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Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition)

Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition)

Titel: Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Ritzer , Olaf Przybilla
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zuschulden kommen lasse – etwa einen Angeklagten mit persönlichen und eben strafrechtlich relevanten Beleidigungen überziehe. »Ansonsten darf ein Richter eben so verhandeln, wie er es für richtig hält.«
    Der Fall Gustl Mollath war offenkundig nicht der erste, in dem der Richter Otto Brixner einen »barschen, arroganten und provokativen Ton« angeschlagen hat. In den lokalen Medien war er immer für eine Story gut: Einen 62-Jährigen forderte er auf, er solle »in ein Puff« gehen, wenn er ein »sexuelles Verlangen« habe.
    Ginge es nach Brixner, würde »ganz anders geurteilt«, merkt eine Nürnberger Zeitung zu seinem Abschied an. Brixner sei »ein Einfacher, ein Gerader«. Einer, der schon mal »poltert«. Der eben keine Bewährung gebe, wenn er Zweifel habe. Der sagt, er sei »kein Schiedsrichter, sondern Richter«. Einer, der keinen »familiären Juristenstammbaum« aufzuweisen habe, sondern in der Bahnhofswirtschaft aufgewachsen sei. Der im Ruf stehe, »hohe Haftstrafen zu verhängen«. Der sich zitieren lässt mit dem Satz: »Meine Lieblingsstrafe für Jugendliche« wäre »etwa drei Jahre, da können die wenigstens einen Beruf im Knast erlernen.« Der seinem Sport – aktiver Handballer und Handballtrainer – seine »große, athletische Figur« verdanke und dessen »Sportsgeist« ihn auch in seinen Verhandlungen antreibe.
    »In jedem seiner Prozesse bot er auch den schlimmsten Räubern und brutalsten Zuhältern bis zum allerletzten Verhandlungstag die Stirn.«
    Brixner ist einer, der zum Abschied in den Ruhestand einer Zeitungsreporterin – offenbar mit Stolz – einen »justizinternen« Satz über sich selbst in den Block diktiert: »Sie kann man hinstecken, wo man will, Sie fallen überall auf.«
    Das sagten die Kollegen über Brixner. Und er hörte das offenbar gerne.
    2006 erscheint in den Nürnberger Nachrichten ein Bericht über den Mollath-Prozess vom 8. August. »Das Gericht schickt ihn auf unbestimmte Zeit in die Psychiatrie«, notiert die Autorin. Der Vorsitzende Richter Otto Brixner wird zitiert mit klaren Worten, die er für den Angeklagten Gustl Mollath fand: »Wenn Sie so weitermachen, kommen Sie nie wieder heraus.«
    Endgültig besiegelt ist das Schicksal Gustl Mollaths, als der Bundesgerichtshof (BGH) seine Revision gegen das Nürnberger Landgerichtsurteil verwirft. Zuständig ist der erste von fünf Strafsenaten des BGH, der den zweifelhaften Ruf genießt, deutlich seltener als die anderen vier zugunsten von Angeklagten zu entscheiden. Am 13. Februar 2007 verwirft der Erste Senat auch die Revision des Gustl Mollath. Ohne weitere Begründung, es reichen eine Handvoll Zeilen auf einer einzigen Seite. Damit ist das Urteil gegen Gustl Mollath rechtskräftig.

Kapitel 4
    Die dubiose Rolle der Nürnberger Justiz
    Wie unvoreingenommen kann ein Richter sein, wenn er zwei Jahre bevor er einen Menschen in die geschlossene Psychiatrie wegsperren lässt, über diesen schon am Telefon gerichtet hat? Diese Frage steht im Hintergrund, als im Rechtsausschuss des bayerischen Landtages ein verstörendes Herumgeeiere zu beobachten ist. Am 28. Februar 2013 erklärt Roland Jüptner, der Präsident des Bayerischen Landesamtes für Steuern, den Abgeordneten Folgendes: Der Vorsitzende Richter am Nürnberger Landgericht Otto Brixner habe keinen direkten Versuch der Einflussnahme auf Steuerfahnder unternommen mit dem Ziel, von Gustl Mollath angestoßene Schwarzgeldermittlungen zu unterbinden.
    Ein solcher Vorgang wäre auch gravierend gewesen und geeignet, »das Ansehen der Steuerverwaltung zu schädigen«, sagt Jüptner. Vielmehr habe sich alles so zugetragen: Zwei Nürnberger Steuerfahnder beschäftigten sich 2004 mit Anzeigen Mollaths wegen angeblicher Schwarzgelddelikte seiner Frau und ihrer Kollegen der Hypovereinsbank sowie von Kunden der Bank. Die Befragung der beiden Beamten habe ergeben, so Jüptner, dass sie den Kontakt zur Nürnberger Justiz gesucht hätten, um sich dort über Erkenntnisse zu Mollaths Anzeigen zu erkundigen. Dabei hätten sie um Rückruf eines mit dem Fall vertrauten Richters gebeten; gemeldet habe sich Brixner. An den Inhalt des Telefonates könnten sich die Steuerfahnder nicht mehr erinnern. Tatsache ist: Danach wurden keine steuerstrafrechtlichen Ermittlungen eingeleitet.
    Wäre das Gespräch mit Brixner tatsächlich für diese Entscheidung wichtig gewesen, hätten die Steuerfahnder darüber einen Vermerk gemacht, erklärt Jüptner den Landtagsabgeordneten. Er habe darüber

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