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Die Ahnen von Avalon

Die Ahnen von Avalon

Titel: Die Ahnen von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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schien all das miteinander zu verschmelzen, genau wie die Kastenunterschiede zwischen Priestern, Seeleuten und Eingeborenen sich immer mehr verwischten.
    Die Priesterschüler und andere ihrer Studenten warteten auf der Lichtung, die sie aus einem wilden Gestrüpp aus Riesenfarnen und Erlen in der Mitte der Insel geschlagen hatten. Von diesem Ort ging so etwas wie eine jugendliche Energie aus, weshalb er dafür geeignet war, junge Leute zu unterrichten. Im Sinne eines ausgeglichenen Verhältnisses von männlichen und weiblichen Vertretern der Priesterschaft hatte man Reidel in den Rang eines Jungpriesters erhoben und mit ihm - nach gründlicher Abwägung des Für und Widers - den Seemann Cadis.
    Tiriki zweifelte nicht daran, dass es richtig gewesen war, Reidel in ihre Reihen aufzunehmen. Das Meer hatte ihn gelehrt, Kräfte zu berechnen und Strömungen vorauszusehen, und wie jeder Kapitän hatte er lernen müssen, uneingeschränkt Herr über sich selbst zu sein, bevor er Herr über andere sein konnte. Bereits jetzt war klar, dass seine Mitwirkung für die Rituale von großem Wert war. Die Gründe, die Reidel persönlich bewogen, sich zur Verfügung zu stellen, traten weniger deutlich zutage, obwohl Tiriki vermutete, dass Damisa einer davon war. Sie nickte ihm zur Begrüßung zu, und als ein Lächeln seine strengen Gesichtszüge sanfter machte, stellte sie fest, dass Reidel wirklich ein gut aussehender Mann war.
    »Unser Thema ist heute die Andere Welt«, begann sie. »Die Tradition lehrt uns, dass es viele verschiedene Ebenen des Seins gibt, von denen die psychische Ebene die offensichtlichste ist. Die Meister der Mysterien haben sich in die Welten des Geistes vorgewagt und diese erforscht und aufgezeichnet, aber gleichen sich alle dabei erlangten Erkenntnisse?«
    Sie ließ den Blick durch die Runde schweifen. Diesmal saß die drahtige Selast, die vor Energie zu beben schien, selbst wenn sie sich nicht bewegte, neben ihrem Verlobten Kalaran. Seit er regelmäßig mit Chedan zusammenarbeitete, hatte sich der finstere Ausdruck gemildert, der früher seine feinknochigen Züge geprägt hatte, aber sie vermutete, dass es ihm schwer fiel, Cadis und Reidel anzuerkennen, weil er immer noch seinen alten Gefährten nachtrauerte, den dahingegangenen Priesterschülern. Neben ihm hockte Elis und fuhr, in Gedanken versunken, mit den Fingern durch die dunkle Erde. Jetzt erst fiel Tiriki auf, dass weder Damisa noch Iriel anwesend waren.

    Damisa war nicht absichtlich ferngeblieben, vielmehr lag der Grund dafür bei Iriel. Damisa wäre ohne Umwege zum Unterricht gegangen, wenn Liala sie nicht gebeten hätte, Iriel eine Nachricht zu übermitteln. Doch als Damisa schließlich zu der Laube gelangte, die sich Iriel zwischen den Weiden gebaut hatte, schenkte ihr das Mädchen lediglich einen flüchtigen Blick, bevor sie sich wieder der dichten Brombeerhecke zuwandte, die sie bereits zuvor angestarrt hatte.
    »Liala lässt ausrichten, dass Alyssa sich noch immer krank fühlt« - Damisa kam gleich zur Sache - »und deshalb bittet sie dich, ihr noch mehr von den getrockneten Schafgarbenblüten mitzubringen, wenn du das nächste Mal den Berg hinaufkommst.«
    Iriel antwortete nicht und rührte sich nicht.
    »Du kannst sie ihr ja nach dem Unterricht vorbeibringen… Überhaupt, du solltest doch eigentlich auf dem Weg dorthin sein! Was machst du denn noch hier? Es ist doch keine Beerenzeit…«
    »Pscht!« Auch wenn es nur ein leises Zischen war, so war es ein Befehl, und Damisa merkte, dass sie gehorchte, ohne ihn infrage zu stellen. Instinktiv ließ sie sich neben ihrer jüngeren Freundin auf die Knie sinken. Ein Augenblick verging und noch einer. Kein Laut war zu hören bis auf das Rauschen des Windes in den Weidenzweigen und das Gurgeln des vorbeifließenden Wassers. Damisa bemerkte nichts Auffälliges, das Iriels gebanntes Starren erklärt hätte.
    »Du verbringst entschieden zu viel Zeit mit Taret«, murmelte Damisa. »Jetzt hör mal… es ist zwar sehr schön hier, aber wir müssen…«
    »Pscht!« Diesmal schwang in dem Zischlaut unüberhörbar Angst mit, und da Damisa dies nicht entging, verstummte sie. Verunsichert wich sie ein wenig von Iriel ab, wobei sie halbwegs erwartete, ihre Freundin werde sie plötzlich packen und in lautes Gelächter ausbrechen.
    »Bitte!«, flehte Iriel nun inständig. »Beweg dich nicht!« Sie hatte die Worte lautlos gesprochen, sie waren nur an der Bewegung ihrer Lippen abzulesen gewesen. Und während der

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