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Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition)

Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition)

Titel: Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Ritzer , Olaf Przybilla
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nötig war und sich seine Hausbanken nur träge bewegten, griff er zum Telefon und rief bei der Bankerin Mollath in Nürnberg an. Sie soll Braun nach dessen Erinnerung zu verstehen gegeben haben, dass sie keine Kredite vergebe, sondern für das Anlagegeschäft zuständig sei. Falls er aber Geld anlegen wolle, könne sie ihm helfen. 100000 Euro müssten es jedoch schon sein, mindestens. Sie fahre häufig mit Kundengeldern in die Schweiz und würde auch dieses Geld dorthin bringen.
    Sollte er so gefallen sein, dann wäre das ein sehr wichtiger Satz für diese Geschichte. Braun, sagt er, ist sich »hundertprozentig sicher«, dass er so gefallen ist. Auch früher schon habe Frau Mollath im Freundeskreis davon gesprochen, dass sie Geld in die Schweiz transferiere. Wie genau das geschehe, war jedoch kein Thema. Explizit von »Schwarzgeld« war im Gespräch zwischen ihr und Edward Braun nicht die Rede. Doch warum sollte jemand legal versteuertes Geld bar in die Schweiz transferieren lassen, wenn er es doch auch überweisen kann? Auch dazu äußert sich die ehemalige Frau Mollath – auch auf mehrfache Anfrage hin – nicht. Sie wolle grundsätzlich nichts zur Causa Mollath sagen.
    Lange bevor die Staatsanwaltschaft Regensburg im März 2013 ihren Wiederaufnahmeantrag wesentlich auf die Aussagen Edward Brauns stützt, wurde dieser von sich aus aktiv. Die wichtigsten Passagen seiner eidesstattlichen Versicherung vom September 2011 ließ er zwei Monate später der bayerischen Justizministerin Beate Merk zukommen. Verbunden mit der dringenden Bitte, die bayerische Justiz möge daraus Konsequenzen ziehen. Und verbunden mit dem Hinweis, dass sie, Merk, »persönlich verantwortlich« sei für den Fortgang der Dinge. Immerhin sei die Staatsanwaltschaft von ihr, der Ministerin, weisungsabhängig.
    Eine Kopie dieser eidesstattlichen Versicherung sandte Braun im Herbst 2011 auch an die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth. Und erlebte anschließend die vielleicht kurioseste Episode in der gesamten Affäre Mollath: Denn statt seine Angaben zu überprüfen und in die Wahrheitsfindung einzutreten, flatterte Edward Braun als Reaktion auf seine eidesstattliche Versicherung eine Zahlungsaufforderung der Justiz ins Haus. Er sollte für seinen Beitrag zur Wahrheitsfindung in der Affäre Mollath 60 Euro an die Justizkasse bezahlen. Die Begründung dafür lautete, Braun habe ein Wiederaufnahmeverfahren beantragt. Er sei dazu aber gar nicht berechtigt. »Der Antragsteller«, heißt es im richterlichen Beschluss der 7. Großen Strafkammer am Landgericht Regensburg, habe deshalb »die durch seinen Antrag verursachten Kosten zu tragen«. Über Wiederaufnahmeanträge für Verfahren am Gerichtsort Nürnberg-Fürth ist Regensburg zuständig. Redet man über die Sache mit den 60 Euro mit ranghohen Vertretern der bayerischen Justiz, bekommt man peinlich berührtes Gestammel, hysterisches Gekicher oder auch den Satz zu hören: »Wenn mal was völlig danebenläuft, dann eben richtig.« Das sagt einer, der in der Hierarchie der bayerischen Justiz ziemlich weit oben angelangt ist.
    Er sei fassungslos gewesen, sagt Braun, als er die Zahlungsaufforderung in den Händen hielt. In der Tat hatte er für ein Wiederaufnahmeverfahren plädiert. Aber wie er das nun genau hätte formulieren müssen, dass er dafür die Staatsanwaltschaft in der Pflicht sieht, das sei ihm weder klar noch wichtig gewesen. Er sei Zahnarzt, sagt Braun, und rechtskundlich ein Laie. Braun hat die Kostenaufforderung jedenfalls nicht auf sich sitzenlassen. Und tatsächlich erging im April 2012 vom Oberlandesgericht Nürnberg der Beschluss: Zwar sei Brauns Beschwerde unzulässig, weil der dafür erforderliche Beschwerdewert von 200 Euro nicht erreicht sei. Von der Kostenerhebung aber, den geforderten 60 Euro, werde nun abgesehen.
    Als sieben Monate danach der öffentliche Druck immer stärker wurde, als Medien einen Verfahrensfehler nach dem nächsten aufdeckten, wies Bayerns Justizministerin Beate Merk im November 2012 die Regensburger Staatsanwaltschaft an, sie möge ein Wiederaufnahmeverfahren in Gang bringen. Braun wurde als Zeuge insgesamt vier Stunden lang vernommen. Das hätte man auch schon zwei Jahre früher haben können.

Kapitel 2
    Ein positives Gutachten ohne Wirkung
    Am späten Nachmittag des 21. September 2007, einem Freitag, steigt der Psychiater Hans Simmerl in sein Auto und macht sich auf den Weg in die forensisch-psychiatrische Klinik am Bezirkskrankenhaus Straubing. Simmerl,

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