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Die Ahnen von Avalon

Die Ahnen von Avalon

Titel: Die Ahnen von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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ganzen Zeit blinzelte Iriel nicht und wandte den Blick nicht ab von dem, was immer es sein mochte, das sie so gebannt anstarrte - eine dichtere Dunkelheit im Unterholz, die Damisa bis jetzt noch nicht aufgefallen war.
    Und dann war etwas zu hören, eine Art schmatzendes Reißen und ein Rascheln im Gestrüpp. Erstaunlicherweise entspannte sich Iriel jetzt.
    »Was ist das?«, konnte sich Damisa nicht verkneifen zu fragen.
    »Ein Waldgeist«, flüsterte Iriel mit einem sonderbaren Lächeln, »aber jetzt hört uns das Wesen nicht mehr. Wenn du dich ganz behutsam bewegst, kannst du es ebenfalls sehen.«
    Damisa löste sich ein wenig aus ihrer Erstarrung, doch bevor sie auch nur mit den Schultern zucken konnte, zischte Iriel erneut: »Behutsam, habe ich gesagt! Gleich ist es fertig, und wenn es fertig ist, geht es weg. Dann können wir auch gehen.«
    Damisa, deren Nackenhaare kribbelten, bewegte sich vorsichtig, bis sie den Schatten im Gebüsch voll im Blick hatte. Anfangs sah er aus wie hundert andere Stellen im Sumpfwald, doch als der Wind ein wenig drehte, stieg ihr der Geruch von Blut in die Nase und noch eine andere Ausdünstung - scharf und wild.
    Entweder sind wir jetzt beide vollkommen übergeschnappt, entschied Damisa für sich, oder da ist wirklich irgendwas.
    Sie betrachtete erneut das stille Bild, das sich ihren Augen bot, und konzentrierte sich auf jeden Pilz, jeden Grasfleck, bis sie schließlich einen dicken braunen Ast am Rand der Dunkelheit bemerkte - einen bepelzten Ast, der in einem glänzenden schwarzen Huf endete. Sie hatte schon genügend Wild gehäutet, um zu erkennen, was das war, aber warum lag es hier so herum?
    Das Bein des toten Hirschs zuckte krampfartig, und sie hörte wieder das seltsame Geräusch, als ob etwas zerrissen und zermalmt würde.
    Vielleicht hatte sie vor Schreck einen Laut von sich gegeben, denn das Gebüsch bewegte sich, und plötzlich sah sie deutlich einen wuchtigen Kopf mit schweren Kiefern; von den Lefzen troff Blut, und die dunkel bernsteinfarbenen Augen funkelten. Das Gebüsch wogte erneut, als das Geschöpf torkelnd aufstand, die Hinterkeule des Hirschs immer noch zwischen den Kiefern, und sich schwerfällig entfernte.
    Einen Augenblick lang sah Damisa das Tier in seiner vollen Größe, ein dunkler Schatten, der sich gegen das Tageslicht abzeichnete, mit Umrissen, die denen eines in dickes braunes Fell gekleideten Mannes glichen. Ein starker Instinkt, den sie nicht ihrer Ausbildung im Tempel verdankte, veranlasste sie, sich vollkommen reglos zu verhalten, voller Ehrfurcht vor einer Kraft, die älter war als Atlantis selbst.
    »Eine Bärin!«, rief Iriel aus, während das Krachen brechender Äste immer schwächer wurde. »Hast du die prallen Zitzen gesehen? Sie muss irgendwo in der Nähe Junge versteckt haben.«
    »Eine Bärin…« Das schien ein zu harmloses Wort für ein Wesen zu sein, das offenbar so viel Kraft besaß. Damisa hatte schon einmal einen Bären gesehen, im Großen Tiergarten der Wunder in Alkona, aber der war entschieden kleiner gewesen und hatte eine andere Farbe gehabt, und man hatte ihr damals versichert, dass er sich ausschließlich vegetarisch ernährte. Aber andererseits hatte es in den Inselstaaten nur sehr wenige Tiere gegeben außer jenen, die den Menschen dienten.
    »So was hat uns gerade noch gefehlt!« Damisa versuchte, sich zusammenzureißen. »Hat Otter nicht gesagt, dass es in diesem Tal keine gefährlichen Tiere gebe?«
    »Das stimmt auch - im Großen und Ganzen. Deshalb ist dieses hier auch etwas so Wunderbares«, sagte Iriel, deren Gesicht vor Begeisterung strahlte. »Taret sagt, die Bärenmutter sei der älteste Geist überhaupt, die Mutter aller Tiermächte. Es bringt Glück, wenn man sie zu Gesicht bekommt.«
    Damisa war sich in Bezug auf das Glück nicht so ganz sicher, aber sie zweifelte nicht an der Sache mit der Macht. Als sie in die bernsteinfarbenen Augen des Tiers geblickt hatte, hatte sie tief in ihrem Innern ein ehrfurchtsvolles Schaudern gespürt, ganz anders als die Regungen, die durch ein Ritual ausgelöst wurden.
    Iriel fuhr fort: »Taret sagt, die Alten hätten sie angebetet. Sie hatten Höhlen, wo sie Magie betrieben. Einige davon gibt es vielleicht immer noch. Nicht die Alten - die Höhlen. Vielleicht hat die Bärin eine davon gefunden und lebt jetzt dort. Das wäre ein Ort von ungeheurer Macht!«
    »Wir befinden uns hier in einer Sumpflandschaft, Iriel!«, rief Damisa aufgebracht aus. »Wie kann es hier Höhlen

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