht.
Als Mollath vom Attest erfährt, das sich seine Frau im Juni 2002 ausstellen ließ – offenkundig eine Bedrohung für ihn –, beginnt er, in die Offensive zu gehen. Er will sich nicht einschüchtern lassen, schreibt er, deshalb sende er Briefe an Banken, an seine Frau, an deren Mutter. Er schreibt auch an Dieter Rampl, den Vorstandsvorsitzenden der Hypovereinsbank. Es geht um die Geschäfte seiner Frau und die der Bank. Nachdem immer mehr Material, wie Mollath schreibt, aus der Wohnung geschafft wird, will er sich auch an die Justiz wenden.
Am 22. August 2002 faxt Mollath seiner Frau einen Brief, auch diesen fügt er dem Hefter bei, den er später vor Gericht zu seiner Verteidigung abgibt. Er schreibt, dass er seit Jahren versuche, sie von dunklen Bankgeschäften abzubringen. Er schreibt, dass er seit Jahren körperlich und seelisch unter diesen Umständen leide. Beinahe handlungsunfähig sei er. Aber nun, durch die neue Situation, sehe er sich gezwungen zu handeln. Keiner könne von ihm verlangen, mit einem Damoklesschwert über dem Kopf zu leben. 2004 wird das Paar geschieden.
Laut Protokoll der Hauptverhandlung vor dem Nürnberger Amtsgericht hat Mollath auch im Prozess 2003 angegeben, seine Frau sei im August 2001 auf ihn losgegangen. Er hätte sich lediglich gewehrt. Er habe sie angefleht, ihm zu helfen. Ihm sei es in den Jahren davor nicht gut ergangen. Seine Frau sei ein Teil von ihm. Er hätte sie geliebt. Er sei in einer Grenzsituation gewesen, die er noch nie erlebt hätte.
Wer sich ziemlich genau zehn Jahre nach diesen Aussagen mit Mollath unterhält, bekommt nahezu identische Aussagen zu hören. Die Frau, über die er da reden solle, sei immerhin mal seine Frau gewesen. Und seine Partnerin, 24 Jahre lang. Da empfinde er so etwas wie eine Grundsolidarität, auch wenn das viele nicht verstehen. Er habe diese Frau sehr geliebt. Und, vielleicht mehr als das: Er sei zutiefst mit ihr befreundet gewesen. Habe ihr vollkommen vertraut. Ende März 2013 nimmt er sie in einem Interview mit der SZ sogar in Schutz. »Im Moment wird offensichtlich versucht, meiner ehemaligen Frau den schwarzen Peter zuzuschieben«, sagt er da. »Dass die Frau mich regelrecht in die Pfanne gehauen hat und dass dies vielleicht auch höchst perfide war und bis heute ist, das ist ein Punkt, der sich womöglich in einer neuen Verhandlung als richtig herausstellen wird. Aber sie ist bei weitem nicht die Hauptverantwortliche. Solche Beschuldigungen wie die von meiner ehemaligen Frau gibt es jeden Tag, und dafür sollte man dann ein unabhängiges, möglichst gut funktionierendes Rechtssystem haben, das die Wahrheit aufklärt. Das hat hier katastrophal versagt.«
Das jahrelange, tiefe Vertrauen zu seiner Frau, das sei auch der Grund, warum er Unterschriften auf Dokumente, die das Finanzielle zwischen den beiden Eheleuten geregelt hätten, sofort und unbedenklich geleistet habe. Und das war wiederum wohl einer der Gründe dafür, dass seine Frau, die erfolgreiche Vermögensverwalterin, Verbindlichkeiten gegenüber ihrem Mann, dem unglücklich operierenden Reifenhändler und Ferrari-Restaurator, geltend machen konnte. Und weshalb Mollath, längst in der Bezirksklinik eingesperrt, keinen Kredit mehr bedienen konnte. Und das Haus zwangsversteigert werden musste. Weshalb Mollath nun von sich sagt, er sei mittellos. Vom dem, was er mal besessen habe, gehöre ihm gerade noch die Kleidung, die er auf dem Leib getragen hatte, als er gegen seinen Willen ins Bezirksklinikum eingeliefert wurde. »Nicht mal ein Bild meiner Mutter habe ich noch«, sagt Mollath. Wo das Mobiliar, der gesamte Inhalt seines Anwesens – immerhin seines Elternhauses – hingekommen ist? Mollath weiß es nicht. Mit Beschluss des Amtsgerichtes Bayreuth wurde die Räumung von Mollaths Haus und der Verkauf seiner Fahrzeuge genehmigt. Kurz darauf, am 6. Oktober 2006, endet seine Betreuung, unter die er für kurze Zeit gestellt wurde.
Im April 2007 war eine erneute Betreuung von Mollath durch eine Nürnberger Rechtsanwaltskanzlei beantragt worden. Der Grund: Mollaths ehemalige Ehefrau habe aufgrund eingegangener
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