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Die Ahnen von Avalon

Die Ahnen von Avalon

Titel: Die Ahnen von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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wie Reidel gesprochen und sich schon gar keine Gedanken darüber gemacht, wie es wohl sein mochte, von so kräftigen Armen umschlungen zu werden. Sie spürte erneut seine Wärme, als er stehen blieb und ihr die Hand reichte, um ihr über einen umgestürzten Baum zu helfen. Die Vorstellung, sich mit einem Mann zu vereinigen - was über kurz oder lang unumgänglich wäre -, hatte ihr bis jetzt äußerstes Unbehagen bereitet, doch nun kam ihr zum ersten Mal in den Sinn, dass es vielleicht gar nicht so schlimm sein würde. Sie lächelte in der Dunkelheit und folgte Reidel den Hang hinauf.

    »Arme alte Alyssa… Ja, ich weiß, was Ihr denkt!« Die Seherin teilte den Wust ungekämmter Haare, die ihr wie ein Schleier vor dem Gesicht hingen, und strich sie zurück; dabei sah sie Tiriki mit einem verzerrten Lächeln an. »Wenn ich verrückt bin, warum fragt Ihr dann mich , ob Ihr wieder eine Schülerin verloren habt? Und wenn ich nicht verrückt bin - warum solltet Ihr dann bis Mitternacht warten, um mich zu fragen?«
    Tiriki wusste darauf keine Antwort. Ihr ratloser Blick flog zu Liala, die nur mit den Schultern zuckte und den Kopf schüttelte. Üblicherweise sorgte Liala dafür, dass Alyssa gewaschen und gekämmt war, wann immer sie die Seherin zu irgendeinem Anlass abholte, doch offensichtlich erstreckte sich Lialas Einfluss nicht bis auf deren Behausung, wo ein erschreckendes Durcheinander von Speiseresten, allem möglichen Krimskrams sowie Andenken an das Alte Land neben eigenartig geformten Steinen und seltsamen Gebilden aus Zweigen und Pinienzapfen herrschte.
    »Hier geht es nicht um verrückt oder nicht verrückt - ich brauche Euch wegen Eurer Sehergabe.« Tiriki hielt inne, als ihr bewusst wurde, wie sehr die Besorgnis sie aus der Fassung gebracht hatte. Für gewöhnlich überlegte sie sich sehr gut, was sie sagte. Sie entspannte sich ein wenig, als Alyssa anfing zu lachen.
    »O ja, Verrücktheit sieht am klarsten, wenn das Schicksal den höchsten Preis fordert. Und da der Omphalos-Stein niemals aufhört, zu mir zu sprechen…« Sie deutete zu der Wand, hinter der der besagte Stein ruhte, eingehüllt in Seidentücher und in seinem Holzgehäuse, das eigens für ihn gebaut worden war.
    Das war noch etwas, erkannte Tiriki erschaudernd, das ihr lange Zeit nicht in den Sinn gekommen war. Sie hielt Alyssas Blick stand und wartete.
    Schließlich schloss Alyssa die Augen. »Das Mädchen ist unversehrt. Aber ich kann nicht sagen, ob sie in Sicherheit ist.«
    »Was wisst Ihr noch? Wo finde ich sie?«
    »Sucht im Herzen des Berges. Ihr werdet das Nötige erfahren.« Die Haare fielen ihr wieder ins Gesicht, als sie auf ihrem Schemel vor und zurück schaukelte.
    »Was heißt das? Was seht Ihr?«, bedrängte Tiriki sie, doch Alyssas Antwort bestand lediglich aus einem wortlosen Singsang.
    »Ich hoffe, das war hilfreich für Euch«, sagte Liala seufzend, »denn heute Abend werdet Ihr von ihr nichts mehr erfahren.«
    »Zumindest habe ich jetzt eine gewisse Ahnung«, sagte Tiriki nach kurzem Überlegen. »Andere haben die Höhlen bereits durchsucht, aber vielleicht haben sie Zeichen übersehen, die sich meinen Augen erschließen.« Sie sog hörbar Luft ein, als ihr Blick wieder auf das seltsame Sammelsurium von Steinen, Zweigen und Krimskrams auf Alyssas Fußboden fiel. Plötzlich begriff sie, dass das Ganze ein Modell des Heiligen Berges war, so wie er aus großer Höhe aussehen musste. »Sofern sie nicht jemand anders bereits gesichtet hat«, fügte sie mit neuer Zuversicht hinzu.
    »Ich begleite Euch.« Liala stand auf und griff nach ihrem Umhängetuch. »Zum Glück ist Metia hier und kann aufpassen. Aber für gewöhnlich verfällt Alyssa in diesem Zustand in tiefen Schlaf, aus dem sie erst am Nachmittag darauf erwacht.«

    Als Tiriki und Liala sich dem Höhleneingang näherten, flackerten die Flammen ihrer Fackeln heftig in dem eiskalten Luftzug. Taret hatte ihr schon viel über diesen Ort erzählt, aber Tiriki war immer zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt gewesen, um sich die Zeit zu nehmen und ihn zu erforschen. Voller Aufregung und unguter Vorahnung zugleich spähte sie in die Dunkelheit.
    »Vielleicht sollten wir dieses Unterfangen jüngeren Leuten überlassen.« Liala beäugte zweifelnd den holperigen Weg.
    »Ihr wart doch früher nicht so zaghaft. Außerdem«, fügte Tiriki sachlich hinzu, »wenn Iriel in Bedrängnis ist, wird sie kaum warten können, bis andere sie finden.« Ohne sich zu vergewissern, ob Liala ihr

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