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Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition)

Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition)

Titel: Die Affäre Mollath: Der Mann, der zu viel wusste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Ritzer , Olaf Przybilla
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Werk.
    Ehe sie ihren Wiederaufnahmeantrag stellen, kommt ihnen Gustl Mollaths Verteidiger Gerhard Strate zuvor. Am 20. Februar 2013 beantragt er beim Landgericht Regensburg die Wiederaufnahme des Verfahrens und damit die Aufhebung jenes Urteils, mit dem die 7. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth Gustl Mollath zwar vom Vorwurf der schweren Körperverletzung gegen seine Ehefrau und der Reifenstecherei an Autos ihm missliebiger Menschen freigesprochen, ihn aber als schuldunfähig auf unbestimmte Zeit in die geschlossene Anstalt eingewiesen hat.
    Anders als später die Regensburger Staatsanwaltschaft hebt Strate in seinem Wiederaufnahmegesuch nicht auf neue Zeugen oder Beweise ab. Zwar stellt auch er fest, das von Mollath in zahlreichen Strafanzeigen und Briefen beschriebene »System der Schwarzgeldverschiebung als auch die von ihm angestellte Verknüpfung bestimmter Personen mit diesem System« seien keineswegs ein krankhaftes Hirngespinst gewesen. »Ihm lagen reale Geschehnisse und Anhaltspunkte zugrunde.« Mehr aber noch als solche inhaltlichen Bewertungen und Argumente fährt der Hamburger Strafrechtler juristische Geschütze auf: Strate listet aus seiner Sicht massive Rechtsbrüche auf.
    Sogar die bisher Mollath-kritische Zeit notiert: Wenn alles stimme, was Strate da aufliste, dann sei das »eine Schande für die bayerische Justiz. Dem Beschuldigten sind offenbar [… ]die elementarsten Rechte vorenthalten worden: Sein Recht auf Gehör wurde missachtet, sein Recht auf einen ihm verpflichteten Verteidiger und auch sein Anspruch auf ein korrekt besetztes Gericht. Über den Angeklagten Mollath wurde einfach hinwegprozessiert.«
    Strate knöpft sich in dem Wiederaufnahmegesuch vor allem einen Mann vor: Otto Brixner. Strate hält ihn für einen vorsätzlichen Rechtsbeuger. Zehn massive Amtspflichtverletzungen wirft er ihm vor. »Sehenden Auges und mit Vorbedacht« habe Brixner als Vorsitzender Richter am Landgericht Nürnberg-Fürth »schwerwiegende Verletzungen gesetzlichen Rechts« begangen und »elementare Gewährleistungen eines rechtsstaatlichen Verfahrens missachtet.« Danach gefragt, was er zu diesen schlimmen Vorwürfen zu sagen hat, lehnte Brixner uns gegenüber jede Stellungnahme kategorisch ab.
    Die Strafprozessordnung (StPO) setzt für Wiederaufnahmeverfahren hohe Hürden. Das ist ein Grund, weshalb es höchst selten vorkommt, dass von einem deutschen Gericht gefasste und für rechtskräftig erklärte Urteile in einem neuerlichen Prozess überprüft und aufgehoben werden. Paragraph 359 der StPO nennt klare Kriterien: gefälschte Urkunden während der Hauptverhandlung, neue Tatsachen oder Beweismittel, die zum Zeitpunkt der entscheidenden Verhandlung noch unbekannt waren und zugunsten des Angeklagten sprechen, oder aber die »strafbare Verletzung seiner Amtspflichten« durch den Richter. Auf Letzteres hebt Strate in seinem Wiederaufnahmegesuch wesentlich ab.
    So habe ein Amtsrichter 2005 Mollath für sechs Wochen zur Begutachtung in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Gegen dessen Willen und damit womöglich gegen bindende Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Dieses hatte wenige Jahre zuvor Unterbringungen zu diesem Zweck als verbotene Verhörmethoden eingestuft, sobald der Eingewiesene signalisiert, sich nicht untersuchen zu lassen. »Die während dieser Zeit seiner Unterbringung an Mollath durch Ärzte, Pflegepersonal und Patienten angestellten Beobachtungen durften weder dem Gutachten des Sachverständigen noch den Feststellungen des Gerichts zugrunde gelegt werden«, kritisiert Strate.
    Gegen das Grundgesetz hat man in Nürnberg nach seiner Lesart verstoßen, als Mollath festgenommen, nicht aber spätestens am Tag danach durch einen Richter über den Grund für die Festnahme unterrichtet und zur Sache angehört wurde. »Gustl Mollath blieb fast drei Wochen in Haft, ohne überhaupt zu erfahren, weshalb«, schreibt Strate. Eingaben, mit denen sich sein Mandant gegen Hand- und Fußfesseln sowie die Beschneidung seines Rechts auf Hofgang in der psychiatrischen Anstalt, in einem Fall von einer Stunde auf fünf Minuten pro Tag, gewehrt habe, »wurden durch den Vorsitzenden der Strafkammer ignoriert und unbeschieden gelassen«, so ein weiterer Vorwurf. Gleiches gelte für wiederholte Beschwerden Mollaths gegen seine Unterbringung, die man einfach nicht an das zuständige Oberlandesgericht weitergeleitet habe.
    Gleich mehrfach hatte Mollath beantragt, seinen Pflichtverteidiger zu entbinden, zu

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