Die Ahnen der Sterne: Roman (German Edition)

Erfahrungen werfen diese Fragen auf, aber lassen wir die einmal beiseite. Was mich außerdem beschäftigt, sind die Vermax, gefährliche Techfresser, die aber offenbar in Ihren Diensten stehen. Weshalb setzen Sie solche Wesen ein?«
    »Auch das ist unwichtig.« Talavera erhob sich, ihre Miene verdüsterte sich. »Dieses Ausfragen und Urteilen mutet mich wie Verzögerungs- oder Vermeidungstaktik an, Robert. Kommen Sie – ich mache Ihnen ein einzigartiges Angebot, ich biete Ihnen Transzendenz, immerwährende Erleuchtung, die Gelegenheit, mit denen zu verkehren, die bereits größere Weisheit erlangt haben. Ich verliere allmählich die Geduld mit Ihnen. Sie müssen sich entscheiden!«
    »O du Närrin, mächtige Närrin! Verstehst du nicht? Er hat sich schon entschieden!«
    Fauchend fuhr Talavera zum Sprecher herum. Auch Robert wandte den Kopf und musste lachen, als er Reski Emantes erblickte, der durchs leere Auditorium herangeschwebt kam. Die Drohne hatte wieder ihre ursprüngliche abgeflachte Eiform angenommen, allerdings wies die Verkleidung einen polychromatischen Schimmer auf.
    »Er hat sich bereits entschieden«, fuhr die Drohne fort, »denn er hat dich durchschaut. Ungeachtet deiner gottgleichen Kräfte und dieses raffinierten Spektakels hat er die kalte Todeskraft erkannt, die all deine Gedanken und Handlungen beflügelt.«
    Zorn flammte in Talaveras Blick. »Robert, hören Sie nicht auf dieses inhaltsleere Geplapper. Sie können mit mir kommen und all Ihren Schmerz und Ihre Schuldgefühle hinter sich lassen – für alle Zeit. Sie werden von Bürden befreit werden, die zu tragen Sie nicht verdient haben, und dann werden Sie ungehindert Vollkommenheit und eine geistige Überlegenheit anstreben können, von der Sie auf dieser Seinsebene gar keinen Begriff haben.«
    Robert hörte zu, schluckte und erwog das Angebot, das seine Überzeugungen in ihren Grundfesten erschütterte. Die Befreiung von endloser Selbstzerfleischung, von quälender Reue, vom Schatten der Trauer, die seine Tage verdüsterte, war zum Greifen nah. Er brauchte nur all die Bindungen und Erinnerungen zu verleugnen, die sein Innenleben ausmachten … Und damit auch die Tatsache, dass Rosa existiert hatte.
    »Nein«, sagte er. »Ich kann das nicht. Ich kann auf die Erinnerung an meine Tochter nicht verzichten …«
    Talavera funkelte die eiförmige Drohne zornig an.
    »Dann gehört dieses Ding also zu Ihnen, eine Marionette , die weder zu höherer Erkenntnis noch zu Entscheidungen fähig ist! Davon lasse ich mir meine Pläne nicht kaputtmachen! Das muss ein Ende haben …«
    Talavera stieß einen markerschütternden Schrei aus, der die Fenster des Auditoriums bersten ließ. Gleichzeitig streckte sie die feuerumwaberten Hände nach Robert aus. Eine wogende Flammenwand raste ihm entgegen. Er taumelte zurück, riss abwehrend die Arme vors Gesicht, strauchelte und kippte nach hinten …
    Und riss die Augen auf, was einen stechenden Schmerz auslöste. Er lag auf einer geneigten Fläche auf dem Rücken und konnte nicht gut sehen – undeutlich machte er eine gekachelte Decke aus, doch sie war verschwommen, irgendwie durchscheinend. Und er war mit Hand- und Fußschellen gefesselt. Als er sich rührte, schoss ein stechender Schmerz durch seine Beine und versengte Organe und Rückgrat. Er stöhnte laut.
    »Tut mir leid, dass ich keine Schmerzmittel habe – solche, die sich für die menschliche Biologie eignen, sind schwer zu bekommen.«
    Robert wollte eine Bemerkung machen, doch er hatte etwas im Mund.
    »Tut mir leid, ist nur ein Nährschlauch …«
    Etwas verlagerte sich über ihm, eine Art durchscheinender Baldachin, und jemand entfernte eine Führung aus seinem Mundwinkel. Er verspürte einen schwachen Brechreiz im Schlund, als der dünne Schlauch herausgezogen wurde.
    »Was ist pa…?« Ihm versagte die Stimme, mehr als ein Krächzen brachte er nicht zustande. Jemand schob ihm einen Strohhalm in den Mund. Er saugte kühle, erfrischende Flüssigkeit an und schluckte.
    »Was ist passiert?«, fragte er schließlich.
    »Als Sie das periphere Portal durchquerten, ist ein Vermax gegen Ihr Raumfahrzeug geprallt und hätte es beinahe zerstört. Es hat nicht viel gefehlt, und Sie wären umgekommen. Als das Portal in den Standbymodus geschaltet hat, wurde das Vermax getötet. Die Notsysteme Ihres Raumfahrzeugs haben Sie am Leben erhalten, bis ich genug Bots gesammelt hatte, um Sie zu bergen und an einen sicheren Ort zu bringen.«
    Robert neigte den Kopf nach